Der Letzte Tag Der Schoepfung
Lichtbildner in London, der eine Zeit lang in Reading Talbots Gehilfe gewesen war und heimlich nach dessen neuem Verfahren arbeitete, zu benachrichtigen und ihn zu bitten, nach Gibraltar zu kommen, um ein paar fotografische Aufnahmen von der Fundstelle zu machen.
Drei Wochen später war Archibald Wesley zur Stelle und belichtete etwa vierzig Platten, um den Rostfleck für die Nachwelt festzuhalten und für eine nachträgliche wissenschaftliche Auswertung zu retten. Sowohl ihm als auch Oberst Gilmore wurde zur Auflage gemacht, vorläufig nichts über die Angelegenheit zu publizieren. Daraufhin wurden die Schanzarbeiten weitergeführt und der Rest der Tonschicht abgegraben.
Als Oberst Gilmore 1846 in den Ruhestand trat, hätte ihn gewiss niemand mehr daran zu hindern versucht, über seinen Fund zu berichten, aber merkwürdigerweise sah er davon ab. Vielleicht hatte sein innerer Widerstreit zwischen Forscherinteressen und militärischer Loyalität sich endgültig zugunsten letzterer entschieden. Wahrscheinlicher aber ist, dass er zu dem Schluss gelangt war, als Amateur mit seinen Skizzen und technisch noch recht unzureichenden fotografischen Aufnahmen die Fachwelt nicht überzeugen zu können, er sich im Gegenteil heftiger Kritik ausgesetzt hätte, weil es ihm nicht gelungen war, Sir Walter in wünschenswertem Maße die Wichtigkeit des Funds und die Notwendigkeit einer eingehenden wissenschaftlichen Untersuchung durch Spezialisten klar zu machen. Seltsamerweise kam ihm nie zur Kenntnis, dass zwei Jahre nach seinem Rückzug ins Privatleben in Gibraltar ein weiterer Fund gemacht wurde. Man stieß bei erneuten Schanzarbeiten auf den Schädel eines Vormenschen, den man jahrzehntelang für den eines Menschenaffen hielt. Sir Walter Griffith war zu dem Zeitpunkt nicht mehr Kommandant von Gibraltar. Der Fund wurde in Fachkreisen bekannt, fand aber erst hundert Jahre später - nach den Forschungen der Leakeys - das Interesse der Spezialisten.
Als Gilmore Pascha am 25. Dezember 1874 hochbetagt in seinem Landhaus in der Nähe von Chatham bei London starb, fielen seine Unterlagen, den rätselhaften Streitwagen bei Gibraltar betreffend, der Vergessenheit anheim.
Sein Enkel, Edward George Gilmore jr., ein erfolgreicher junger Architekt und begeisterter Automobilist, gab 1898 das Landhaus bei Chatham auf, um es zu renovieren und an einen reichen Textilfabrikanten aus Manchester zu verkaufen. Vor dem Umzug nach London Westend, wo er sich ein Haus gebaut hatte, machte sich Edward Gilmore jr. persönlich die Mühe, die zum Teil uralten Papiere und Briefe, die sich auf dem geräumigen Speicher des Landhauses angesammelt hatten, zu sichten, bevor er sie verbrannte. Dabei stieß er auf ein Bündel mit zweiunddreißig ziemlich stark vergilbten Fotografien, die auf der Rückseite in der Handschrift seines Großvaters säuberlich beschriftet waren, auf denen er aber nichts zu erkennen vermochte als die schwungvoll gestaltete Firmenbezeichnung »Archibald Wesley, Calotype Atelier, Chiswick« in der rechten unteren Ecke. Beigefügt waren ein sorgfältig verschnürtes kleines Papierpäckchen, das indes nur graubraunen, mit harten Krümeln durchsetzten Staub enthielt - offenbar Knochenstaub, dachte Mr. Gilmore jr., bevor er es achtlos wegwarf - und ein Bündel Skizzen von der Hand seines Großvaters, darunter eine Zeichnung, auf der sich unschwer ein Automobil erkennen ließ.
Mr. Edward G. Gilmore jr. hielt den Atem an. Das Blatt trug das Datum: 12. März 1844. Moment mal, dachte er. Hatte der alte Oberst sich etwa heimlich als Erfinder betätigt? War er bereits 1844 drauf und dran gewesen, ein Automobil zu konstruieren? Seines Wissens hatte der alte Gilmore sich weniger für Technik als vielmehr für Ausgrabungen interessiert.
Mr. Gilmore betrachtete mit geübtem Auge die Zeichnung von allen Seiten. Die übrigen Skizzen stellten Risszeichnungen dar, die das Fahrzeug in verschiedenen Querschnitten zeigten. Um eine Kutsche handelte es sich auf keinen Fall, eher um ein Automobil, auch wenn es von recht merkwürdiger Form war, darauf deutete der Motorblock vorn hin. Er ging den gesamten Nachlass seines Großvaters durch, um weitere Hinweise auf dessen Erfindertätigkeit zu entdecken, aber vergeblich. Möglicherweise hatte es sich um ein Gerät für Erdbewegungsarbeiten oder um ein militärisches Vehikel gehandelt, das bei irgendeinem Spezialeinsatz oder im Festungsbauwesen Verwendung gefunden haben musste.
Mr. Gilmore jr. verlor das Interesse.
Weitere Kostenlose Bücher