Der letzte Wunsch
prächtiges Instrument von leichtem, kunstvoll mit Intarsien versehenem Holz und schlankem, geschnitztem Griff. Wortlos überreichte sie die Laute Rittersporn. Der Dichter nahm das Instrument, verneigte sich. Ebenfalls wortlos, doch seine Augen sprachen Bände.
»Leb wohl, seltsamer Mensch«, sagte Filavandrel leise zu Geralt. »Du hast recht. Es sind keine Worte nötig. Nichts ändert sich.«
Geralt schwieg.
»Nachdem ich es mir länger überlegt habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass du recht hattest. Vorhin, als wir dir leidtaten. Also dann auf Wiedersehen. Bis bald, bis zu dem Tag, an dem wir in die Täler kommen werden, um mit Anstand zu sterben. Wir werden dann nach dir Ausschau halten, ich und Toruviel. Enttäusche uns nicht.«
Eine Zeitlang blickten sie einander schweigend an. Und dann antwortete der Hexer knapp und einfach: »Ich will’s versuchen.«
VII
»Bei den Göttern, Geralt!« Rittersporn hörte auf zu spielen, drückte die Laute an sich, legte die Wange daran. »Dieses Holz singt von selbst! Diese Saiten leben! Welch ein wunderbarer Ton! Verdammt, für diese Laute sind ein paar Fußtritte und ein bisschen Angst ein sehr niedriger Preis. Ich hätte mich den lieben langen Tag treten lassen, wenn ich gewusst hätte, was ich dafür kriege. Geralt? Hörst du überhaupt zu?«
»Es lässt sich kaum vermeiden.« Der Hexer blickte vom Buch auf, sah zu dem Teufel hin, der noch immer verbissen auf einer sonderbaren Schalmei aus unterschiedlich langen Stücken Schilfrohr quietschte. »Ich höre euch, die ganze Gegend hört euch.«
»Dyvvelsjÿt, aber keine Gegend.« Torque legte die Schalmei weg. »Einöde und weiter nichts. Wildnis. Der Arsch der Welt. Ach, wie ich mein Hanffeld vermisse!«
»Das Hanffeld vermisst er«, lachte Rittersporn, während er vorsichtig die meisterhaft geschnitzten Wirbel der Laute nachzog. »Du hättest mucksmäuschenstill im Dickicht sitzen sollen, statt die Mädchen zu erschrecken, Dämme zu beschädigen und in den Brunnen zu pinkeln. Ich denke, jetzt wirst du vorsichtiger sein, und die Lust auf Streiche ist dir vergangen, was, Torque?«
»Ich liebe Streiche«, teilte der Teufel mit und bleckte dabei die Zähne. »Und ein Leben ohne Streiche kann ich mir nicht vorstellen. Aber meinetwegen, ich verspreche, dass ich mich in den neuen Gegenden mehr vorsehen werde. Ich werde mit mehr Zurückhaltung Streiche spielen.«
Die Nacht war bewölkt und windig, Windstöße bogen das Schilf nieder, ließen die Zweige der Sträucher rauschen, zwischen denen sie sich gelagert hatten. Rittersporn warf noch ein Scheit ins Feuer. Torque drehte sich auf der Lagerstatt hin und her und verscheuchte mit dem Schwanz die Mücken. Im See bewegte sich plätschernd ein Fisch.
»Unsere ganze Expedition an den Rand der Welt werde ich in einer Ballade schildern«, verkündete Rittersporn. »Und dich schildere ich auch darin, Torque.«
»Glaub bloß nicht, dass ich dir das durchgehen lasse«, knurrte der Teufel. »Dann schreibe ich auch eine Ballade und schildere dich so, dass du dich zwanzig Jahre lang nicht in anständiger Gesellschaft blicken lassen kannst. Sieh dich also vor. Geralt?«
»Ja?«
»Hast du irgendwas Interessantes in dem Buch gelesen, das du den Bauern abgegaunert hast?«
»Hm.«
»Dann lies es uns vor, solange das Feuer noch nicht erloschen ist.«
»Ja, ja.« Rittersporn klimperte aus den tönenden Saiten von Toruviels Laute. »Lies vor, Geralt.«
Der Hexer stützte sich auf den Ellenbogen und schob das Buch näher ans Feuer. »Sehen kann man sie«, begann er, »zur Sommerszeit, von den Tagen des Maien und des Brachets bis zu den Tagen des Gilbharts, am häufigsten aber geschieht es zum Sichelfest, so die Uralten ›Lammas‹ nannten. Sie erscheinet als die Blonde Jungfrau, ganz in Blumen, und alles, was lebet, strebet ihr nach und fällt ihr zu Füßen, sei es Kraut oder Tier. Darum heißet sie Lebin. Die Uralten nennen sie: ›Danamebi‹ und halten sie hoch in Ehren. Selbst die Langbärte, wenn sie gleich im Innern der Berge leben und nicht inmitten der Felder, achten sie und nennen sie ›Bluomarmagde‹.«
»Danamebi«, murmelte Rittersporn. »Dana Méadbh, die Feldjungfrau.«
»Wohin die Lebin tritt, blühet die Erde und trägt Frucht, und machtvoll mehret sich jegliches Geschöpf, denn solches ist ihre Macht. Alles Volk bringet ihr von der Ernte Opfer dar, in inniger Hoffnung, die Lebin möge ihr Land besuchen und nicht ein fremdes. Denn es heißet auch, dass
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