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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und hob dort den Arm. »Komm, ich helfe dir.«
    Xavius schnaufte leise, stapfte durchs Wasser und verscheuchte dabei den Fisch, der zuvor den Käfer gefressen hatte. Am anderen Ufer angelangt starrte er auf seine nassen Füße und wollte , dass sie trocken wurden. Der Schwarm erteilte dem Immersionsprogramm eine entsprechende Anweisung.
    »Ohne die Hilfe eines Psychomechanikers lässt sich da nicht viel machen.«
    »Wir sollten auf der Hut sein.«
    »Wir sind zu zweit.« Der Chronass lächelte. »Einer von uns passt immer auf.«
    Sie setzten den Weg durch den Wald fort, umschwirrt von Fliegen, die glücklicherweise nicht nahe genug herankamen, um lästig zu werden.
    »Bevor dieses Schiff in den Konnektorring geflogen ist, habe ich mir erlaubt, mit unserem Schwarm eine Verbindung zum lokalen Netz und über sie mit dem interstellaren Mesh des Enduriums herzustellen. Die Umstände waren günstig, mit all den Verschränkern in der Nähe. Ich habe den militärischen Code verwendet, den uns General Izzad gegeben hat, und Informationen über Salyard angefordert.«
    Xavius blieb verblüfft stehen. »Davon wusste ich bisher gar nichts! Wir sind seit anderthalb Tagen unterwegs, und du sagst mir erst jetzt …«
    »Du warst mit dir selbst beschäftigt, mit all deinen Fragen«, erwiderte der Chronass nicht ohne Mitgefühl. »Und ich musste die vielen Daten erst sortieren, das Wichtige vom Unwichtigen trennen. Außerdem arbeite ich ständig an dem Chrono-Tagebuch für unseren Bericht. Es ist nicht etwa so, dass ich nur Däumchen drehe, weißt du.«
    Der Wald wurde dichter und dunkler, spiegelte vielleicht Xavius’ Stimmung wider. Oder gab es eine virtuelle Rückkopplung mit der Reisebilanz, die durch den derzeit stattfindenden Langstreckentransfer auf null sank? Das war ein weiteres Problem, und eins, das er nicht unterschätzen durfte.
    »Na schön, was ist mit Salyard?«
    Der Chronass pfiff übertrieben theatralisch. »Er war nicht nur ein einfacher Mitläufer bei den Innovatoren, sondern gehörte zur Führungsriege der Reklusionen von Youngquist und Tibetian.« Der junge Mann in Blau grinste. »Jetzt kommt’s: Er war der Partner einer gewissen Sonya.«
    Xavius hörte, wie ein Ast unter seinem Schritt brach. Das Knacken klang wie der Schuss einer Projektilwaffe. »Die Sonya, mit der ich auf Tibetian …«
    »Mit der wir ein kurzes Verhältnis hatten, ja. Vielleicht steckte ein Plan dahinter. Möglicherweise warst du gar nicht der große Verführer, für den du dich gehalten hast.«
    Tiefe Falten bildeten sich in Xavius’ Stirn. »Weiß Gladfelter davon?«
    »Es würde mich sehr überraschen, wenn er es nicht wüsste. Und ja, ich weiß, was du denkst. Der SK-Offizier könnte glauben, dass du Salyard nicht nur aus politischer Verachtung getötet hast, sondern auch, um einen Rivalen aus dem Weg zu schaffen.«
    »Das ist Unsinn!«
    »Natürlich ist das Unsinn«, bestätigte der Chronass und strich mit den Fingern über die moosbedeckte Rinde eines nahen Baums. »Wir beide wissen, dass wir Salyard nicht umgebracht haben. Nun, es fehlen konkrete Beweise, aber der junge Eugene wurde mit dem Anschlag auf die Datenbanksysteme von Cuadrado und Beaufort in Verbindung gebracht, bei dem Propagandamaterial der Innovatoren ungefiltert ins Mesh geriet. Er gehörte zu der Gruppe, die auf Tibetian versuchte, bei einer Sitzung des Verteidigungsrates ins Kommunikationssystem der Ikone einzudringen. Dafür bekam er die erste Verwarnung.«
    »Und die zweite?«
    »Salyard wollte Aufzeichnungen seiner Arbeit in den Spiegelkammern der Tangeritt-Pyramiden zu Minerva im Magellangraben schmuggeln. Er stritt es ab, aber alle Indizien sprachen gegen ihn.«
    »Trotzdem ließ man ihn bei den Hinterlassenschaften der Letzten Alten auf Herlihi weiterarbeiten?«, fragte Xavius empört und dachte: Angeblich ist es den intuitiven Linguisten der Splitter-Welten gelungen, dreiundzwanzig von über siebentausend Hieroglyphen der Alten Zivilisationen zu übersetzen. Aber vielleicht stammen die Übersetzungen von uns. Sie brüsten sich mit etwas, das sie gar nicht geleistet haben; sie geben als eigene Errungenschaften aus, was sie uns gestohlen haben.
    »Aus gutem Grund«, sagte der Chronass und ging dichter neben Xavius, weil der Weg schmaler wurde. Wind bewegte die Baumwipfel über ihnen; das Rauschen in den Kronen klang fast wie die Brandung eines nahen Meeres. »Die ASE beobachtete ihn in der Hoffnung, über ihn Zugang zum militanten Flügel der Innovatoren zu

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