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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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Mein Reservekorsett erregte einen Augenblick lang ihre Neugier:
    »Was ist das hier?« fragte der Soldat, der es gefunden hatte.
    »Ein Verband für gebrochene Rippen«, erwiderte ich, ohne mit der Wimper zu zucken, und der Schreiber notierte »eine große Leibbinde«.
    Natürlich gab es nichts, was mich wirklich belasten konnte. Ich hatte mir ein wenig Sorgen gemacht, Xanthos habe vielleicht etwasins Haus geschmuggelt, aber das wäre äußerst schwierig für ihn gewesen, da der eine oder andere meiner Sklaven meistens anwesend war. Als sich die Durchsuchung jedoch immer länger hinzog, wurde mir ziemlich unbehaglich bei dem Gedanken, wie viele giftige Arzneimittel ich im Hause aufbewahrte.
    Vergiftung und Zauberei treten stets zusammen auf. Und es stimmte zwar, daß meine Bücher samt und sonders medizinische Texte waren, aber ich erinnerte mich daran, wie der Soldat in Alexandria auf die Illustration in meinem Galen reagiert hatte. Ein Statthalter oder sein Stellvertreter, die diese Liste des Schreibers überprüften, würden wahrscheinlich das Gefühl haben, hier seien noch einige zusätzliche Untersuchungen erforderlich, vor allem, falls Xanthos noch ein paar von seinen Geschichten über angebliche Zauberei vorbrachte und Zeugen benannte, die von meinem Ruf als Zauberer gehört hatten. Es war in der Tat sehr wahrscheinlich, daß man meine Sklaven folterte. Es war sogar wahrscheinlich, daß man nach ihrer Zeugenaussage auch mich folterte. Jesus Christ, dachte ich, nicht schon wieder.
    Doch Thrazien war nicht Alexandria. Ich hatte mächtige Freunde hier. Sebastianus konnte die Dinge vielleicht mit dem Statthalter regeln, und Athanaric hatte ebenfalls einigen Einfluß. Sebastianus hielt sich gegenwärtig irgendwo flußaufwärts auf; Athanaric sollte eigentlich bald vom anderen Donauufer zurücksein. Ich mußte mit allen beiden sprechen und mich ihrer Hilfe versichern.
    Die Soldaten gingen fort und baten mich für ihr Eindringen um Entschuldigung. Sueridus und Raedagunda sahen mich unglücklich an. Man hatte ihnen den Grund für die Durchsuchung genannt, und es war ihnen inzwischen klargeworden, was dies für sie bedeuten könnte. Ich lächelte. »Macht euch keine Sorgen«, versuchte ich ihnen Mut zuzusprechen. »Ich bin unschuldig, und genau das wird der Statthalter schon beim ersten Verhör herausfinden. Der Heerführer und der vortreffliche Athanaric werden uns ihren Schutz angedeihen lassen.«
    Sie machten einen erleichterten Eindruck. Der Heerführer war die höchste Autorität Skythiens, zumindest was sie betraf, und Athanaric war sowohl als Gote als auch als Römer ein Mensch von unvergleichlicher Vornehmheit. Mit ihrer Protektion dürfte uns eigentlich nichts passieren. Vertrauensvoll machten sie sich wieder an ihre Arbeit. Ich ging in mein Zimmer und wünschte, ebenso sicher sein zu können wie sie.
    Unmittelbar nach Diokles’ Beerdigung machte sich Xanthos auf den Weg nach Tomis, um seine Klage beim Provinzgericht vorzubringen. Er mußte einen Haufen Bestechungsgelder ausgegeben haben, da die Voruntersuchung für Ende Juni angesetzt wurde, also bereits zwei Monate später. Eigentlich hätte ich bis zu diesem Termin ins Gefängnis gesperrt werden müssen, da Mord aufgrund von Zauberei eine äußerst schwerwiegende Anschuldigung ist. Doch die zivilen Gerichtshöfe haben keine Befugnis, einen Haftbefehl in einem Armeelager zu erzwingen. Aus Tomis kamen mehrere Beamte und sprachen mit Valerius und anschließend auch mit mir. Ich versprach ihnen, in der angesetzten Verhandlung persönlich zu erscheinen, und sie gingen wieder fort, erleichtert über soviel Hilfsbereitschaft. Sebastianus war wütend, als ich ihm erzählte, was passiert war. Als erstes befahl er Xanthos zu sich und drohte ihm damit, ihn sofort an die Luft zu setzen, falls er die Klage nicht zurückzog. Doch Xanthos weigerte sich. Ich hätte Diokles ermordet, erwiderte er, und ich würde ihn ermorden, wenn er mich nicht vorher aburteilen ließe.
    »Zur Hölle mit ihm!« meinte Sebastianus hinterher mir gegenüber. »Ich hätte ihn gleich an die Luft setzen sollen, als du damals hier aufgetaucht bist.«
    Er hatte mich zum Abendessen ins Präsidium eingeladen, um den Fall mit mir durchzusprechen, aber er war viel zu wütend, um etwas essen zu können. Er ging ans Fenster und starrte eine Zeitlang mit finsterem Blick hinaus, dann trank er seinen Becher mit unverdünntem Wein aus und stierte auf den leeren Grund. »Ich hätte nie gedacht, daß Bosheit

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