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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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auf der Treppe ausgerutscht war. Und rückte näher an den Lautsprecher heran. Drehte die Lautstärke auf. War da nicht irgendwas auf der Tonspur? Ja, genau da .
Da war ein schwaches Klappern zu hören. Ziemlich weit entfernt. Ein mehrmaliges Klopfen oder Schlagen, irgendwo im Hintergrund. Er spielte sich die Aufnahme noch dreimal vor, aber das konnte alles Mögliche sein.
    Er drückte wieder auf PLAY.
    Er horchte intensiv, um herauszuhören, ob auf der Tonspur irgendwas Merkwürdiges zu vernehmen war, hörte ihre Schritte, als sie in den Keller hinabstiegen, die eigenen Atemgeräusche, das Rascheln der Kleidung, aber es war nichts Ungewöhnliches dabei. Sie unterhielten sich über den eigenartigen Geruch, die Kamera neigte sich nach rechts und nach links, aber nichts war deutlich zu erkennen, bis Dan auf die Wand hinter dem Putzzeug zoomte. »Bingo.« Das Licht des Scheinwerfers traf auf die Wand, das Objektiv glitt über eine gelblich-braun verunreinigte Stelle. Schwenkte wieder zurück und nahm die undeutlichen Flecken ins Visier. Auf den ersten Blick sah es aus wie Verunreinigungen durch ausgetretenes Schmutzwasser.
    Kyle hielt die Aufnahme an, dann ließ er sie zurücklaufen, bis er den Fleck im weitesten Winkel vor sich hatte. Die Verfärbung erschien ihm jetzt wie eine zweite Schicht dicker Äste, die sich von der Wand aus erstreckten. Sie schimmerten wie durchsichtige Streifen oder Schlieren, die von so etwas wie Sand herrühren konnten, der innerhalb des Putzes verschmolzen war. Jedenfalls waren das keine Wasserflecken.
    Er ließ den Film wieder vorwärtslaufen, Bild für Bild. Die Schlieren wurden verzerrt, aber als sie wieder deutlich zu sehen waren, zog er die Luft ein. Er spulte zurück bis zu dem Moment, als Dan die Stelle entdeckt hatte. Und ging die Aufnahme wieder Frame für Frame durch. Und da war es zwei Einzelbilder lang zu sehen: Es sah aus wie eine dünne Wirbelsäule mit den dazugehörigen Rippenknochen.
    Er spulte wieder zurück. Schaute es erneut an. Hielt das Bild an. Ja, es könnte sich da in der Mitte dieses Flecks tatsächlich um
die glasig schimmernden Umrisse einer gebogenen Wirbelsäule handeln, die hinter den glänzenden Streifen undeutlich zu erkennen war wie eine fossile Ablagerung. Was zu dem Gedanken führte, dass die helleren Umrisse möglicherweise von magerem Fleisch herrührten, das einmal die Knochen umfing, jedenfalls sah es jetzt so aus, als würden sich diese Knochen unter einer Hülle von sehr transparenter Haut befinden. Über den Andeutungen der Überreste zweier zusammengeschrumpfter Schultern schienen sich längliche Fäden auszubreiten oder herumzuwabern wie fein gesponnene Strähnen an einem kleinen Schädel. Ein Kopf, der irgendwie zur Seite gekippt war.
    Kyle notierte sich den Timecode. Dann lehnte er sich zurück und starrte gebannt, verunsichert, aber auch verängstigt auf das Bild. Er schluckte und blickte sich in seinem Zimmer um, als erwartete er, dass noch jemand in seiner Nähe wäre. Er zündete sich eine Zigarette an. Sah sich selbst auf dem Bildschirm, wie er über die Kinder der Zusammenkunft sprach, bis er von Dans angespanntem Flüstern unterbrochen wurde. »Scheiße.«
    Schwach, aber immer noch hörbar. Ein dumpfer Schlag, der vom Mikrofon aufgenommen worden war. Als wäre jemand im Stockwerk über ihnen gegen die Tür gestoßen.
    Hinter der Kamera ertönte Dans angespannte, verängstigte Stimme. »Da ist eindeutig jemand im Haus. Du hast also doch die Tür aufgelassen.«
    Kyle verfolgte ganz aufmerksam, wie sein Abbild den Keller verließ und das Gebäude absuchte, während die Kamera weiterlief. Bis Dan sie im ersten Stock herunternahm, weil er pinkeln musste. Das Mikrofon an der Kamera hatte nichts weiter aufgenommen als den Klang ihrer Stimmen und die Geräusche ihrer Bewegungen. Er schämte sich ein wenig, weil er gesehen hatte, wie verängstigt sein Gesichtsausdruck war und wie hektisch seine Augen sich hin und her bewegten. Finger Mouse würde sich kaputtlachen.
    Der Bildschirm wurde schwarz, als Dan die Kamera abschaltete, bevor sie in das ehemalige Penthouse von Schwester Katherine im obersten Stockwerk hinaufstiegen.
    Kyle zog heftig an seiner Zigarette, während er darauf wartete, dass die nächste Szene begann. Er erinnerte sich daran, dass sie darauf verzichtet hatten, dort oben die Lampen einzuschalten, weil sie herausfinden wollten, wie das Penthouse in einer Nachtaufnahme wirkte, und dabei unterbrochen worden waren. Aber sie hatten

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