Der letzte Wunsch
nahm den ruhigen, giftgrünen Blick der Königin wahr. Den Kopf gesenkt, das Gesicht hinter dem auf Hände und Instrument herabfallenden Haar verborgen, zupfte Philodor leise die Laute.
»Ach, Geralt«, sagte Calanthe, während sie mit einer Handbewegung dem Diener verbot, in ihren Pokal nachzuschenken. »Ich rede, du aber schweigst. Wir sind auf einem Gastmahl, wir wollen uns alle gut unterhalten. Unterhalte mich. Ich fange an, deine zweckdienlichen Bemerkungen und scharfsinnigen Kommentare zu vermissen. Gut machen würde sich auch das eine oder andere Kompliment, eine Huldigung oder auch eine Versicherung deines Gehorsams. In beliebiger Reihenfolge.«
»Tja«, erwiderte Geralt, »zweifellos bin ich kein interessanter Tischgenosse. Ich kann mich nicht genug wundern, dass du ausgerechnet mir die Ehre gibst, diesen Platz einzunehmen. Du hättest ihn ja jemand weitaus Geeigneterem zuweisen können. Jedem, den du wolltest. Es hätte genügt, jemandem den Befehl zu erteilen oder jemanden zu kaufen. Es ist nur eine Frage des Preises.«
»Sprich, sprich.« Calanthe neigte den Kopf zurück, kniff die Augen etwas zusammen und legte den Anschein eines freundlichen Lächelns auf die Lippen.
»Ich bin also hochgeehrt und stolz, dass ich es bin, der neben der Königin von Cintra sitzt, deren Schönheit nur von ihrer Weisheit übertroffen wird. Für eine ebenso große Ehre halte ich es, dass die Königin von mir gehört zu haben beliebt und dass sie aufgrund dessen, was sie gehört hat, sich meiner nicht in banalen Sachen bedienen will. Vorigen Winter hat der weniger gnädige Fürst Hrobarik versucht, mich für die Suche nach einem hübschen Mädchen anzustellen, das seine ordinäre Buhlerei satthatte und von einem Ball floh, wobei es einen Schuh verlor. Es fiel mir schwer, ihn zu überzeugen, dass es dazu einen großen Jäger braucht und keinen Hexer.«
Die Königin hörte mit rätselhaftem Lächeln zu.
»Auch andere Herrscher, die dir, Frau Calanthe, an Weisheit nachstehen, sind nicht davor zurückgeschreckt, mir banale Aufgaben anzutragen. Größtenteils ging es ihnen um die banale Beseitigung eines Stiefsohns, eines Stiefvaters, einer Stiefmutter, eines Onkels, einer Tante, es ist schwer, alles aufzuzählen. Sie waren der Ansicht, es sei nur eine Frage des Preises.«
Das Lächeln der Königin konnte alles bedeuten.
»Ich wiederhole also« – Geralt senkte leicht den Kopf –, »dass ich mich vor Stolz nicht zu halten weiß, neben dir sitzen zu dürfen, Herrin. Denn der Stolz bedeutet uns Hexern viel. Du wirst nicht glauben, Königin, wie viel. Ein gewisser Herrscher hat einmal den Stolz eines Hexers verletzt, indem er ihm eine Arbeit anbot, ohne mit seiner Ehre und der Regel der Hexer zu rechnen. Mehr noch, er nahm die höfliche Absage nicht zur Kenntnis, wollte den Hexer festnehmen, ehe der sein Kastell verließ. Alle, die später dieses Ereignis kommentiert haben, stimmen darin überein, dass das nicht der beste Einfall jenes Herrschers war.«
»Geralt«, sagte Calanthe, nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte. »Du hast dich geirrt. Du bist ein sehr interessanter Tischgenosse.«
Gokgokling wischte den Bierschaum vom Schnurrbart und von der Jacke, warf den Kopf zurück und heulte durchdringend auf, eine sehr gelungene Nachahmung einer läufigen Wölfin. Die Hunde vom Hof und in der ganzen Umgebung fielen ein.
Einer der Brüder aus Strept, wohl Lehnhuck, hatte den Finger ins Bier getaucht und zog einen dicken Strich um die von Crach an Craite gezeichneten Formationen. »Falsch und unfähig!«, rief er. »Ihr hättet es anders machen müssen! Hier, auf den Flügel hätte die Reiterei geschickt werden müssen, dass sie von der Flanke her zuschlägt!«
»Ha!«, brüllte Crach an Craite und warf seinen Knochen auf den Tisch, dass Soßentröpfchen auf die Gesichter und Hemden seiner Nachbarn sprühten. »Und das Zentrum schwächen? Die Schlüsselstellung? Unsinn!«
»Nur ein Blinder oder ein Geisteskranker nutzt in einer solchen Lage nicht die Möglichkeit eines Manövers!« »Jawohl! Richtig!«, schrie Windhalm von Attre.
»Wer hat denn dich gefragt, Hosenscheißer?«
»Selber Hosenscheißer!«
»Halt den Schnabel, sonst kriegst du eins mit diesem Knochen!«
»Setzt dich auf den Arsch und sei still, Crach«, rief Eist Tuirseach, der zuvor mit Vissegerd gesprochen hatte. »Schluss mit dem Zank. He, Herr Philodor! Es ist schade um Euer Talent! Fürwahr, man braucht mehr Konzentration und Aufmerksamkeit, um
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