Der letzte Tag: Roman (German Edition)
›Totenzähne‹ und die Fingernagelreste zur Universität von New Mexico, um unsere Ergebnisse überprüfen zu lassen. Ein Archäologe schätzte ihr Alter auf fünfhundert Jahre. Was ziemlich verrückt klang und zu neuen Spekulationen Anlass gab. Wir gingen nun also davon aus, dass diese Fragmente von einem Ding stammten, das Belial, Moloch und Baal benutzt hatten, um die Opfer damit zu erschlagen. Von etwas, das wir nie fanden. Egal ob Sie mir die Frage damals gestellt hätten oder heute stellen, ich gebe Ihnen genau die gleiche Antwort: Belial, Moloch und Baal erschossen die vier Opfer am Zaun und töteten dann diejenigen, die noch lebten mit einem Gegenstand, der aus Knochen und Zähnen uralter menschlicher Überreste gemacht worden war. Als Teil eines Rituals.«
»Eine Waffe? Um was für eine Waffe kann es sich denn da gehandelt haben?«
»Die Sekte hatte auch noch andere Dinge dort, die eigentlich in ein Museum gehört hätten. Wir fanden am Tatort weitere Bruchstücke, die über fünfhundert Jahre alt waren. Fetzen von Kleidern, die sie 1972 aus Frankreich hergebracht hatten. Die sie als Reliquien oder so was verehrten. Wir fanden auch Teile einer Bischofsmütze. Können Sie sich das vorstellen? Und eine Art Robe oder Kittel. Einen Schuh aus dem Holland zur Zeit der Religionskriege. Das alles lag in dem Raum herum, in dem wir die geköpfte Schwester Katherine fanden. Das ist das Beste, was der Frau je passieren konnte, wenn Sie mich fragen.«
»Was Bruder Belial betrifft: Den haben Sie doch mehrfach verhört .«
»Belial war völlig durchgeknallt. Lassen Sie sich bloß nichts anderes
erzählen. Als wir ihn immer wieder wegen der Nacht vom 10. Juli befragten, sagte er jedes Mal dasselbe. Dass die Zähne und der Fingernagel und die Kleiderfetzen den ›alten Freunden‹ gehörten oder auch ›den Blutsfreunden‹. Als wir ihn fragten, wer die denn seien, sagte er: ›Sie sind mit uns.‹ Und dann schaute er auf, als könnte er jemanden unter der Decke des Verhörzimmers sehen. Er forderte uns immer wieder auf: ›Schaltet die Lichter aus, und öffnet eure Augen!‹ Das war der übliche Schwachsinn, für den dieser Typ berühmt war.«
Kyle musste erst mal schlucken, weil ihm sonst die Stimme versagt hätte. »Levine hat einige Auszüge aus den Verhören von Belial in seinem Buch abgedruckt, auch das, was er bei der Vernehmung mit einem Lügendetektor sagte, die nach den Befragungen durch den Untersuchungsrichter stattfand. Sehr viele Leute dachten, er hätte das gefälscht.«
»Hat er nicht.«
»Aber was ist mit dieser Mordwaffe? Die mit den uralten Zähnen. Wer kann die denn vom Tatort entfernt haben, wenn Belial der einzige übrig gebliebene Erwachsene war?«
»Ich hatte immer das Gefühl, dass es die Hunde gewesen sein müssen. Einer der Hunde, die wir nie gefunden haben, muss das Ding mitgeschleppt haben. Irgendwo in die Wüste. Das Blut darauf könnte Aasfresser angelockt haben, Insekten, was auch immer. Wahrscheinlich liegt es immer noch irgendwo da draußen herum. Wurde wahrscheinlich ziemlich schnell unter einer Sandschicht begraben. Also präsentierten wir auf der abschließenden Pressekonferenz Belial als den einzigen noch lebenden Tatverdächtigen, der die fünf Menschen in der Kapelle der Sekte umgebracht hatte. Dafür sollte er vor Gericht gestellt werden. Vor der Exekution, die die Opfer offenbar gewollt hatten, halfen Moloch und Baal ihm dabei, den vier Personen, die am Zaun gefunden wurden, mit Gewehrschüssen tödliche Wunden zuzufügen. Dann wurden die vier von Belial, Moloch und Baal gemeinsam
endgültig getötet, wobei sie eine unbekannte Waffe benutzten. Dann exekutierte Belial seine Kameraden, nachdem sie ihn dazu aufgefordert hatten, außerdem noch Schwester Katherine und zwei andere Personen: Bruder Chemos und Bruder Erebus. Belial hat seine Tatbeteiligung nie bestritten. Er behauptete, er sei dafür von Schwester Katherine ausgesucht worden, und es sei eine Ehre gewesen dieses ›Fest für die alten Freunde‹ zu veranstalten.«
Das wiederholte Erwähnen dieser Freunde brachte Kyle derart aus der Fassung, dass die Muskeln in seinem linken Bein unkontrolliert zu zittern begannen. »Aber die Hunde? Und die Kinder? Die Bilder an der Wand? Der Nebel? Wie haben Sie sich das alles erklärt?«
»Das alles waren keine unmittelbaren Beweismittel in Bezug auf die Morde, nur Teil des ganzen, bitte entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise, beschissenen Gesamtbilds, das sich uns bot. Die
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