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Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4

Titel: Der letzte Streich des Sherlock Holmes, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Mycroft!«
      »Montagabend hat er Woolwich plötzlich verlassen. Zuletzt wurde er von seiner Verlobten, Miss Violet Westbury, gesehen, die er an dem Abend – es war sehr neblig – um neunzehn Uhr dreißig plötzlich verließ. Es hatte zwischen ihnen keinen Streit gegeben, und sie kann für seine Handlungsweise keinen Grund nennen. Das nächste, was über ihn bekannt wurde, war die Entdeckung des Leichnams durch einen Schienenleger namens Mason im Bereich der Underground von London kurz hinter der Aldgate Station.«
      »Wann war das?«
      »Der Tote wurde am Dienstagmorgen um sechs gefunden. Er lag auf dem Schotter, neben dem linken Gleis, das nach Osten führt, ziemlich nahe beim Bahnhof, wo die Linie aus dem Tunnel tritt. Der Kopf war arg zugerichtet – eine Verletzung, die sehr wohl von einem Fall aus der Bahn herrühren konnte. Nur durch einen Fall aus der Bahn kann die Leiche neben das Gleis geraten sein. Hätte man sie aus einer der Straßen der Gegend dorthin tragen wollen, dann hätte man mit ihr die Sperre am Bahnsteig passieren müssen, an der immer ein Kontrolleur steht. Also, der Punkt scheint absolut klar zu sein!«
      »Sehr gut. Der Umstand ist hinreichend geklärt. Der Mann fiel, tot oder lebendig, von selber aus dem Zug, oder er wurde hinausgestürzt. Soviel weiß ich nun. Fahren Sie fort.«
      »Die Züge auf diesem Gleis, neben dem die Leiche gefunden wurde, fahren von West nach Ost, einige sind reine Stadtbahnen, andere kommen von Willesden und außerhalb liegenden Umsteigebahnhöfen. Man kann als sicher annehmen, daß der junge Mann, als ihn der Tod ereilte, zu einer Zeit am späten Abend in der angegebenen Richtung fuhr; aber auf welcher Station er eingestiegen ist, läßt sich unmöglich sagen.«
      »Seine Fahrkarte würde es bestimmt verraten.«
      »In seinen Taschen fand sich keine Fahrkarte.«
      »Keine Fahrkarte! Lieber Himmel, Watson, das ist wirklich einmalig. Nach meinen Erfahrungen kann man unmöglich auf einen Bahnsteig der Stadtbahn gelangen, ohne seine Fahrkarte vorgewiesen zu haben. Vermutlich also hat der junge Mann eine besessen. Hat man sie ihm wegge nommen, damit niemand erfährt, auf welcher Station er eingestiegen ist? Vielleicht. Oder hat er sie im Zug verloren? Das ist auch möglich. Dieser Punkt erregt mein Interesse. Wenn ich Sie recht verstanden habe, so lagen keine Anzeichen für Raub vor?«
      »Es hat den Anschein. Hier gibt es eine Liste seiner Sachen. Die Börse enthielt zwei Pfund fünfzehn Shilling. Er trug ein Scheckbuch der Zweigstelle Woolwich der Capital and Counties Bank bei sich. Danach hat man seine Identität festgestellt. Außerdem fanden sich zwei Eintrittskarten für den ersten Rang des Theaters in Woolwich, für eben den Abend gültig. Dann war da noch ein Päckchen mit technischen Papieren.«
      Holmes entfuhr ein Ausruf der Befriedigung.
      »Endlich haben wir es, Watson! Britische Regierung – Arsenal von Woolwich – technische Papiere – Bruder Mycroft – die Kette ist vollständig. Aber da kommt er, wenn ich nicht irre, um für sich selber zu sprechen.«
      Einen Moment später wurde die hohe, stattliche Gestalt von Mycroft Holmes ins Zimmer geführt. Wuchtig und massiv gebaut, vermittelte sie den Eindruck körperlicher Trägheit, aber über der schwerfälligen Figur thronte ein Haupt mit einer so meisterlichen Stirn, so wachsamen stahlgrauen, tiefliegenden Augen, so festen Lippen und so lebhaftem Mienenspiel, daß man nach dem ersten Hinsehen den riesigen Körper vergaß und sich nur der dominierende Verstand einprägte.
      Ihm auf den Fersen folgte unser alter Freund Lestrade von Scotland Yard – dünn und streng. Die Ernsthaftigkeit auf beider Gesicht sprach für gewichtige Fragen. Der Detektiv schüttelte uns wortlos die Hand. Mycroft Holmes kämpfte sich aus seinem Mantel und sank in einen Lehnstuhl.
      »Eine sehr lästige Angelegenheit, Sherlock«, sagte er. »Es widerstrebt mir zutiefst, Gewohnheiten zu ändern, aber die Großkopfeten hätten eine Weigerung nicht akzeptiert. Bei der gegenwärtigen Lage in Siam ist es höchst fatal, daß ich das Büro verlassen mußte. Aber es geht um eine wirkliche Krise. Ich habe den Premierminister nie so außer Fassung gesehen. Und erst die Admiralität – da summt es wie in einem umgestürzten Bienenstock. Hast du alles über den Fall gelesen?«
      »Das haben wir eben getan. Um was für technische Papiere handelt es sich?«
      »Das ist eben der Punkt!

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