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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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welches die dem Hause des Agenten nächstgelegene Station ist. Darum wurde sie aus der Tasche des Ermordeten entfernt.«
      »Gut, Lestrade, sehr gut«, sagte Holmes. »Ihre Theorie ist in sich schlüssig. Aber wenn das die Wahrheit wäre, ist der Fall zu Ende. Einerseits – der Verräter ist tot. Andererseits – die BrucePartington-Pläne sind vermutlich bereits auf dem Kontinent angelangt. Was gäbe es da für uns noch zu tun?«
      »Zu handeln, Sherlock – zu handeln!« rief Mycroft und sprang auf. »Alle meine Instinkte wehren sich gegen diese Erklärung. Setze deine Fähigkeiten ein! Such den Schauplatz des Verbrechens auf! Sieh dir die Beteiligten an! Dreh jeden Stein um! In deiner bisherigen Laufbahn hattest du nie eine so große Chance, dem Land zu dienen.«
      »Gut, gut!« sagte Holmes mit einem Achselzukken. »Kommen Sie, Watson! Und Sie, Lestrade, geben Sie uns für ein oder zwei Stunden die Ehre Ihrer Begleitung? Wir beginnen unsere Nachforschungen mit einem Besuch bei der Aldgate Station. Auf Wiedersehen, Mycroft. Ich werde dir vor Abend einen Bericht zukommen lassen, aber ich warne dich im voraus, du hast wenig zu erwarten.«

    Eine Stunde später standen Holmes, Lestrade und ich auf dem Gebiet der Underground, an der Stelle, wo die Züge gleich vor der Aldgate Station aus dem Tunnel treten. Ein freundlicher, rotgesichtiger alter Herr vertrat die Bahn-Gesellschaft.
      »Hier lag die Leiche des jungen Mannes«, sagte er und wies auf einen Platz etwa drei Fuß neben den Schienen. »Von oben kann er nicht heruntergefallen sein, denn, wie Sie sehen, sind da nur nackte Mauern. Er muß also aus dem Zug gefallen sein, und das muß, soweit wir es verfolgen konnten, ein Zug gewesen sein, der hier am Montag gegen Mitternacht passierte.«
      »Wurden die Wagen auf Anzeichen von Gewalt überprüft?«
      »Nichts deutet darauf hin, und man hat auch keine Fahrkarte gefunden.«
      »Keine Meldung, daß eine Tür offenstand?«
      »Keine.«
      »Bei uns hat heute morgen ein neuer Zeuge ausgesagt«, bemerkte Lestrade. »Ein Fahrgast, der am Montag dreiundzwanzig Uhr vierzig in einem fahrplanmäßigen Stadtzug über Aldgate Station fuhr, erklärte, einen schweren, dumpfen Schlag gehört zu haben, so als wäre ein Körper auf Schienen aufgeprallt, und das sei kurz vor dem Einfahren des Zugs in den Bahnhof gewesen. Es herrschte jedoch dichter Nebel, und nichts war zu erkennen. Er hatte es nicht gleich gemeldet. Aber was ist mit Mr. Holmes los?«
      Mein Freund stand da, das Gesicht ganz gespannte Aufmerksamkeit, und starrte auf die Schienen, dort, wo sie aus dem Tunnel hervortraten. Aldgate ist ein Kreuzungspunkt mit einem Gewirr von Weichen. Auf sie richteten sich seine eifrig forschenden Blicke, und ich entdeckte in dem begierig lauernden Gesicht mit den gestraff ten Lippen, den bebenden Nüstern und den nachdenklich zusammengezogenen buschigen Brauen Anzeichen, die mir sehr vertraut waren.
      »Weichen«, murmelte er, »die Weichen.«
      »Was soll damit sein? Was meinen Sie?«
      »Ich nehme an, es gibt nicht allzu viele Weichen in einem solchen Verkehrssystem.«
      »Nein, nur wenige.«
      »Und dazu eine Kurve. Weichen und eine Kurve. Beim Zeus! Wenn dem so wäre!«
      »Worum geht’s, Holmes? Haben Sie eine Spur?«
      »Eine Idee – einen Anhaltspunkt, nicht mehr. Aber der Fall gewinnt an Interesse. Einmalig, wirklich einmalig, und doch: warum nicht? Ich kann keine Blutspuren entdecken.«
      »Hier war fast kein Blut.«
      »Aber war er nicht schwer verwundet?«
      »Knochen waren gebrochen, aber eine große äußere Verletzung war nicht vorhanden.«
      »Und doch müßte man Blutspuren festgestellt haben. Könnte ich vielleicht den Zug in Augenschein nehmen, in dem der Fahrgast war, der den dumpfen Fall im Nebel hörte?«
      »Ich fürchte, nein, Mr. Holmes. Der Zug wurde auseinandergekoppelt, und die Wagen sind auf andere Züge verteilt worden.«
      »Ich kann Ihnen versichern, Mr. Holmes«, sagte Lestrade, »daß jeder Wagen sorgfältig überprüft wurde. Ich habe es selber beaufsichtigt.«
      Es war eine der offensichtlichsten Schwächen meines Freundes, daß er gegenüber einer weniger wachen Intelligenz ungeduldig wurde.
      »Das habe ich mir gedacht«, sagte er und wandte sich ab. »Ich wollte nicht die Wagen überprüfen. Watson, hier haben wir das Mögliche getan. Wir brauchen Sie nicht mehr zu belästigen, Mr. Lestrade. Ich glaube, die Untersuchung

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