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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Gokgokling stieß laute Geräusche aus, man konnte aber nicht ausmachen, ob es die Imitation eines neuen Tieres war oder ein Versuch, dem überfüllten Magen Erleichterung zu verschaffen.
    Eist Tuirseach lehnte sich weit über den Tisch. »Königin«, sagte er, »es gibt gewiss triftige Gründe, dass du dich die ganze Zeit dem Herrn Vierhorn widmest, doch ist es höchste Zeit, dass wir Prinzessin Pavetta zu Gesicht bekommen. Worauf warten wir? Doch wohl nicht darauf, dass sich Crach an Craite völlig betrinkt. Und dieser Augenblick ist nahe.«
    »Du hast recht, wie üblich, Eist.« Calanthe lächelte geduldig. Geralt wunderte sich fortwährend, wie reich ihr Arsenal an verschiedenen Arten des Lächelns war. »In der Tat, ich habe mit dem wohlgeborenen Herrn Ravix ungewöhnlich wichtige Dinge zu besprechen. Keine Angst, ich werde auch dir Zeit widmen. Doch du kennst mein Prinzip: Erst die Pflicht, dann das Vergnügen. Herr Haxo!«
    Sie hob die Hand, winkte dem Kastellan. Haxo erhob sich wortlos, verneigte sich, lief über die Treppe und verschwand auf der dunklen Galerie. Die Königin wandte sich wieder dem Hexer zu.
    »Hast du gehört? Wir verhandeln zu lange. Wenn Pavetta inzwischen fertig ist, sich vor dem Spiegel zu putzen, dann wird sie gleich hier sein. Spitz also die Ohren, denn zweimal sage ich es nicht. Ich will erreichen, was ich mir vorgenommen habe und was du einigermaßen richtig erraten hast. Andere Lösungen kommen nicht in Frage. Was dich betrifft, so hast du die Wahl. Du kannst durch meinen Befehl zum Handeln gezwungen werden ... Über die Folgen von Ungehorsam will ich mich nicht auslassen. Gehorsam, versteht sich, wird gebührend belohnt. Oder du kannst mir einen Dienst gegen Bezahlung erweisen. Wohlgemerkt, ich habe nicht gesagt, dass ich dich kaufen kann, denn ich habe beschlossen, deinen Stolz als Hexer nicht zu verletzen. Nicht wahr, das ist doch ein großer Unterschied?«
    »Die Größe des Unterschieds ist mir wohl entgangen.«
    »Dann pass besser auf, wenn ich mit dir spreche. Der Unterschied, mein Lieber, besteht darin, dass man jemanden, den man kauft, nach eigenem Ermessen bezahlt, wer jedoch einen Dienst erweist, bestimmt selbst den Preis dafür. Klar?«
    »Einigermaßen. Nehmen wir also an, dass ich die Form eines bezahlten Dienstes wähle. Aber ich muss doch wohl wissen, worin dieser Dienst bestehen soll?«
    »Nein, musst du nicht. Ein Befehl muss schon konkret und eindeutig sein. Etwas anderes ist es bei einem Dienst gegen Bezahlung. Ich bin an der Wirkung interessiert. An weiter nichts. Es ist deine Sache, mit welchen Mitteln du sie mir garantierst.«
    Als Geralt den Kopf hob, traf er auf den schwarzen, durchdringenden Blick Mäussacks. Ohne das Auge von dem Hexer zu wenden, zerbröckelte der Druide von Skellige scheinbar gedankenverloren ein Stück Brot in der Hand, ließ die Krümel fallen. Geralt schaute nach unten. Vor ihm auf der eichenen Tischplatte bewegten sich Brotkrümel, Grießkörner und rötliche Splitter der Krebsschale schnell wie Ameisen. Sie formten Runen. Die Runen vereinigten sich – nur für einen Augenblick – zu einem Wort. Einer Frage.
    Mäussack wartete, ohne den Blick von ihm zu wenden. Fast unmerklich nickte Geralt. Der Druide senkte die Lider, wischte mit steinernem Gesicht die Krümel vom Tisch.
    »Ihr edlen Herren!«, rief der Herold. »Pavetta von Cintra!«
    Die Gäste verstummten und drehten die Köpfe zur Treppe.
    Hinter dem Kastellan und einem blonden Pagen in scharlachrotem Wams kam die Prinzessin langsam, mit gesenktem Kopf herab. Ihre Haare hatten dieselbe Farbe wie die ihrer Mutter, aschgrau, doch sie trug sie zu zwei dicken Zöpfen geflochten, die bis unter den Gürtel reichten. Außer einem kleinen Diadem mit einer kunstvoll geschnittenen Gemme und einem Gürtel aus winzigen goldenen Kettengliedern, der das lange blau-silberne Kleid über den Hüften raffte, trug Pavetta keinerlei Schmuck.
    Von dem Pagen, dem Herold, dem Kastellan und Vissegerd geleitet, nahm die Prinzessin den freien Platz zwischen Philodor und Eist Tuirseach ein. Der ritterliche Herr von den Inseln kümmerte sich sogleich um ihren Pokal und unterhielt sie mit Plauderei. Geralt stellte nicht fest, dass sie mit mehr als einem Worte antwortete. Die Augen hielt sie ständig gesenkt, unter den langen Wimpern verborgen, die ganze Zeit, selbst während der lärmenden Trinksprüche, die von verschiedenen Stellen des Tisches auf sie einprasselten. Zweifellos machte ihre Schönheit

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