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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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mich reinwaschen will. Ich weiß, daß ich wieder zu trinken angefangen habe, wie das wilde Tier, das ich einmal gewesen bin. Aber sie hätte mir vergeben, sie hätte mir beigestanden, wenn das Frauenzimmer nie ihren Schatten auf unsere Tür geworfen hätte. Denn Sarah Cushing liebte mich – das ist die Wurzel des Ganzen. Sie liebte mich, und all ihre Liebe verwandelte sich in giftigen Haß, als sie erkannte, daß ich mehr vom Fußabdruck meiner Frau im Dreck hielt als von ihrer ganzen Person, Körper und Seele zusammengenommen.
      Sie waren drei Schwestern. Die älteste ist eine gute Frau, die zweite ein Teufel, und die dritte war ein Engel. Als ich heiratete, war Sarah dreiunddreißig und Mary neunundzwanzig. Wir waren so glücklich miteinander, wie der Tag lang war, als wir unseren Haushalt gründeten, und in ganz Liverpool gab es keine bessere Frau als meine Mary. Und dann luden wir Sarah für eine Woche ein, doch aus der Woche wurde ein Monat, und eins führte zum anderen, bis sie zu uns gehörte.
      Zu der Zeit war ich Temperenzler, und wir konnten ein bißchen Geld auf die Seite legen, und alles glänzte wie ein neuer Dollar. Mein Gott, wer hätte gedacht, daß es zu alldem kommen würde? Wer hätte sich das träumen lassen?
      An den Wochenenden war ich oft zu Hause, und manchmal, wenn das Schiff auf Fracht wartete, hatte ich eine ganze Woche ununterbrochen frei. Und so lernte ich meine Schwägerin Sarah ziemlich genau kennen. Sie war eine schöne große Frau, schwarzhaarig, lebendig und leidenschaftlich. Sie hatte eine stolze Art, den Kopf zu tragen, und aus ihren Augen blitzten Funken wie von einem Feuerstein. Aber wenn meine kleine Mary da war, verschwendete ich keinen Gedanken an sie. Das schwöre ich, so wahr ich auf Gottes Vergebung hoffe.
      Manchmal schien es mir, sie habe es gern, mit mir allein zu sein, und oft überredete sie mich zu einem Spaziergang, aber ich dachte mir nie etwas dabei. Eines Abends gingen mir die Augen auf. Ich kam vom Schiff, meine Frau war ausgegangen, Sarah war zu Hause. ‚Wo ist Mary?’ fragte ich. ‚Sie ist Rechnungen bezahlen gegangen.’ Ich wurde ungeduldig und ging im Zimmer auf und ab. ‚Kannst du denn nicht fünf Minuten ohne Mary glücklich sein, Jim?’ fragte sie. ‚Es ist ein schlechtes Kompliment für mich, daß du nicht einmal für kurze Zeit mit meiner Gesellschaft vorliebnehmen möchtest.’ – ‚Schon gut, Mädchen’, sagte ich und streckte ihr freundlich die Hand entgegen. Aber im Nu ergriff sie meine Hand mit beiden Händen, und die brannten, als hätte sie Fieber. Ich sah ihr in die Augen, und da konnte ich dann alles lesen. Sie brauchte nichts zu sagen, ich auch nicht. Ich machte ein wütendes Gesicht und zog meine Hand weg. Dann stand sie eine kleine Weile stumm neben mir, und dann klopfte sie mir auf die Schulter. ‚Beruhige dich, Jim!’ sagte sie, und mit einem spöttischen Lachen rannte sie aus dem Zimmer.
      Von dem Augenblick an haßte mich Sarah von ganzem Herzen und mit ganzer Seele, und sie ist eine Frau, die hassen kann. Ich war ein Idiot, daß ich sie weiter bei uns wohnen ließ – ein bescheuerter Idiot –, aber ich sagte Mary nicht ein Wort davon, weil ich wußte, daß es sie kränken würde. Alles lief ungefähr so wie zuvor, doch nach einiger Zeit bemerkte ich, daß Mary ein bißchen anders geworden war. Sie war immer arglos und voller Vertrauen, und jetzt wurde sie so sonderbar und mißtrauisch, wollte wissen, wo ich gewesen wäre und was ich getan hätte und von wem die Briefe wären und was ich in den Taschen hätte und lauter solches Zeug. Tag um Tag wurde sie eigentümlicher und reizbarer, und wir zankten uns grundlos um nichts. All das verwirrte mich ziem lich. Sarah ging mir jetzt aus dem Weg, aber sie und Mary waren unzertrennlich. Heute weiß ich, wie sie intrigierte und plante und die Meinung meiner Frau über mich vergiftete, aber damals war ich blind wie eine neugeborene Katze und verstand nichts. Dann brach ich meinen Temperenzlereid und fing wieder an zu trinken, und ich glaube, ich hätte es nicht getan, wenn Mary die geblieben wäre, die sie früher war. Jetzt hatte sie Grund, Widerwillen mir gegenüber zu empfinden, und die Kluft zwischen uns wurde breiter und breiter. Und dann tauchte dieser Alex Fairbairn auf, und alles wurde noch tausendmal schlimmer.
      Beim ersten Mal kam er, um Sarah zu besuchen, doch bald besuchte er uns. Er war ein Mann mit einnehmenden Manieren, und wo er auch hinkam,

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