Der letzte Regent: Roman (German Edition)
dass die Präsenz der Mikromaschinen zu stark war? Und menschliche Augen? Hatte niemand, weder Laurania noch Rogge oder irgendeiner der anderen Splitter-Menschen, an die Möglichkeit gedacht, dass der Ring etwas enthielt, das ihm, Xavius, nützlich sein konnte?
Wachsam sah er sich um, aber Rebecca gehörte nicht zu den Personen, die an Bord des Schwebewagens saßen, der in einer Höhe von etwa zehn Metern über einen großen Schmelzwassersee hinwegglitt, der hohen Felswand entgegen, die am fernen Ufer im Licht mehrerer Scheinwerfer aufragte. Vor dieser Wand standen mehrere Objekte, nur wenig größer als die Hütten weiter vorn: offenbar kleine Raumschiffe. Und in der Wand aus grauem Stein zeigte sich im Licht der Scheinwerfer ein großes, rechteckiges Gerüst.
»Wohin bringen Sie mich?«, fragte Xavius.
Er drehte den Kopf. Rogge und die anderen musterten ihn.
»Wir wissen Bescheid, Xavis Xavius«, sagte Rogge. »Wir wissen, warum Sie wirklich nach Bluestone geschickt wurden. Es ging nicht um irgendeinen Bericht über die Splitter-Welten. Quintus Quiron, Vorsitzender des Gremiums, hat Sie beauftragt, uns zu töten: Denslow, mich und alle anderen, die an Bord der Zerberus waren.«
Es war der zweite Auftrag, den ich erhalten habe, dachte Xavius, aber das spielte keine Rolle mehr. »Sie sind die Mörder des Regenten.« Minerva wusste, dass Er tot war – eine bittere Erkenntnis. Er hatte es während der Vernehmung durch die Abnorme nicht verbergen können. Die Frage lautete: Wie viel hatte die Telepathin sonst noch herausgefunden? Wie viele Informationen konnte sie während eines solchen Verhörs aufnehmen? Sie war kein Sifter, dem nichts entging, erst recht nicht bei einer Sondierung auf höchster Stufe. Xavius dachte an das militärische Wissen, das er sich während der vergangenen Jahre bei General Izzad angeeignet hatte. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass Rebecca entsprechende Fragen gestellt hatte, doch das musste nicht viel bedeuten. Allein die Codes waren gefährlich genug. Wenn sich Minerva damit Zugang zu den Datennetzen der Streitkräfte verschaffte und die gewonnenen taktisch-strategischen Informationen für Überfälle nutzte oder gar an die Ayunn weitergab … Die letzten Reste der Benommenheit nach dem Verhör fielen von Xavius ab. »Sie haben den Tod verdient!«, fügte er seinen ersten Worten hinzu.
»Was ich nicht verstehe: Warum haben sie einen Chronisten geschickt, ohne Erfahrung?«, fragte Laurania, die neben Rogge saß, Xavius direkt gegenüber. »Wie können Quiron und das Gremium von jemandem wie ihm erwarten, dass er die vermeintlichen Mörder des Regenten umbringt?«
»Propaganda, Laura«, sagte Rogge. »Xavis Xavius ist ein Meister der Propaganda, was er in den vergangenen Jahren immer wieder mit seinen Beiträgen im Mesh bewiesen hat. Er hätte einen Weg gefunden, uns die Schuld zu geben und Kapital für das Endurium daraus zu schlagen. Außerdem war er der einzige Vivus, den sie unmittelbar nach dem Mordanschlag schicken konnten.«
»Aber er brachte Salyard um und wurde verhaftet«, sagte Laurania nachdenklich. »Bevor wir Gelegenheit fanden, ihn abzufangen. Und dann, wenige Stunden später, ließ man ihn wieder frei. Ist das nicht seltsam? Ich meine, wir wissen, dass er bei Julius M Gladfelter war, dem Leiter des Sicherheitskorps im Devos-System. Gladfelter gehört zur harten Sorte. Er lässt niemanden gehen, den er für schuldig hält. Und dass er von der Schuld des Chronisten überzeugt ist, geht aus der internen Kommunikation hervor. Außerdem sind die Überwachungsdaten eindeutig. Trotzdem ließ Gladfelter ihn gehen. Warum?«
»Weil er entsprechende Anweisungen bekam«, warf Denslow ein. Er sprach ebenso ruhig wie Rogge, ohne den aufbrausenden Zorn, den er an Bord der Zerberus gezeigt hatte. »Weil seine Mission wichtiger war als Strafverfolgung.«
Laurania schüttelte den Kopf. »Hier passt etwas nicht zusammen.«
Es gefiel Xavius nicht, dass diese Leute so über ihn sprachen, als wäre er gar nicht da. »Ich habe Salyard nicht umgebracht«, sagte er mit Nachdruck. »Ich habe mit seinem Tod nichts zu tun.«
»Rebecca hat in ihm nur sekundäre Erinnerungen daran gefunden«, wandte sich Laurania an Rogge und Denslow. Die anderen Männer und Frauen im offenen Transportabteil des Schwebewagens, insgesamt fünf, blieben anonym, Gesichter ohne Namen, ohne echte Identität, soweit es Xavius’ Wahrnehmung betraf. »Er hat Aufzeichnungen des Verbrechens gesehen, aber er
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