Der letzte Regent: Roman (German Edition)
durch die Konnektor-Transfers zu erholen. Aber der Chronist steckt voller Mikromaschinen, die mit seinen Zellen verbunden sind und den Heiler behindern. Wir müssten sie alle eliminieren, und das ist praktisch unmöglich.«
»Was ist mit stabilen Subtunneln? Wir müssen durch das Evakuierungsportal.«
»In fünf Minuten sind wir da, Hektor«, meldete Corial von der Konsole.
»Unter normalen Umständen wäre das kein Problem, denn bei den Subs kommt es nur zu kleinen Disruptionen, die kaum eine Rolle spielen. Aber das Bewusstsein des Chronisten ist destabilisiert.«
»Leg ihn still, Boris«, sagte Pribylla. »Fahr ihn herunter.«
»Er ist keine Maschine, Priby.«
»Doch, das ist er. Er ist mehr Maschine als Mensch mit all dem Kram in seinem Innern. Leg ihn still. Mit einer Tiefenlähmung. Kryo-Äquivalent. Ocker soll ihn bei Zimmertemperatur einfrieren. Das ist doch möglich, oder?«
»Kryo-Äquivalent ist möglich.« Boris schürzte die dünnen Lippen. »Aber das kostet ihn viel Kraft. Ich mag es nicht, Ocker so sehr zu erschöpfen.«
»Zielsignatur positiv, Hektor«, meldete Corial. »Die anderen haben den Weg für uns offen gelassen.«
Pribylla seufzte. »Damit sind sie ein ziemliches Risiko eingegangen. Die Reisenden hätten den Weg benutzen und nach Pellegren gelangen können.«
Rogge nickte. »Also gut. Bereite alles vor, Boris.«
Xavius versuchte erneut, Arme und Beine zu bewegen und aus dem Maul des Krötenwesens zu kriechen, aber sein Körper reagierte nicht. Die Panik verebbte, als eine seltsame Art von Kälte nach seinen Gedanken und Gefühlen tastete.
»Ich nehme an, Sie haben alles gehört, Xavis Xavius«, sagte Rogge. »Sie werden jetzt schlafen. Damit uns Ihr Kopf erhalten bleibt.«
Xavius sah einen anderen Kopf, von den Händen einer Balsamiererin berührt.
Ich will nicht schlafen, dachte er und fürchtete die Rückkehr zu Marta. Ich will nicht …
Körper und Geist erstarrten.
24
Körper und Geist waren wach, und zwar schon länger, so fühlte es sich an. Umgeben von gedämpftem Licht – kein weißes Gleißen, kein Blitz, den jemand nach ihm warf, während er mit gelben Flügen aufstieg, umgeben von blauen Bäumen – saß er in einem bequemen Sessel, die Arme auf den Lehnen. Ich stecke nicht mehr in dem grässlichen Krötenwesen, dachte er, aber das war nur ein Gedanke von vielen, und nicht der wichtigste.
»Wer ist das dort?«, fragte Xavius und meinte die Frau, die auf der anderen Seite des Tisches neben Rogge saß. Sie hatte dunkles Haar, das ihr wellig über die Schultern fiel, und ihre Augen waren grün und groß. Die Falten in Mund- und Augenwinkeln wiesen auf ein mittleres Alter hin. Weiter hinten, im Schatten, saßen weitere Personen, aber sie spielten keine Rolle.
»Das ist Annabel«, sagte Rogge. »Ich habe sie Ihnen bereits vorgestellt, erinnern Sie sich?«
Ja, Xavius erinnerte sich. Annabel. »Die Lotsin, nicht wahr?« Wie lange sprachen sie schon miteinander, eine halbe Stunde? Und worüber hatten sie gesprochen, außer über Annabel?
»Ja, sie gehört zu den Lotsen, die wir beim Nexus aufgenommen haben. Annabel kennt sich auch mit Transferschocks aus. Sie ist keine Psychomechanikerin, aber vielleicht kann sie Ihnen helfen.«
Xavius sah sich um. Sie befanden sich in einem Raum, der wie ein Salon eingerichtet war, aber selbst ohne die Okulare der Mikromaschinen in seinen Augen bemerkte er die Programmierknoten des Materialgedächtnisses an Wänden und Decke, und hinzu kam ein leises Summen. Sie waren noch immer an Bord des Raumschiffs. Oder eines Raumschiffs.
»Wie fühlen Sie sich, Xavis V Xavius?«, fragte Annabel mit neutraler Stimme. Gehörte sie wie die anderen zu Minerva? Wenigstens nannte sie das V in seinem Namen.
»Es geht mir gut«, sagte er. Seine Stimme klang noch etwas rau. »Wenigstens bin ich aus der abscheulichen Kröte heraus.«
»Nun, Xavius, wir haben über die Subs gesprochen …«
Haben wir das? »Die Subs?«
»Das Tunnelsystem der Reisenden«, sagte Rogge. Er wirkte erneut wie jemand, den nichts aus der Ruhe bringen konnte und der die Situation vollkommen unter Kontrolle hatte. »Sie haben danach gefragt.«
Habe ich das?, dachte Xavius. Vielleicht war es der Chronist in ihm, der danach gefragt hatte, beziehungsweise der Chronass, dessen Präsenz er vermisste. Es war immer wichtig, mehr herauszufinden, Informationen zu sammeln, Hintergründe zu erhellen und zu verstehen .
»Es gibt insgesamt fünf Attraktoren, zwei kleine und drei
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