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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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für ihn ein vernichtender Schlag.«
      »Wir hatten gehofft, er hätte uns einige Hinweise geben können, die hilfreich gewesen wären, die Sache aufzuklären.«
      »Ich versichere Ihnen, daß der Vorfall für ihn genauso mysteriös war wie für Sie und alle anderen. Er hatte noch sein ganzes Wissen der Polizei zur Verfügung gestellt. An Cadogan Wests Schuld zweifelte er natürlich nicht. Aber sonst war ihm alles unbegreiflich.«
      »Sie können kein Licht in die Vorgänge bringen?«
      »Ich persönlich weiß nichts außer dem, was ich gelesen und gehört habe. Ich möchte nicht unhöflich sein, doch Sie werden verstehen, Mr. Holmes, daß wir gegenwärtig sehr verstört sind, und ich muß Sie bitten, unser Gespräch bald zu beenden.«
      »Das ist tatsächlich eine unerwartete Entwicklung«, sagte mein Freund, als wir wieder in der Droschke saßen. »Ich frage mich, ob das ein natürlicher Tod war oder ob sich der arme alte Bursche nicht selbst umgebracht hat. Darf man im letzteren Fall als Grund annehmen, daß er sich Vernachlässigung seiner Pflichten vorwerfen mußte? Wir müssen die Frage der Zukunft überlassen. Nun sollten wir uns der Familie Cadogan West zuwenden.«
      In einem kleinen, aber gutgehaltenen Haus in einer Londoner Vorstadt wohnte die hilflos zurückgebliebene Mutter. Die alte Dame war vom Gram zu sehr betäubt, um uns irgendwie nützlich sein zu können, aber ihr zur Seite stand eine blaßgesichtige junge Dame, die sich als Miss Violet Westbury vorstellte, die Verlobte des Toten und die Person, die ihn in der Schicksalsnacht als letzte gesehen hatte.
      »Ich kann es nicht erklären, Mr. Holmes«, sagte sie. »Seit der Tragödie habe ich kein Auge geschlossen, habe nachgedacht, nachgedacht, nachgedacht, Tag und Nacht, was in Wahrheit geschehen sein mag. Arthur war der aufrichtigste, ehrenhafteste, patriotischste Mann von der Welt. Er hätte sich eher die rechte Hand abgehackt, als ein seiner Obhut anvertrautes Staatsgeheimnis zu verkaufen. Es ist absurd, unmöglich, abgeschmackt für jeden, der ihn kannte.«
      »Aber die Tatsachen, Miss Westbury?«
      »Ja, ja. Ich gebe zu, ich kann sie nicht erklären.«
      »War er irgendwie in Geldschwierigkeiten?«
      »Nein. Seine Bedürfnisse waren sehr gering, sein Gehalt war ausreichend. Er hatte einige Hundert gespart, und wir wollten am Neujahrstag heiraten.«
      »Gab es keine Hinweise auf eine geistige Erregung? Bitte, Miss Westbury, seien Sie ganz offen zu uns.«
      Das rasche Auge meines Gefährten hatte eine Veränderung in ihrer Haltung registriert. Sie errötete und zögerte.
      »Ja«, sagte sie schließlich. »Ich hatte das Empfinden, daß ihm etwas im Kopf herumging.«
      »Über längere Zeit?«
      »Nur etwa die letzte Woche. Er grübelte und war besorgt. Einmal bin ich deswegen in ihn gedrungen. Er gestand ein, daß ihn etwas beschäftigte und daß es etwas war, das mit seinem Amt zusammenhing. ›Es ist etwas zu Bedeutendes für mich, als daß ich darüber sprechen könnte, auch mit dir nicht‹, sagte er. Mehr konnte ich nicht herausbekommen.«
      Holmes schaute ernst drein.
      »Weiter, Miss Westbury. Auch wenn es gegen ihn zu sprechen scheint, fahren Sie fort. Wir können nicht sagen, wohin es führen wird.«
      »Ich habe wirklich nicht mehr zu erzählen. Ein- oder zweimal kam es mir so vor, als wäre er an dem Punkt, mir etwas mitzuteilen. Eines Abends sprach er von der Wichtigkeit des Geheimnisses, und ich erinnere mich, daß er sagte, er zweifle nicht, ausländische Spione würden viel zahlen, um es zu besitzen.«
      Das Gesicht meines Freundes wurde zunehmend ernster.
      »Sonst noch etwas?«
      »Er sagte, wir wären in solchen Dingen nachlässig – für einen Verräter wäre es leicht, an die Pläne zu gelangen.«
      »Hat er nur in letzter Zeit solche Bemerkungen fallenlassen?«
      »Ja, nur in letzter Zeit.«
      »Nun berichten Sie uns vom letzten Abend.«
      »Wir wollten ins Theater gehen. Der Nebel war so dicht, daß es mit einer Droschke keinen Zweck hatte. Wir gingen zu Fuß, und der Weg führte in die Nähe seines Amtes. Plötzlich lief er los in den Nebel hinein.«
      »Ohne ein Wort?«
      »Er hat etwas gerufen, das war alles. Ich wartete, doch er kam nicht zurück. Da ging ich nach Hause. Am nächsten Morgen, nach Dienstbeginn, kamen sie nachfragen. Gegen zwölf Uhr hörten wir die fürchterliche Nachricht. Oh, Mr. Holmes, wenn Sie doch wenigstens seine

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