Der letzte Regent: Roman (German Edition)
aussieht, als steckten wir hinter dem Mordanschlag. Vielleicht ist das auch bei Salyard und Ihnen der Fall. Jemand will uns einen Mord anhängen, und vielleicht auch Ihnen. Wenn es stimmt, sitzen wir gewissermaßen in einem Boot. Möglicherweise können wir uns gegenseitig helfen.«
Xavius glaubte nicht eine Sekunde, dass Rogge und die anderen nicht die Mörder des Regenten waren, aber er nickte, denn nur ein Nicken brachte ihn weiter, der Ausführung seines Plans näher. Er musste in die Freiheit zurückkehren, wenn er seine Mission erfüllen wollte. Bluestone!, dachte er. Sie wollten ihn nach Bluestone bringen. Wenn es ihm gelang, sich mit der dortigen Niederlassung des Enduriums in Verbindung zu setzen …
»Was haben Sie mit mir vor?«, fragte Xavius. Er versuchte, auf seinen Plan konzentriert zu bleiben und gleichzeitig nicht an ihn zu denken, für den Fall, dass Rebecca an Bord des Schwebers versteckt war und seinen Gedanken lauschte. Zuvor hatten ihn die Minerva-Leute mit dem Glas abgelenkt. Vielleicht war auch dies ein Ablenkungsmanöver.
»Xavius?«, fragte Laurania.
»Ja?« Er hatte schon wieder die Augen geschlossen, obwohl er gar nicht müde war.
»Es geht Ihnen schlecht, Xavius«, sagte Laurania. »Sie leiden an einem schweren Transferschock, und das ist noch nicht alles. Abgesehen von der adaptiven Schizophrenie, die Ihre Persönlichkeit teilt, gibt es noch einen dritten Faktor in Ihnen. Wir werden versuchen, Ihnen zu helfen, und dazu müssen wir nach Bluestone, zu unseren Psychomechanikern. Sie brauchen die kompetente Hilfe mentaler Spezialisten.«
Ihr wollt mir in die Seele schauen, dachte er. Ihr wollt mir alle meine Geheimnisse entreißen, auch jene, die Rebecca verborgen blieben. Glaubt ihr vielleicht, mich täuschen zu können?
Als er nicht antwortete, sagte Rogge: »Sie könnten ein Trojaner sein, Chronist. Es ist ein Begriff, der sich auf eine alte Legende bezieht. Sind Sie damit vertraut?«
Die Erde, dachte Xavius. Vor zweitausend Jahren von den Ayunn zerstört. Eine tote Welt, mit einer Stadt der Toten, in ihr die einzige Hoffnung für die Lebenden. Aber ihr wollt diese Hoffnung zerstören. Ihr kollaboriert mit dem Feind.
Zorn ließ ihn zittern, aber er schwieg noch immer.
»Sie könnten jemand sein, den das Endurium mit einem Auftrag zu uns geschickt hat, der so geheim ist, dass Sie selbst nichts davon wissen. Sie könnten ein Werkzeug sein, ohne etwas davon zu ahnen, Chronist. Unsere Psychomechaniker werden der Sache auf den Grund gehen.«
Ich weiß eine ganze Menge, dachte Xavius, während er Rogges ruhigen Blick erwiderte. Mir fehlen Beweise dafür, dass ihr den Regenten ermordet habt, und ich habe keine Möglichkeit, euch für dieses abscheuliche Verbrechen zu töten, wie es der Auftrag von mir verlangt. Aber ich weiß von eurer Zusammenarbeit mit den Ayunn, von den Subtunneln und den Attraktoren, von den Türen und Portalen, und ich kenne mindestens eine eurer Welten, die über einen direkten Zugang zu dem Tunnelsystem verfügt, nämlich diese.
Er sah zum Gerüst, von dem sie jetzt nur noch einige Hundert Meter entfernt waren, als der Schweber am Ufer des Sees zur Landung ansetzte. Es umgab eindeutig eine »Tür«, beziehungsweise ein »Portal«, wie die größeren Versionen der Türen offenbar genannt wurden.
Der Schwebewagen hatte gerade aufgesetzt, als ein Grollen durch die weite Höhle ging und der Boden unter ihnen erzitterte. Die Arbeiter auf dem Gerüst hielten mit ihren Laserschneidern inne, und einige der Scheinwerfer, die auf sie gerichtet waren, schwangen nach oben. Ihr Licht strich über die hohe Eisdecke.
Risse zeigten sich darin. Erste Brocken lösten sich und fielen.
Stimmen kamen aus den Kommunikatoren, die Rogge und die anderen Minerva-Leute am Kragen ihrer Jacken oder – wie Laurania – am Ohr trugen. »Angriff! Pellegren wird angegriffen! Von Schiffen des Enduriums!«
28
Die Faust des Regenten ist hier, dachte Xavius mit wilder Freude.
Und offenbar ließ er sich seine Freude zu deutlich anmerken, denn zwei der Minerva-Leute aus dem Schwebewagen, den sie gerade verlassen hatten, richteten ihre Waffen auf ihn.
»Freuen Sie sich nicht zu früh, Chronist«, sagte Rogge ernst und trat auf ihn zu. »Hoffen Sie, dass die Schiffe gekommen sind, um Sie zu holen? Glauben Sie, sich mit ihnen in Verbindung setzen zu können?« Er packte Xavius’ linke Hand und riss den Ring vom Mittelfinger. »Etwa hiermit? Haben Sie uns wirklich für so dumm gehalten? Dies
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