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Der letzte Wunsch

Der letzte Wunsch

Titel: Der letzte Wunsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Gehörnte los. Es war schwer einzuschätzen, ob er damit die Frage bejahte oder verneinte oder ob das Meckern Selbstzweck war.
    »Sei still, Rittersporn«, blaffte der Hexer. »Kein Wort!«
    »Blebleblebäääh!«, kollerte das Wesen wütend, wobei das Maul weit aufging und gelbe Pferdezähne sehen ließ. »Uk! Uk! Uk! Blähubääähublähuuubäääh!«
    »Ganz und gar.« Rittersporn nickte. »Leierkasten und Glöckchen gehören dir. Wenn du nach Hause gehst, kannst du sie mitnehmen.«
    »Hör auf, verdammt«, zischte Geralt. »Du verdirbst alles. Behalt deine dummen Witze für dich . . .«
    »Witze!!«, brüllte der Gehörnte und sprang hoch. »Witze, bäääh, bäääh! Wieder Witzbolde, was? Mit Eisenkugeln? Ich werd euch Eisenkugeln geben, ihr Mistkerle, uk, uk, uk! Witze wollt ihr, bäääh? Da habt ihr! Da habt ihr eure Kugeln! Da!«
    Das Wesen sprang hoch und holte heftig mit dem Arm aus. Rittersporn heulte auf und plumpste auf den Pfad, die Hände an die Stirn gepresst. Das Wesen meckerte los, holte abermals aus. Etwas schwirrte an Geralts Ohr vorbei.
    »Da habt ihr eure Kugeln! Bäääh!«
    Eine zollgroße Eisenkugel prallte dem Hexer gegen die Brust, die nächste traf Rittersporn am Knie. Der Dichter fluchte grässlich und wandte sich zur Flucht. Geralt setzte ihm ungesäumt nach, und über seinem Kopf schwirrten die Kugeln.
    »Uk! Uk! Baääh!«, brüllte der Gehörnte auf und ab springend. »Euch werd ich eure Kugeln geben! Witzbolde, elende!«
    Eine Kugel schwirrte durch die Luft, Rittersporn fluchte noch gemeiner und fasste sich ans Hinterteil. Geralt sprang zur Seite, in den Hanf, entging einem Treffer zwischen die Schultern aber nicht. Es war nicht zu leugnen, der Teufel warf bestürzend zielsicher und schien einen unerschöpflichen Vorrat an Kugeln zu haben. Während er durch das Dickicht brach, hörte er den siegreichen Teufel noch triumphierend meckern, gleich darauf das Schwirren der nächsten Kugel, Rittersporns Flüche und das Tappen seiner Füße, als er den Pfad entlang floh.
    Und dann war es still.

IV
    »Also weißt du, Geralt« – Rittersporn legte sich ein im Bottich gekühltes Hufeisen auf die Stirn –, »das hätte ich nicht erwartet. So ein gehörnter Tölpel mit Ziegenbart, so ein fellbewachsener Bock, und hat dich wie den ersten besten armen Schlucker gejagt. Und ich hab eins auf den Kopf gekriegt. Sieh doch, was ich für eine Beule habe!«
    »Du zeigst sie mir zum sechsten Mal. Sie sieht nicht größer aus als beim ersten.«
    »Wie nett von dir. Und ich dachte, dass ich zusammen mit dir in Sicherheit bin!«
    »Ich habe dich nicht gebeten, mir in den Hanf nachzulaufen. Ich habe dich vielmehr gebeten, deine vorlaute Zunge im Zaum zu halten. Du hast nicht auf mich gehört, also musst du jetzt leiden. Und zwar still, wenn ich bitten darf, denn es kommt gerade jemand.«
    In die Stube traten Brennessl und der untersetzte Dhun. Hinter ihnen trippelte ein Großmütterchen, grau und krumm wie eine Brezel, von einer blonden und frappierend mageren Halbwüchsigen geführt.
    »Herr Dhun, Herr Brennessl«, begann der Hexer ohne Vorrede. »Ehe ich aufgebrochen bin, habe ich gefragt, ob Ihr schon selbst versucht habt, etwas mit diesem Eurem Teufel zu unternehmen. Ihr habt gesagt, dass Ihr nichts getan hättet. Ich habe Grund zu der Annahme, dass dem nicht so war. Ich erwarte Erklärungen.«
    Die Dörfler murmelten miteinander, worauf Dhun in die Faust hüstelte und einen Schritt vortrat. »Recht habt Ihr, Herr. Verzeiht bitte. Wir haben geschwindelt, denn die Scham hat uns verzehrt. Wir wollten den Teufel selber überlisten, damit er von uns wiche . . .«
    »Auf welche Weise?«
    »Bei uns im Tal«, sprach Dhun langsam, »sind schon früher Scheusale aufgetaucht. Drachen in der Luft, Winder am Erdboden, Wurdulaken, Fangpire, gewaltig große Spinnen und allerlei Schlangengezücht. Wir aber haben allemal Mittel gegen die Brut in unserem Buche gesucht.«
    »In welchem Buche?«
    »Zeigt das Buch, Großmutter. Das Buch, sag ich. Das Buch! Gleich fahr ich aus der Haut! Stocktaub! Lille, sag der Großmutter, sie soll das Buch zeigen!«
    Das blonde Mädchen entwand den klauenförmigen Fingern der Alten ein großes Buch und reichte es dem Hexer.
    »In selbigem Buche«, fuhr Dhun fort, »wo wir seit unvordenklichen Zeiten in unserem Geschlecht bewahren, stehen Mittel gegen alle Ungeheuer, Zauber und Sonderlichkeiten, die es auf der Welt gab, gibt oder geben wird.«
    Geralt drehte einen schweren, dicken,

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