Der Leuchtturm von Alexandria
paar Verschwörern, wer dem gegenwärtigen Augustus nachfolgen würde.«
»Es sagte, ein Theodoros würde nachfolgen. Das weiß doch jeder.«
Ich schüttelte den Kopf. »Die Verschwörer befragten es, wer Valens nachfolgen würde, und die Antwort lautete THEOD, mehr nicht. Sie folgerten einfach ›Theodoros‹ und fragten nicht weiter nach: Es hätte aber auch Theodotos oder Theodoulos bedeuten können – oder Theodosius. Vielleicht sah Valens jemanden mit einem derartigen Namen nicht so gerne auf einem solch wichtigen Posten und schickte Gratianus seinetwegen eine Botschaft.«
Sebastianus war etwas irritiert, aber er schüttelte den Kopf.
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Mann wie der Heerführer Theodosius allein aufgrund eines derartigen Gerüchts hingerichtet werden sollte. Obwohl diesem verdammten Orakel eine Menge Männer zum Opfer gefallen sind. Man behauptet, unser Herr, der Augustus Valens, nimmt es sehr ernst. Es hat auch ihm den Untergang geweissagt.«
Von diesem Teil des Orakels hatte ich noch nie etwas gehört. Ich starrte Sebastianus überrascht an und fragte ihn: »Was hat es denn gesagt?«
»›Tisiphones heiliger Zorn wird zur Waffe des Verhängnisses, wenn Ares über die Ebene von Mias rast.‹ So soll sein Spruch gelautet haben. Die Leute behaupten, unsere Erhabene Majestät habe seitdem Angst, sich irgendwo in Asien aufzuhalten – ich glaube, es gibt dort einen Berg, der Mimas heißt.«
»Ja, in der Nähe von Erythrae. Aber ich würde einem Orakel nicht trauen. Selbst wenn sein Spruch etwas Wahrheit enthält, drückt es sich bestimmt irreführend aus, so wie bei jenem Mann, dem geweissagt wurde, er werde in Alexandria sterben und der sich sein ganzes Leben lang krampfhaft bemühte, diese große Stadt zu meiden, nur um in einem winzigen Dorf gleichen Namens zu sterben.«
»Orakel führen in die Irre, das stimmt. Herr im Himmel, ich wünschte, dieses wäre niemals überliefert worden! Ich hatte gehofft, man habe es bereits vergessen.«
In diesem Frühjahr erhielt ich auch einige Neuigkeiten von Thorion. Er schickte mir einen begeisterten Brief aus Antiochia, wo er eine neue Stellung als Assessor am Gerichtshof bekleidete. Er machte sich Hoffnungen auf eine weitere Beförderung, diesmal zum Statthalter.
Der Präfekt Modestus haßt mich, aber der oberste Palastbeamte ist mein Freund. Ich habe jetzt zwei Amtsperioden als Assessor hinter mir, und in der vorigen Woche traf ich den Erlauchten im Hippodrom. Ich hätte niemals gedacht, daß Vaters Streitwagen einmal zu irgend etwas gut sein könnten, doch ich kam mit Eutherios ins Gespräch und fand heraus, daß er ganz verrückt auf Wagenrennen ist. So ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf und schenkte ihm eines von Vaters Rennpferden. Er war hocherfreut und lud mich zum Abendessen ein. Bei ihm zu Haus erkundigte er sich dann sehr freundlich nach meinen beruflichen Plänen und meinte schließlich, ich schiene ein fähiger junger Mann zu sein und vergeude meine Zeit als Assessor. Er wolle mir lieber eine Provinz anvertrauen. Ich antwortete ihm, daß ich mich durchaus in der Lage fühlte, eine zu übernehmen, vorausgesetzt, sie sei nicht allzu groß. Er lachte und meinte, er wolle sehen, was er tun könne. Ich nannte ihm insbesondere eine bestimmte Provinz, aber den Namen verrate ich dir nicht, falls es nicht klappen sollte. Aber ich hoffe, daß es klappt. Als Assessor kann man schon Geld verdienen, aber um den Schaden an unserem Vermögen wieder gutzumachen, brauche ich eine Statthalterschaft. Da wir gerade von Schaden reden, hast du schon gehört, daß dieser Rohling Festinus eine Provinz in Thrazien bekommen soll? Ich glaube, es handelt sich um Mösien. Ich hoffe, er krepiert dort unten.
Ich schob den Brief in den hintersten Teil meines Schreibpultes, da ich keine Zeit hatte, ihn auf der Stelle zu beantworten. Ich hatte sehr viel zu tun: Im Westen drohte sich die Pest unter unseren Truppen auszubreiten, und ich wurde dauernd flußaufwärts gerufen – oder auch auf das andere Donauufer. Frithigern hatte es sich angewöhnt, einen seiner Begleiter nach mir zu schicken, wann immer ein Mitglied seines Haushaltes oder einer seiner Freunde etwas schwerer erkrankten. Meistens konnte ich seinem Ruf nachkommen; ich hatte inzwischen mehrere Gehilfen, auf die ich mich mehr oder weniger verlassen konnte, und so durfte ich darauf vertrauen, daß meine Patienten während meiner Abwesenheit vom Hospital gut versorgt waren. Ich hatte Arbetio all
Weitere Kostenlose Bücher