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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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bisher geschwiegen hatte. »Ich habe Freunde. Leute, die Lösegeld für uns bezahlen werden. Wenn du willst, auch in Form von Lebensmitteln. In jeder Form. Denk darüber nach. Dieses gestohlene Saatgut kann euch doch nicht retten . . .«
    »Nichts kann sie mehr retten«, unterbrach ihn Geralt. »Heul nicht vor ihm, Rittersporn, bettle nicht. Das hat keinen Zweck und ist erbärmlich.«
    »Für jemanden, der so kurze Zeit lebt« – Filavandrel lächelte gequält –, »zeigst du eine erstaunliche Todesverachtung, Mensch.«
    »Man wird einmal geboren und stirbt einmal«, sagte der Hexer ruhig. »Eine passende Philosophie für eine Laus, nicht wahr? Und deine Langlebigkeit? Du tust mir leid, Filavandrel.«
    Der Elf zog die Brauen hoch. »Erklär, weshalb.«
    »Ihr seid erbärmlich komisch, ihr mit den Säcken gestohlenen Saatguts auf den Packpferden, mit der Handvoll Samen, mit den paar Brocken, mit denen ihr überleben wollt. Und mit dieser Mission, durch die ihr eure Gedanken vom nahen Untergang ablenken wollt. Denn du weißt doch, dass es schon zu Ende geht. Im Hochland wird nichts aufgehen und nichts gedeihen, nichts kann euch mehr retten. Aber ihr seid langlebig, ihr werdet lange leben, sehr lange, in hochmütig gewählter Isolation, immer geringer an Zahl, immer schwächer, immer verbitterter. Und du weißt, was dann geschehen wird, Filavandrel. Du weißt, dass dann verzweifelte junge Männer mit den Augen hundertjähriger Greise und Mädchen, verblüht, unfruchtbar und krank, solche wie Toruviel, jene in die Täler führen werden, die noch Schwerter und Bögen zu halten vermögen. Ihr werdet in die blühenden Täler hinabsteigen, um den Tod zu finden, damit ihr würdig sterbt, im Kampfe, und nicht auf dem Siechenbett, auf das euch Blutarmut, Schwindsucht und Skorbut werfen. Dann, langlebiger Aén Seidhe, wirst du an mich denken. Du wirst daran denken, dass du mir leidgetan hast. Und wirst verstehen, dass ich recht hatte.«
    »Die Zeit wird zeigen, wer recht hatte«, sagte der Elf leise. »Und da liegt der Vorteil der Langlebigkeit. Ich habe die Chance, mich davon zu überzeugen. Und sei es wegen dieser gestohlenen Handvoll Getreide. Du wirst solch eine Chance nicht haben. In einem Augenblick stirbst du.«
    »Verschone wenigstens ihn.« Geralt deutete mit einer Kopfbewegung auf Rittersporn. »Nein, nicht aus pathetischer Barmherzigkeit. Aus Vernunft. An mich wird niemand denken, ihn aber werden sie rächen wollen.«
    »Du hältst nicht viel von meiner Vernunft«, sagte der Elf zögernd. »Wenn er dank dir überlebt, wird er sich zweifellos verpflichtet fühlen, dich zu rächen.«
    »Da kannst du Gift drauf nehmen!«, platzte Rittersporn heraus, totenbleich. »Kannst dich drauf verlassen, Hundesohn. Bring mich auch um, denn ich verspreche dir, dass ich sonst die ganze Welt gegen euch in Bewegung setze. Du wirst sehen, wozu die Läuse aus dem Pelz imstande sind! Wir erledigen euch, und wenn wir diese eure Berge dem Erdboden gleichmachen müssten! Dessen kannst du sicher sein!«
    »Was bist du doch dumm, Rittersporn«, stöhnte der Hexer.
    »Man wird einmal geboren und stirbt einmal«, sprach der Dichter trotzig, wobei die Wirkung dadurch, dass seine Zähne wie Kastagnetten klapperten, etwas geschmälert wurde.
    »Das entscheidet die Sache.« Filavandrel zog die Handschuhe hinterm Gürtel hervor und streifte sie über. »Es wird Zeit, diese Episode zu beenden.«
    Auf seinen knappen Befehl hin nahmen die Elfen mit Pfeil und Bogen gegenüber Aufstellung. Sie taten es schnell, offensichtlich hatten sie längst darauf gewartet. Wie der Hexer feststellte, kaute einer immer noch an einer Rübe. Toruviel, Mund und Nase über Kreuz mit Streifen von Stoff und Birkenrinde verbunden, stand neben den Bogenschützen. Ohne Bogen.
    »Sollen wir euch die Augen verbinden?«, fragte Filavandrel.
    »Geh weg.« Der Hexer wandte den Kopf ab. »Geh . . .«
    »A d’yeabl aép arse«, vervollständigte Rittersporn zähneklappernd.
    »O nein!«, meckerte plötzlich der Teufel los, lief herbei und deckte die Verurteilten mit seinem Körper. »Seid ihr von Sinnen? Filavandrel! Das haben wir nicht verabredet! Das nicht! Du solltest sie in die Berge bringen, in irgendeiner Höhle festhalten, bis wir hier fertig sind . . .«
    »Torque«, sagte der Elf. »Ich kann nicht. Ich kann kein Risiko eingehen. Hast du gesehen, was er mit Toruviel gemacht hat, und zwar gefesselt? Ich kann kein Risiko eingehen.«
    »Es geht mich nichts an, was du kannst

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