Der Letzte Tag Der Schoepfung
zu verhehlen und nicht peinlichen Fragen in Madrid ausgesetzt zu sein. Die Leitung dieser Arbeiten lag in den Händen von Oberst Frank Gilmore, eines im Festungsbau erfahrenen Offiziers, der bereits in Ägypten als Berater Mohammed Alis tätig gewesen war, bevor sich dieser mit Großbritannien überwarf, und die Londoner Konvention gegen den abtrünnigen Statthalter der Pforte geschlossen wurde. Gilmore war ein begeisterter Amateurarchäologe und bei Ausgrabungen in Nubien dabei gewesen. Von den anderen Offizieren wurde er scherzhaft »Gilmore Pascha« genannt.
Es wurden zunächst der lichte Buschwald abgeholzt und Gräben gezogen - angeblich um das Wassereinzugsgebiet für das südwestliche Reservoir zu erweitern. Um die Fundamente für die Kasematten in den gewachsenen Fels zu setzen, ließ Gilmore Pascha die Wurzelstöcke ausgraben und das lockere Erdreich - vor allem Mergel und Tonschiefer - abtragen. In etwa acht Fuß Tiefe stieß man auf eine harte Tonschicht. Gilmore ließ einen Stollen hineintreiben, um ihre Stärke festzustellen. Die Arbeiter waren mit ihren Spitzhacken kaum drei Fuß tief eingedrungen, als Ton zutage trat, der mit Rost durchsetzt schien.
Der Oberst ließ die Arbeiten sofort einstellen, um das Material zu untersuchen. Es handelte sich in der Tat um sehr stark verwittertes Eisen, aber auch um Spuren anderer Substanzen, darunter stumpfe Splitter eines granulierten Materials, bei dem es sich möglicherweise um Glas handeln mochte.
Daraufhin ließ Gilmore vorsichtig ein zwanzig mal zwanzig Fuß großes Areal Zoll für Zoll waagrecht abgraben, weil er zu Recht vermutete, auf ein Artefakt gestoßen zu sein. In etwa zwei Fuß Tiefe stieß man auf weitere Rostspuren, und tags darauf zeichnete sich an der Grabungsstelle ein rechteckiger Umriss von etwa sechs mal zwölf Fuß Größe ab.
Oberst Gilmore fertigte eine maßstabgetreue Zeichnung des Umrisses an und ließ weiter Schicht für Schicht abdecken. Nach jeweils fünf Zoll Tiefe wurde der Umriss von neuem genau vermessen und eine weitere maßstabgetreue Skizze angefertigt, um den völlig verwitterten Gegenstand anschließend vertikal rekonstruieren zu können. Nach einem weiteren Fuß Tiefe war Gilmore felsenfest davon überzeugt, dass es sich nur um ein Artefakt handeln konnte. Als sich in zweieinhalb Fuß Tiefe der rechteckige Umriss zunächst auf einer Seite und in dreieinhalb Fuß Tiefe in seiner ganzen Fläche mit Rostspuren füllte, erkannte Gilmore, dass er die Überreste eines kastenähnlichen Gebildes vor sich hatte, wahrscheinlich eines Wagens, möglicherweise eines antiken Streitwagens, der hier im Schlamm versunken war. Der Schlamm musste ins Innere des Gefährts eingedrungen sein und den Innenraum völlig ausgefüllt haben wie der stützende Kern einer Gussform. Dadurch war das Fahrzeug sozusagen aufrecht stehend konserviert worden.
Mit Spatel und Pinsel bewaffnet, suchte Gilmore Pascha die Flanken des »Kastens« ab, um die Reste von Rädern zu finden, zunächst jedoch ohne Erfolg. Er wollte bereits aufgeben, weil er annahm, dass das Eisengefährt möglicherweise Holzräder besessen hätte, von denen keine Spuren mehr nachweisbar wären, als er vorn und hinten seitliche Auswüchse des »Kastens« entdeckte, die metallischer Natur waren und bei denen es sich sehr wohl um Räder oder Walzen gehandelt haben könnte. Das Fahrzeug hatte ursprünglich also vier Räder besessen, was bei einem antiken Streitwagen eine recht ungewöhnliche Konstruktion gewesen wäre.
Als Oberst Gilmore daranging, den Fund anhand der Horizontalskizzen vertikal zu rekonstruieren, schälte sich ein merkwürdiges Gebilde heraus, das eher einer leichten, niedrigen Equipage glich als jenen gepanzerten Streitwagen, die man von antiken Darstellungen her kannte.
Auf der einen Seite, die Gilmore instinktiv als »vorn« bezeichnete, schien sich ein größerer Metallblock befunden zu haben, der sich etwa bis zur halben Höhe der Seitenverkleidung über die Grundfläche des Chassis erhoben hatte. Ob es sich dabei um eine massive Plattform gehandelt haben mochte, auf dem der Wagenlenker seinen Platz hatte oder Bogenschützen standen, oder um eine Waffe, eine Art Rammbock oder dergleichen, wagte er nicht zu entscheiden. Auf jeden Fall schien das Fahrzeug von eher plumper Konstruktion zu sein und denkbar unpraktisch - unnötig massiv im Chassis und vor allem an der »Plattform«, dagegen fahrlässig schwach gepanzert an den Flanken. Vielleicht hatten sich dort
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