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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Max hockte sich in den Schatten. Schlug die Hände vor die weit aufgerissenen Augen.
    »Scheiße«, sagte Jed.
    Kyle schwieg und holte die Kamera aus seinem Rucksack. Sie lief immer noch. Er richtete sie auf die Wände und zur Decke der Lobby im zweiten Stock. Es sah hier ähnlich aus wie in der Eingangshalle, nur war alles etwas kleiner. Wenn es tatsächlich ein alter Kinopalast gewesen wäre, würde man von hier aus zu den teuren Logenplätzen gelangen. Kaum hatten sie den weiten Raum betreten, bleiben sie abrupt stehen, als der beißende Geruch nach Verwesung und Abwasser ihnen entgegenkam. Der faulige Gestank zeugte davon, dass hier irgendwo etwas monströs Hässliches existierte.
    Im Schein der drei Taschenlampen waren inmitten der schwarz verfärbten Wände verschiedene Silhouetten zu erkennen. Das waren die Stellen, an denen die Blutsfreunde eingedrungen waren, als sie sich manifestiert hatten. Unter der Decke waren mindestens ein Dutzend fossile Abdrücke zu sehen, die von dort heruntergefallen und auf dem Marmorboden gelandet waren, feucht und nach Leben quäkend. Abscheuliche fötale Existenzen. Postnatale Blasphemie.
    Was Kyle durch den Sucher seiner Kamera sah, raubte ihm fast den Verstand. Als er nach dem schweren Schock seine Gedanken wieder sammelte, bemerkte er eine Abgestumpftheit an sich, die ihn zwar irgendwie beruhigte, es aber auch unmöglich machte, Beine oder auch nur den Kiefer zu bewegen. Als er sich endlich wieder regen konnte, spürte er den schleimigen Schmierfilm von Nachgeburten unter seinen Stiefelsohlen.
    Wenn sie in dieser Welt wiedergeboren wurden, so vermutete er, waren sie wie neugeborene Kälber: klebrig, schmierig, halb transparent, unbeholfen, blind und feucht vom Fruchtwasser. Traten um sich und streckten die Glieder, nachdem sie so lange eingeschlossen gewesen waren. Er hatte sie nachts gehört, als sie das Trauma ihrer Reifwerdung erlitten. Hatte erlebt, wie sie die Mäuler aufrissen, um nach Essen zu schreien, nachdem sie auf der anderen Seite der Welt angekommen waren, noch bevor ihre Suche nach Nahrung blutiger Ernst wurde.
    Jed zündete eine weitere Magnesiumfackel an, und die perverse Katakombe leuchte grell auf, entpuppte sich als eine Art neolithische Höhle, an deren Wänden die versteinerten Überreste längst begrabener Existenzen wieder erschienen waren. Die satanischen Kritzeleien schienen zu vergehen, wie Fotografien, die zu früh dem Licht ausgesetzt wurden. Aber das grelle Leuchten bewirkte auch ein Herumhuschen schattenartiger Andeutungen um sie herum.
    Zwei Rundbögen führten aus der Lobby, und jenseits des
Saums der Finsternis, die durch das grelle Licht zurückgedrängt wurde, konnte Kyle dünne Glieder sehen, die zappelnd versuchten, der Helligkeit zu entkommen, um in die rettende Dunkelheit zu fliehen. Aus dem Stockwerk unter ihnen drang ein Heulen, Wimmern und Fiepen, das zu einem höllischen Crescendo anschwoll, durch das Treppenhaus herauf. Türen wurden aufgerissen und zugeschlagen, als wollten diese Unwesen ihren Protest äußern, aber vielleicht waren sie auch einfach nur aufgebracht und völlig durcheinander.
    »Wir müssen sie jetzt ganz schnell finden, Max.« Jed war das Grinsen vergangen. Ihre Situation war viel zu ernst, um Witze zu machen. »Das hier ist das Penthouse. Chet muss in einem der großen Zimmer sein. Es gibt hier oben zwölf davon. Sollen wir rechts oder links suchen?«
    »Weiß ich doch nicht«, schrie Max verzweifelt.
    »Gib mir eine von diesen Fackeln«, rief Kyle, während er die Kamera wieder im Rucksack verstaute. »Jed, du suchst das Zimmer. Max bleibt in der Mitte. Ich mach die Nachhut.« Jed warf Kyle eine Fackel zu. Er fing sie auf und fragte: »Wie funktioniert das Scheißding denn?«
    »Musst es irgendwo dran reiben wie bei einem Streichholz.«
    »Sie kommen die Treppe rauf«, sagte Max. Er schoss zweimal blind nach unten in die Dunkelheit, aus der sie gerade emporstiegen.
    »Mach sie fertig, Max!« Jed warf seine Fackel die Treppe hinunter. Die Schatten flohen vor dem blendenden Schein, bis das Magnesiumfeuer in einer grellen Explosion auf dem Marmorfußboden verging. »Los geht’s!« Jed lief auf den linken Rundbogen zu, hockte sich hin, feuerte zweimal zur Decke des Korridors. Eine zerfledderte Gestalt löste sich, stürzte aus der Dunkelheit herab und kam mit einem hässlichen Klatschen auf dem Fußboden auf. »Mir nach.« Jed ging weiter. Max folgte ihm so dicht, dass er beinahe gegen seinen Rücken prallte. Als

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