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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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als ich selber in Zweifel und ins Dunkel geraten bin. Ich weiß, Sie könnten, wenn Sie nur wollten.«
      Holmes war zugänglich für Schmeicheleien und, um ihm Recht widerfahren zu lassen, auch für Freundlichkeiten. Diese beiden Kräfte bewegten ihn, den Kleisterpinsel mit einem ergebenen Seufzer aus der Hand zu legen und den Stuhl zurückzuschieben.
      »Gut, gut, Mrs. Warren, lassen Sie also hören, was es gibt. Gegen Tabak haben Sie wohl nichts einzuwenden, nehme ich an. Vielen Dank. Watson, die Streichhölzer! Wenn ich recht verstehe, sind Sie beunruhigt, weil der neue Mieter in seinem Zimmer bleibt und Sie ihn nicht zu sehen bekommen. Aber bedenken Sie nur, Mrs. Warren, wenn ich Ihr Mieter wäre, würden Sie mich oft wochenlang nicht zu Gesicht bekommen.«
      »Zweifellos, Sir, aber das ist etwas anderes. Dieses macht mir Angst, Mr. Holmes. Ich kann vor Angst nicht schlafen. Ich höre seine schnellen Schritte mal hier, mal dort, vom frühen Morgen bis in die späte Nacht, und ich kann nie auch nur einen flüchtigen Blick auf ihn werfen – das ist mehr, als ich aushalte. Meinen Mann hat es schon ganz nervös gemacht, aber er ist den ganzen Tag auf Arbeit, während ich keine Ruhe finde. Warum versteckt er sich? Was hat er angestellt? Von dem Mädchen abgesehen, bin ich immer allein mit ihm im Hause; das ist mehr, als meine Nerven aushalten.«
      Holmes beugte sich vor und legte der Frau die dünnen, langen Finger auf die Schulter. Wenn er wollte, ging von ihm eine nahezu hypnotische Kraft aus, durch die er die Leute besänftigen konnte. Der ängstliche Ausdruck schwand aus ihren Augen, und die erregten Züge entspannten sich. Sie setzte sich in den Sessel, den er ihr gewiesen hatte.
      »Wenn ich mich um die Sache kümmern soll, muß ich jede Einzelheit kennen«, sagte er. »Lassen Sie sich Zeit zum Nachdenken. Die geringste Kleinigkeit könnte höchst wichtig sein. Sie sagen, der Mann ist vor zehn Tagen gekommen und hat Ihnen für zwei Wochen Kost und Logis gezahlt?«
      »Er fragte nach den Bedingungen, Sir. Ich sagte, fünfzig Schilling die Woche. Er hat ein kleines Wohnzimmer und ein Schlafzimmer, mit allem, was dazugehört, oben im Haus.«
      »Und weiter?«
      »Er sagte: ›Ich werde Ihnen fünf Pfund pro Woche zahlen, wenn ich zu meinen eigenen Bedingungen wohnen kann.‹ Ich bin eine arme Frau, Sir, und Mr. Warren verdient wenig, und Geld bedeutet viel für mich. Er zog eine Zehn-Pfund-Note heraus und hielt sie mir gleich hin. ›Das können Sie in Zukunft immer für vierzehn Tage haben, wenn Sie sich an meine Bedingungen halten‹, sagte er. ›Wenn nicht, will ich nichts mehr mit Ihnen zu tun haben.‹«
      »Was für Bedingungen waren das?«
      »Nun, Sir, sie bestanden darin, daß er einen Hausschlüssel verlangte. Das war in Ordnung. Manchmal gebe ich Mietern einen. Außerdem wollte er, daß man ihn völlig in Ruhe ließ und ihn nie, unter welchem Vorwand auch immer, störte.«
      »Daran ist doch sicherlich nichts Verwunderliches?«
      »Nicht, wenn es einen Grund dafür gibt, Sir. Aber ich sehe keinen Grund. Er ist bereits zehn Tage da, und weder Mr. Warren noch ich noch das Mädchen haben ihn ein einziges Mal vor die Augen bekommen. Wir hören, wie er mit raschen Schritten auf und ab geht, auf und ab, nachts, morgens und mittags: außer an jenem ersten Abend ist er nicht einmal aus dem Hause gegangen.«
      »Oh, am ersten Abend ist er ausgegangen?«
      »Ja, Sir, und sehr spät zurückgekommen – als wir alle schon im Bett lagen. Nachdem er die Zimmer gemietet hatte, sagte er mir, er hätte vor auszugehen, und bat mich, die Tür nicht zu verriegeln. Ich hörte ihn nach Mitternacht die Treppe hinaufsteigen.«
      »Und seine Mahlzeiten?«
      »Er gab die besondere Anweisung, daß wir immer, wenn er klingelt, das Essen auf einem Stuhl absetzen sollten, der vor der Tür steht. Dann klingelt er wieder, wenn er fertig ist, und wir holen das Geschirr vom selben Stuhl ab. Wenn er irgend etwas anderes wünscht, schreibt er es in Druckbuchstaben auf einen Zettel, den er hinauslegt.«
      »In Druckbuchstaben?«
      »Ja, Sir, in Druckbuchstaben mit Bleistift. Nur das Wort, sonst nichts. Hier habe ich einen Zettel mitgebracht, um ihn Ihnen zu zeigen – SEIFE. Hier ist noch einer – STREICHHOLZ. Diesen hat er am ersten Tag rausgelegt – DAILY GAZETTE. Ich lege ihm die Zeitung jeden Morgen neben das Frühstück.«
      »Du lieber Gott, Watson«, sagte Holmes und sah

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