Der letzte Werwolf
flirrte aus der Dunkelheit ins Helle. Schlagartig wurde Valentina bewusst, dass sie soeben einen Einbruch begingen.
„Verdammt noch mal, was wir da machen, ist kriminell.“ Unwillkürlich flüsterte sie. „Wenn wir erwischt werden, fliegen wir hundertpro von der Schule.“
In Phils Augen flammte die reine Abenteuerlust. „Wenn … Du bleibst hier und stehst Schmiere.“
In diesem Augenblick hallten Schritte aus dem Foyer zu ihnen hoch, buntes Wortgeklingel wurde von einer durchdringenden Stimme überschallt.
Aufgescheucht rannte Phil aus der Besenkammer und beugte sich über das Treppengeländer. „Die Führung ist zu Ende“, sagte er erlöst. „Sie müssen die Nordtreppe benutzt haben. Super!“
Dorian lächelte Valentina aufmunternd zu. „Liebstes Mademoisellchen, itzt muss gehandelt werden!“ Damit duckte er sich und verschwand in der niedrigen Öffnung.
„Bitte sei vorsichtig, kleiner Bruder!“, sagte Valentina bedrückt, als sie Phils Bürstenschopf in der niedrigen Tür verschwinden sah.
Während sie vor der Besenkammer mit rasendem Herzen auf jedes Geräusch achtete, fanden sich die beiden Jungs in einem dunklen stickigen Gang, in dem Dorian gerade noch stehen konnte. Phil blinzelte verärgert in die konturlose Schwärze. Zu Hause neben der Garderobe lag Isoldes Taschenlampe – aber wie hätten sie auch ahnen können, in eine derart abenteuerliche Situation zu geraten. Jetzt waren sie allein auf den schwachen Lichteinfall von der Tür her angewiesen. Dorian tastete sich mit den Händen die Wände entlang und blieb, ehe die Dunkelheit sie völlig geschluckt hatte, stehen. Tageslicht zeichnete ein Rechteck aus weißen Linien in die Finsternis.
„Wow, eine Tür!“, entfuhr es Phil.
Dorian legte den Finger auf die Lippen. Dann horchten sie. Auf der anderen Seite war alles ruhig. In dem schmalen Lichtstreifen konnte Phil die Züge seines Freundes erkennen. In höchster Anspannung das Kinn nach vorn geschoben, wirkte er zu allem entschlossen. Glühend heiß schoss Phil etwas durch den Kopf: Was, wenn die Alarmanlage inzwischen wieder eingeschaltet war?
„Lasset uns auf das Glück vertrauen, das Ihnen, lieber Freund, schon in die Wiege gelegt war“, raunte Dorian, als hätte er seine Gedanken gelesen, und drückte auch schon mit beiden Händen gegen die lichtumschriebene Öffnung. Phil hielt die Luft an. Würde die Sirene losheulen? Aber alles blieb ruhig, selbst, als sich die Tapetentür endlich einen Spalt weit aufdrücken ließ. Es blieb jedoch bei diesem Spalt, der ihnen nicht mehr als den Blick in eine Abstellkammer erlaubte, allem Anschein nach in ein Depot von Möbeln und Gemälden, die zurzeit nicht im Museum gezeigt wurden. Nun legte auch Phil Hand an. Zu zweit gelang es ihnen, die Öffnung zu vergrößern. Doch irgendetwas auf der anderen Seite drohte, ihren Plan zu sabotieren.
„Auf drei!“, flüsterte Phil. „Eins – zwei – und …!“
Gemeinsam versetzten sie der Tür einen Stoß. Es knallte, polterte, Holz barst. – Gespenstische Ruhe kehrte ein. Dorian zog die Tür zu. Jetzt standen sie wie paralysiert im Dunkeln und warteten. Aber es geschah nichts. Phil wischte sich nach einigen quälenden Sekunden die Schweißperlen von der Stirn. „Sieht aus, als hätten wir Schwein gehabt.“
Mit klopfenden Herzen wagten sie einen Blick nach draußen und sahen, was sie angerichtet hatten. Die Beine wie tote Käfer nach oben gestreckt, lagen drei alte Polsterstühle auf dem rohen Dielenboden. Der Stapel musste umgefallen sein. Während Phil den geheimen Zugang wieder zudrückte, bewegte sich Dorian auf die Zimmertür zu. „Gott gebe, dass sie offen ist!“
Doch noch ehe er die Klinke berührte, schreckten hastig näher kommende Schritte die beiden auf. Dorian drückte sich an die Wand hinter die Tür, Phil suchte hinter einem Kistenstapel Deckung. Ein Schlüsselbund rasselte, das Schloss klickte und jemand trat ein.
„Heiliges Kanonenrohr! Wie ist denn das passiert?“ Der Mann, zu dem die verwunderte Stimme gehörte, war nicht sehr groß, er trug eine Schirmmütze und eine blaue Latzhose. Phil erkannte ihn sofort als den Hausmeister des Museums. Kopfschüttelnd richtete der Mann die Polstersessel auf und begutachtete eben eine angebrochene Lehne, als sein Handy klingelte. Das Telefon aus der Brusttasche fingernd, schweifte sein Blick prüfend durch den Raum. „Hallo?“
Eine Frauenstimme, die selbst durch den kleinen Lautsprecher noch wie eine Posaune klang,
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