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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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mich in der Präfektur empfangen. Er ist ein junger Mann, dunkelhaarig, breitschultrig, schlecht gewachsene Zähne. Er sagt, es täte ihm leid, daß ich wegen der Terminverschiebung verärgert sei, aber er glaube nicht, daß es etwas ausmache.«
    Ich fing an zu lachen; es dauerte eine ganze Weile, bevor ich aufhören konnte. Die anderen beiden beobachteten mich mißtrauisch. »Er hat recht«, meinte ich schließlich. »Ihr hättet euch nicht bemühen brauchen, mich nach Tomis zu begleiten. Keiner von euch beiden. Ich könnte morgen in jenen Gerichtssaal spazieren und einen mit magischen Symbolen bestickten Umhang tragen und eine Hymne auf Hermes Trismegistos anstimmen: Der Statthalter würde mich trotzdem freisprechen. Heiliger Unsterblicher! Thorion, Statthalter von Skythien! Oh, Herr im Himmel!« Athanarics verwirrte Miene hellte sich auf.
    »Da gab es doch einen Brief von einem gewissen Theodoros zwischen deinen Sachen in Alexandria.«
    »Es ist der nämliche Theodoros.«
    Athanaric lächelte und erklärte Sebastianus die Sache. ›»Lieber Charition, hör damit auf, diesen verdammten Erzbischof zu behandeln und komm zu mir nach Konstantinopel; Maia würde sich sehr freuen, dich wiederzusehen.‹ Woher kennt Euer Gnaden denn den nun her?« Er schnippte mit seinen Fingern und beantwortete sich seine Frage selbst. »Jetzt erinnere ich mich, ich habe gehört, du wärest der Schützling eines Theodoros von Ephesus. Aber sein Brief klang so, als seiest du ein Mitglied seines Haushalts.«
    »Das war ich auch – so etwas Ähnliches. Ich war ein Familienangehöriger seines Erziehers, wir wuchsen zusammen auf, haben zusammen Homer studiert. Er sorgte dafür, daß ich Latein lernte, damit ich ihm bei seinen Lektionen helfen konnte. Er schrieb mir, er erwarte bald einen Posten als Statthalter zu bekommen, doch er verriet nicht, wo; vielleicht wollte er mich überraschen.«
    »Das hat er dann ja auch geschafft«, meinte Sebastianus, der jetzt ebenfalls lächelte. »Bist du sicher, daß er dich freisprechen wird?«
    »Xanthos tut mir leid«, erwiderte ich.
    »Nun gut. Glaubst du, es könnte etwas schaden, wenn ich Daphne wieder hereinrufe und wenn wir noch ein kleines Fest vor dem großen Ereignis feiern?«
    Er rief Daphne wieder herein und ließ einen neuen Krug Wein kommen, und wir feierten ein Fest. Es wurde ein recht fröhliches Fest, und wir sprachen reichlich dem Weine zu. Daphne sang ein paar äußerst komische und vulgäre Lieder, und Sebastianus torkelte schließlich Arm in Arm mit ihr zu Bett und ließ Athanaric und mich den Wein austrinken. »Der Glückliche!« meinte Athanaric und starrte Sebastianus verdrießlich hinterher.
    Ich sagte nichts. Meine erste freudige Erregung war vorüber, und ich begann mir Sorgen über mein Wiedersehen mit Thorion zu machen. Die Provinz, die er dem obersten Palastbeamten gegenüber erwähnt hatte, war also Skythien, und es war auch kaum so überraschend, daß er sie bekommen hatte, da sie nicht unbedingt zu den Provinzen gehörte, die jeder wollte – nicht so reich wie die asiatischen oder ägyptischen oder so angesehen wie Syrien oder Bithynien. Thorion hatte sie um meinetwillen gewollt, um mich dazu überreden zu können, nach Hause zu kommen. Was würde er wohl denken, wenn er mich sah?
    »Ich wünschte, ich hätte auch so ein Mädchen«, sagte Athanaric und gaffte immer noch hinter Daphne her. »Aber wahrscheinlich würde sie nicht lange bei mir bleiben. Ich reise viel zuviel umher. Die Nachteile eines Lebens als Kurier! Ich glaube, du hast gar nicht so recht Notiz von ihr genommen.«
    »Doch, sie hat sehr nett gesungen«, antwortete ich mit kraftloser Stimme. Thorion war plötzlich aus meinen Gedanken verschwunden, wie ein Stein, den man ins tiefe Wasser wirft, ein paar Wellen wirft und dann spurlos verschwindet. Mein Bewußtsein glich einem Spiegel, der nichts außer Athanaric reflektierte. »Und sie ist hübsch.«
    »Das kann man wohl sagen«, erwiderte Athanaric. Er hielt inne, blickte zur Tür und starrte mich einen Augenblick lang an: Im Licht der Lampe leuchteten seine Augen in einem lebhaften Blau. »Eines habe ich mich oft gefragt, Chariton. Möchten Eunuchen auch… ich meine, hast du jemals eine Frau gewollt?«
    »Nein«, antwortete ich. Ich mußte nach Luft ringen; meine Ohren summten. »Andere vielleicht… manchmal. Ich weiß es nicht.«
    »Du bist wahrscheinlich besser dran ohne dergleichen Gelüste.« Athanaric richtete sich auf, reckte sich und gähnte. »Die

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