Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
zusammensackte. Catteau legte sie aufs Bett. Plötzlich hörte er an der Wand ein heftiges Klopfen. Er erschrak. Das musste der Nachbar sein. Von Griseldis Geminard hatte Catteau gehört, dass der pensionierte Lehrer sich durch die Musik ständig gestört fühlte. Hastig, nach nur oberflächlicher Beseitigung der Spuren, verließ Catteau die Wohnung und schlich sich durchs Treppenhaus nach unten.
In den Wochen davor hatte Patrice Montana seinen Cousin an den Sonnabenden zusammen mit Griseldis Geminard im Paradis gesehen. Als LaBréa und Jean-Marc ihn am Tag seiner Ermordung morgens in seiner Wohnung aufsuchten und ihm das Foto der alten Dame zeigten, hatte Montana offenbar eins und eins zusammengezählt. Er verabredete sich telefonisch mit Catteau in seiner Wohnung. Am Telefon erzählte er ihm von dem Gespräch mit der Polizei. Catteau war
gewarnt und steckte vorsichtshalber seine Pistole und den Schalldämpfer ein. Beides hatte er erst vor wenigen Tagen bei einem arabischen Schwarzhändler an der Place d’Alligre erstanden. Kurz nach halb eins ging Catteau in die Wohnung seines Cousins. Auf dem Weg dorthin rief er im Autohaus Frolet an und verabredete einen Probefahrttermin für den gebrauchten Ferrari. Mit den 25 000 Euro von Griseldis Geminard und weiteren Barbeträgen - er hatte in letzter Zeit einige Geldautomaten geknackt - wollte er sich endlich den langgehegten Traum von einem schnellen Auto erfüllen. Eine Woche zuvor hatte er seinem Cousin bereits entsprechende Prospekte gezeigt und dann in dessen Wohnung liegen lassen. Montana hatte ihn gefragt, woher er das Geld habe, um sich ein solches Auto kaufen zu können? Als die beiden Männer sich nun in Montanas Wohnung trafen, konfrontierte Montana Catteau mit seinem Verdacht. Alles passte zusammen. Catteau hatte diese alte Frau gekannt. Mit ihr geflirtet, getanzt und anschließend mit ihr das Paradis verlassen. Hatte er ihr das Geld für den Sportwagen abgegaunert? Und auch die andere, deren Foto die Bullen ebenfalls dabeihatten, hatte seinerzeit im Paradis verkehrt. Beide Frauen waren tot, und jetzt suchte die Polizei deren Mörder.
»Warst du das? Hast du die beiden umgebracht?«, herrschte Montana seinen Cousin an. Catteau antwortete nicht, und plötzlich fiel es Montana wie Schuppen
von den Augen. Entsetzt starrte er seinen Cousin an. »Damals, im Stellwerk... Dolly war gar nicht verschwunden! Du hast sie beiseitegeschafft, gib es zu! Eins sage ich dir: Mit Mord will ich nichts zu tun haben!«
»Was soll das heißen?«, antwortete Catteau. »Willst du mich verpfeifen? Tu’s ruhig, aber ich war’s nicht!«
Sie stritten sich eine Weile heftig, dann ging Montana zum Telefon. Catteau vermutete, dass er die Polizei anrufen wollte, und geriet in Panik. Er zog seine Pistole und schraubte rasch den Schalldämpfer auf. Montana wollte gerade eine Nummer wählen, als Catteau ihm die Waffe ins Genick drückte. Ohne zu zögern, drückte er ab. Die Nummer des Autohauses Frolet fiel ihm dann offenbar bei seiner übereilten Flucht aus der Wohnung aus der Tasche. Er bemerkte es nicht.
Nach seinem umfassenden Geständnis wirkte Michel Catteau erschöpft und zugleich wie befreit. Zum Mord an der Krankenschwester Leonore Foures bekannte Catteau sich nicht. Der Fall würde für immer ungeklärt bleiben.
Um halb acht wurde der vierfache Mörder in seine Zelle zurückgeführt.
LaBréa und Couperin hatte das Verhör erschöpft, und sie beschlossen, in einem ihrer Stammrestaurants an der Place Dauphine zu Abend zu essen. Das Caveau
du Palais befand sich in unmittelbarer Nähe des Justizpalastes, am westlichen Ende der Île de la Cite.
Der Himmel war klar, ein kalter Wind wehte. Unter den Bänken und auf den Kieswegen des Platzes hatte sich Laub angesammelt. In der Ferne sah man die goldene Kuppel des Invalidendoms und die Silhouette des Eiffelturms. Tief atmete LaBréa die frische Nachtluft ein. Die Mordfälle waren gelöst, der Täter hatte gestanden, alles Weitere lag jetzt in den Händen der Staatsanwaltschaft. Eigentlich sollte LaBréa erleichtert sein, wie immer nach einer schwierigen und erfolgreichen Ermittlung. Doch dieses Gefühl wollte sich diesmal nicht einstellen.
»Sie wirken bedrückt, Commissaire«, sagte Couperin, als sie wenig später beim Aperitif im Restaurant saßen. »So kenne ich Sie ja gar nicht.« Der Richter sah ihn prüfend an. »Mitleid mit dem Täter, LaBréa? Es erscheint mir fast so.«
LaBréa trank einen Schluck Pastis und
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