Der letzte Regent: Roman (German Edition)
und er lähmte Xavius für einige Sekunden. Fiel der Feind von zwei Seiten über die letzte Bastion der Menschheit her?
Aber wenn das stimmte – welchen Sinn hatte dann dieses Gespräch?
»Wir haben Ihnen von den Subtunneln erzählt, weil sich die Ayunn dafür interessieren«, sagte Rogge ruhig. »Und weil wir uns fragen, warum die Existenz des Tunnelsystems seit vielen Jahrhunderten im Endurium geheim gehalten wird.«
»Wir wissen nichts davon!«
»Da irren Sie sich, Chronist«, sagte Annabel mit ihrer neutralen Stimme. »Schon der erste Regent wusste davon: Luzius, den Sie den ›Großen‹ nennen, vor zweitausend Jahren. Er machte dieses Wissen zum Geheimnis der Regenten.«
»Das ist Unsinn! Wenn es tatsächlich zu den Geheimnissen des Regenten gehören würde … Wie könnten Sie dann davon wissen?«
»Finden Sie diese Einstellung nicht ein bisschen naiv, Xavis V Xavius?«, erwiderte Annabel.
»Wir haben unsere Quellen, Chronist«, fügte Rogge hinzu. »Es gibt Türen auf Pitassi, Haydal, Ruuska, Travillion, Torred und Pylvainen. Das sind die uns bekannten Welten im Endurium, die über Tunnel-Verbindungen verfügen. Vielleicht gibt es noch andere. Der zweite Regent, Sixtus Sumas, hat den Nexus bei Ruuska und damit die externen Verbindungen blockiert, vermutlich nicht nur wegen der Ayunn, sondern auch wegen uns: Er wollte verhindern, dass wir mehr herausfinden. Seitdem genießen im Endurium bestimmte Forschungsprojekte in Hinsicht auf die Alten Zivilisationen besondere Förderung durch den Regenten und das Gremium. Obwohl die Tunnel, wie wir inzwischen wissen, nichts mit den Letzten Alten zu tun haben. Zumindest nicht direkt.«
Einige Sekunden blieb es still, und Xavius lauschte dem Summen des Schiffes und den Echos der Worte. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. In seinem gegenwärtigen Zustand – geschwächt, mit Reisebilanz null, ohne Schwarm und Chronass – fand er alles sehr verwirrend und ermüdend. Er senkte den Blick … und sah den Ring am Mittelfinger der linken Hand, offenbar unversehrt. Erleichterung durchströmte ihn.
»Ich glaube nicht, dass er etwas davon weiß«, hörte er Annabels Stimme, »aber Rebecca wird uns vielleicht mehr sagen können, wenn wir Pellegren erreicht haben.« Etwas lauter fragte sie: »Warum hat Sie das Gremium wirklich nach Bluestone geschickt, Xavis V Xavius? Es geht wohl kaum darum, dass Sie für das Endurium einen allgemeinen Bericht über die Splitter-Welten verfassen. Worin besteht Ihr wahrer Auftrag?«
»Warum haben Sie Salyard ermordet?«, fragte Rogge. »Und was ist an Bord der Zerberus geschehen?«
Xavius presste die Lippen zusammen und schwieg.
»Sie haben uns als Mörder bezeichnet«, fuhr Rogge fort. »Die Explosionen an Bord der Zerberus … Fiel ihnen der Regent zum Opfer?«
Von mir erfahrt ihr nichts, dachte Xavius. Aber er wusste auch, dass er schon zu viel gesagt hatte.
»Wer ist Marta?«, fragte Annabel.
»Was?« Xavius merkte, dass er die Augen geschlossen hatte. Warum? Er öffnete sie wieder. Rogge, Annabel und vielleicht auch die Gestalten weiter hinten in den Schatten … Sie sahen ihn an und warteten auf eine Antwort.
»Sie haben eine Marta erwähnt«, sagte Annabel. »Wer ist sie?«
»Ich kenne keine Marta«, log Xavius und sah ihre Augen, mit denen etwas nicht stimmte, hörte ihre Stimme, die bohrende Fragen stellte, fürchtete das weiße Strahlen, das sie nach ihm warf, während er, in einen Vogel verwandelt, davonzufliegen versuchte.
Annabel wandte sich an Rogge. »Ich glaube, er hat einen schweren Schock erlitten. Er braucht die Hilfe eines Psychomechanikers. Wen haben wir auf Pellegren?«
»Es könnte alles ein Trick sein«, sagte Rogge ruhig, ohne Xavius aus den Augen zu lassen. »Oder Tricks innerhalb von Tricks. Wie diese Puppen, die ihrerseits Puppen enthalten.«
»Aber zu welchem Zweck?«
»Rebecca wird es herausfinden«, sagte Rogge. » Sie wartet auf Pellegren. Ich weiß nicht, ob wir dort einen Psychomechaniker haben.« Er beugte sich ein wenig vor. »Der Regent ist tot, nicht wahr? Auch wenn das Endurium nichts darüber verlauten lässt. Er ist an Bord der Zerberus gestorben, habe ich recht?«
Xavius presste die Lippen zusammen und hätte sich am liebsten beide Hände auf den Mund gedrückt, um zu verhindern, dass er erneut »Mörder!« rief. Sie versuchten noch immer, ihn zu täuschen. Natürlich wussten sie Bescheid. Wie konnten sie nicht Bescheid wissen? Sie hatten Ihn umgebracht, auf eine feige,
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