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Der Leuchtturm am Ende der Welt

Der Leuchtturm am Ende der Welt

Titel: Der Leuchtturm am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht, sich der Küste Amerikas zu nähern. Nach der Meinung des Oberwärters Vasquez mußten das Walfänger sein, die sich nach den Fangplätzen der antarktischen Gewässer begaben. Wie zur Bestätigung tauchten auch bald einzelne Spritzwale auf, die aus höhern Breiten kamen. Sie hielten sich auf dem Wege nach dem Großen Ozean aber alle in reichlicher Entfernung von der Severalspitze.
    Bis zum 20. Dezember war, außer den meteorologischen Beobachtungen, nichts zu notieren. Das Wetter war mehr veränderlich geworden, mit Windstößen, die zwischen Nordost und Südost wechselten. Wiederholt kam es zu starken Regenfällen, die zuweilen – ein Zeichen einer gewissen elektrischen Spannung der Atmosphäre – mit leichtem Hagel vermischt niederprasselten.
    Das deutete auch auf bevorstehende Gewitter, die, besonders zu dieser Jahreszeit, recht schwer werden konnten.
    Am Morgen des 21. schlenderte Felipe rauchend auf dem Hof umher, als er nach der Seite des Buchengehölzes ein Tier zu bemerken glaubte.
    Erst sah er einige Augenblicke in dieser Richtung hinaus, dann holte er aber ein Fernrohr aus der gemeinschaftlichen Wohnstube.
    Felipe erkannte jetzt leicht ein großes Guanako. Das bot vielleicht Gelegenheit zu einem glücklichen Schusse.
    Vasquez und Moriz, die er herbeigerufen hatte, traten sofort aus einem der Nebengebäude und eilten auf ihren Kameraden zu.
    Alle stimmten überein, schnellstens zur Jagd aufzubrechen. Gelang es, das Guanako zu erlegen, so bedeutete das einen Gewinn an frischem Fleisch, das in den gewöhnlichen Speisezettel eine angenehme Abwechslung bringen mußte.
    Man einigte sich also dahin, daß Moriz, mit einem Gewehr ausgerüstet, hinausgehen und das Tier, das sich jetzt ganz ruhig verhielt, möglichst unbemerkt umschleichen und es dann nach der Seite der Bucht treiben sollte, wo ihm Felipe schußbereit auflauern würde.
    »Nehmt euch aber gut in acht, Jungens! ermahnte sie Vasquez. Das Viehzeug hat ein sehr seines Gehör und einen scharfen Geruch. Sobald das da draußen Moriz selbst in großer Ferne sieht oder wittert, läuft es so schnell davon, daß ihr weder darauf schießen, noch es überholen könnt. Laßt’s dann unbelästigt, sehr weit kann es ja nicht entfliehen. Verstanden?
    – Natürlich«, antwortete Moriz.
    Vasquez und Felipe stellten sich am Rande des Hofes auf und erkannten mit Hilfe des Fernrohrs, daß das Guanako sich noch immer auf dem kleinen offenen Platz befand, wo es zuerst bemerkt worden war. Sie behielten jetzt also vor allem Moriz im Auge.
    Dieser schlich sich auf das Buchengehölz zu. Von diesem gedeckt, konnte er vielleicht die Felsen in der Nähe erreichen, ohne das Tier zu erschrecken, und ihm dann von rückwärts her näher kommen, um es nach der Seite der Bucht fortzujagen.
    Seine Kameraden konnten ihm mit den Blicken folgen, bis er das Gehölz erreichte, unter dem er verschwand.
    Jetzt verlief etwa eine halbe Stunde. Das Guanako hielt sich noch immer unbeweglich, und Moriz mußte ihm jetzt nahe genug sein, darauf schießen zu können.
    Vasquez und Felipe erwarteten also jeden Augenblick, einen Knall zu hören und das Tier mehr oder weniger schwer verletzt zusammenbrechen oder es in aller Hast entfliehen zu sehen.
    Es fiel aber kein Schuß, und zu Vasquez’ und Felipes größtem Erstaunen streckte sich das Guanako, statt davonzulaufen, mit schlaff herabhängenden Beinen und zusammengesunkenem Leibe auf dem steinigen Boden aus, als fehlte es ihm an Kraft, sich länger aufrecht zu halten.
    Fast gleichzeitig erschien Moriz, dem es gelungen war, sich hinter den Felsblöcken heranzuschleichen, und ging auf das still daliegende Guanako zu. Er beugte sich darüber, betastete es mit der Hand und hob es ein Stück in die Höhe. Dann wendete er sich der Einfriedigung zu und machte dahin ein nicht mißzuverstehendes Zeichen, womit er seine Kameraden aufforderte, zu ihm herzukommen.
    »Da liegt etwas besondres vor, sagte Vasquez, komm’ mit, Felipe.«
    Beide eilten von dem hochgelegenen Hofe hinunter und liefen auf den Buchenwald zu.
    Schon in zehn Minuten hatten sie die Strecke bis dahin zurückgelegt.
    »Nun… das Guanako? fragte Vasquez.
    – Hier liegt es, antwortete Moriz und wies auf das Tier zu seinen Füßen.
    – Ist es tot? fragte Felipe.
    – Ja… tot, erwiderte Moriz.
    – Also vor Alter eingegangen?
    – Nein, infolge einer Verwundung.
    – Verwundung?… Es ist verwundet worden?
    – Ja, durch eine Kugel in die Seite.
    – Wie… durch eine Kugel?«

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