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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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bin«, sagte ich nach einer Pause. »Aber ich wollte nicht… das heißt… oh, heiliger Christ!« Ich biß in den Ärmel meiner Tunika, aber es half nichts: Mir kamen die Tränen. Ich war sehr müde von der harten Arbeit und all dem Ärger und der Warterei, und plötzlich schien ich es nicht ertragen zu können, daß Athanaric ärgerlich war und mich indirekt beschuldigte, Sebastianus verführt zu haben.
    Er sah mich überrascht an. »Ich dachte…« begann er. »Du freust dich doch darüber, oder etwa nicht? Du bist doch in ihn verliebt?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Aber… aber wen hast du denn damals in Tomis gemeint? Du hast gesagt, daß du in jemanden verliebt bist. Ich dachte…«
    »Laß nur«, entgegnete ich. Wenn er nicht von selbst darauf kam, würde ich es ihm nicht erzählen; ich würde mich nur lächerlich machen. Wenn er auch nur halb soviel empfand wie ich, sagte ich mir, wüßte er es. »Ich mag Sebastianus sehr gerne, aber ich bin nun einmal nicht in ihn verliebt. Und ich bin mir nicht sicher, ob es klug von ihm ist, mich heiraten zu wollen. Inzwischen kann ich mir wirklich nicht mehr vorstellen, mich mit einem Mann irgendwo als würdige Ehefrau niederzulassen.«
    »Ich dachte mir, du könntest deine Mitgift dazu benutzen, ein privates Hospital zu gründen«, meinte Athanaric – ein aufregend einfacher und naheliegender Vorschlag, der mir den Atem nahm.
    »Würde Sebastianus das denn billigen?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete er ehrlich. »Aber wen hast du denn damals gemeint? Jemanden in Ägypten – diesen Burschen Philon?«
    »Laß nur! Nein, natürlich nicht Philon. Das Ärgerliche an dir ist, daß du immer alles wissen willst, du kannst niemals etwas auf sich beruhen lassen. Wann bist du eigentlich zuerst darauf gekommen, die Wahrheit über mich zu erraten? Schon vor meiner Gefangennahme?«
    Zwei von Frithigerns Männern rannten am Brunnen vorbei und hämmerten an die Wagentür meiner Patientin. Athanaric zog mich weiter in den Schatten zurück. »Die Suche hat begonnen«, sagte er. »Ich denke, wir sollten die Diskussion darüber, warum ich das Offensichtliche nicht früher entdeckt habe, bis zum nächsten Mal verschieben.«
    »Wird es ein nächstes Mal geben?«
    »Bei Gott, ich hoffe doch. Obwohl ich nicht weiß, wann ich wieder aus Ägypten weg darf. Vielleicht gelingt es Sebastianus, dich vorher rauszuholen. Doch was auch immer geschieht, laß dich von niemandem heiraten. Es würde alles nur viel komplizierter machen, dich hier rauszuholen. Und es würde Sebastianus mehr als alles auf der Welt verletzen. Kannst du ihm eine Botschaft übermitteln, selbst wenn du nicht in ihn verliebt bist?«
    »Sag ihm, daß mich sein Angebot sehr ehrt und ich sehr dankbar dafür bin, die Klugheit dieses Entschlusses jedoch bezweifle. Und sag ihm, daß es mir gutgeht. Erzähl das auch Thorion und bitte ihn, er soll sich keine Sorgen machen, wenigstens klagt mich hier niemand der Zauberei an. Ich muß gehen; ich kann es nicht zulassen, daß diese Männer meine Patientin aufregen. Liebster Freund, ich wünsche dir alles Gute!« Er ergriff meine Hand, sah mir ins Gesicht und runzelte die Stirn. Ich hörte, wie im Wagen meiner Patientin Leute zu rufen anfingen. Dann schrie das Baby. Ich konnte nicht anders, ich beugte mich vor und gab Athanaric ganz rasch einen Kuß – ein gestohlenes Vergnügen! –, dann riß ich mich von ihm los, glitt unter dem Wagen hervor und lief los, um meiner Patientin zu Hilfe zu kommen. Als ich danach mit den Wachen herauskam, warf ich rasch einen Blick unter den Wagen, doch Athanaric war fort.

20
    Das folgende Jahr war das schlimmste meines Lebens.
    Selbst nachdem Athanaric fort war, wurde ich dauernd bewacht. Jede Nacht wurden mir meine Kleider weggenommen und nicht vor dem nächsten Morgen wiedergegeben. Ich wurde direkt zum Hospital geführt und dort ununterbrochen beaufsichtigt. Man verbot mir, römische Patienten zu behandeln. Aus Protest dagegen weigerte ich mich strikt, auch nur einen einzigen gotischen Krieger zu behandeln, doch dies zeigte keine große Wirkung, da es andere gab, die dazu bereit waren. Nur um die römischen Sklaven kümmerte sich niemand. Es brach mir das Herz, überall im Lager auf sie zu treffen: Sie waren krank und leidend, und ich konnte ihnen nicht helfen. Ich hätte vielleicht sogar eingewilligt, einen Goten zu heiraten, falls man mir versprochen hätte, Römer behandeln zu dürfen – doch Amalberga wiederholte nur immer wieder, ein derartiges

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