Der letzte Wunsch
haben im Gegensatz zu euch Menschen nie die Erde mit Hacken und Pflügen zerrissen. Euch zahlt die Erde einen blutigen Tribut. Uns beschenkte sie. Ihr entreißt der Erde mit Gewalt ihre Schätze. Für uns brachte sie Früchte und Blumen hervor, weil sie uns liebte. Nun ja, keine Liebe währt ewig. Doch wir wollen überdauern.«
»Statt Korn zu stehlen, kann man es kaufen. So viel, wie ihr braucht. Schließlich habt ihr viele Dinge, die die Menschen für ungewöhnlich kostbar halten. Ihr könntet Handel treiben.«
Filavandrel lächelte angewidert. »Mit euch? Niemals.«
Geralt verzog das Gesicht, dass die Kruste getrockneten Blutes aufriss. »Hol euch der Teufel, mitsamt eurer Arroganz und Verachtung. Wenn ihr nicht mit uns zusammenleben wollt, verurteilt ihr euch selbst zum Untergang. Zusammenleben, sich arrangieren, das ist eure einzige Chance.«
Filavandrel beugte sich heftig vor, seine Augen funkelten.
»Zu euren Bedingungen?«, fragte er mit veränderter, doch immer noch ruhiger Stimme. »Und eure Vorherrschaft anerkennen? Die eigene Identität verlieren? Zusammenleben als was? Als Sklaven? Parias? Mit euch über die Mauern hinweg zusammenleben, mit denen ihr euch in den Städten vor uns abschirmt? Mit euren Frauen zusammenleben und dafür den Galgen riskieren? Beziehungsweise zusehen, was den Kindern, die aus solch einem Zusammenleben hervorgehen, auf Schritt und Tritt widerfährt? Warum weichst du meinem Blick aus, seltsamer Mensch? Wie gelingt dir das Zusammenleben mit deinen Nächsten, von denen du dich ja etwas unterscheidest?«
»Ich komme zurecht.« Der Hexer blickte ihm geradezu in die Augen. »Irgendwie komme ich zurecht. Weil ich muss. Weil ich keinen anderen Ausweg habe. Weil ich Hochmut und Stolz auf mein Anderssein in mir bezwungen habe, denn ich habe begriffen, dass Hochmut und Stolz zwar ein Schutz vor dem Anderssein sind, aber ein erbärmlicher. Weil ich begriffen habe, dass die Sonne anders scheint, weil etwas sich ändert, und nicht ich bin der Angelpunkt dieser Veränderung. Die Sonne scheint anders und wird weiter scheinen, es hilft nichts, mit Steinen nach ihr zu werfen. Man muss die Tatsachen akzeptieren, Elf, das muss man lernen.«
»Das ist es, was ihr wollt, nicht wahr?« Filavandrel wischte mit dem Handrücken den Schweiß weg, der auf die blasse Stirn über den weißen Brauen getreten war. »Das wollt ihr den anderen beibringen? Die Überzeugung, dass jetzt eure Zeit gekommen ist, die Ära und Epoche der Menschen, dass das, was ihr den anderen Rassen antut, genauso natürlich ist wie der Auf- und Untergang der Sonne? Dass alle sich damit abfinden, es akzeptieren müssen? Und mir wirfst du Hochmut vor? Was sind denn die Ansichten, die du verkündest? Warum nehmt ihr Menschen nicht endlich die Tatsache zur Kenntnis, dass eure Herrschaft über die Welt genauso natürlich ist wie die Vermehrung von Läusen in einem Pelz? Ebenso gut könntest du mir vorschlagen, mit den Läusen zusammenzuleben, mit derselben Andacht würde ich den Läusen zuhören, wenn sie sich gegen die Anerkennung ihrer Überlegenheit zur gemeinsamen Nutzung des Pelzes bereit erklären würden.«
»Dann verschwende keine Zeit an Diskussionen mit einem so unangenehmen Insekt, Elf«, sagte der Hexer, der mit Mühe seine Stimme beherrschte. »Mich wundert, wie sehr es dich verlangt, in einer Laus wie mir Schuldgefühle und Reue zu wecken. Du bist zu bedauern, Filavandrel. Du bist verbittert, dürstest nach Rache und weißt um deine Ohnmacht. Also los, stich mich mit dem Schwert nieder. Räche dich an der ganzen menschlichen Rasse. Du wirst sehen, wie dir davon leichter wird. Tritt mich vorher in die Eier oder in die Zähne, wie deine Toruviel.«
Filavandrel wandte den Kopf ab. »Toruviel ist krank«, sagte er.
»Ich kenne diese Krankheit und ihre Symptome.« Geralt spuckte über die Schulter. »Das, womit ich sie behandelt habe, müsste helfen.«
»Wirklich, dieses Gespräch hat keinen Sinn.« Filavandrel stand auf. »Es tut mir leid, aber wir müssen euch töten. Mit Rache hat das nichts zu tun, es ist ein rein praktisches Erfordernis. Torque muss seine Aufträge weiter erfüllen, und niemand darf ahnen, für wen er das tut. Einen Krieg mit euch können wir uns nicht leisten, und zu Handel und Tausch geben wir uns nicht her. Wir sind nicht so naiv, dass wir nicht wüssten, wessen Vorhut eure Kaufleute sind. Wer nach ihnen kommt. Und welche Art Zusammenleben er mitbringt.«
»Elf«, meldete sich Rittersporn, der
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