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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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sie und blickte mir in die Augen. »Es sei denn, du bist verheiratet und eine von uns.«
    Ich stand auf. Ich brauchte ein wenig Bewegung, um mich zu beruhigen. Ob Amalberga die Wahrheit sagte? Oder versuchte sie nur, mir Angst zu machen, damit ich ihrem Manne gehorchte? Ich konnte nicht glauben, daß Frithigern mir wirklich etwas antun würde. Ich war sein Gast. Außerdem war ich ihnen in höchstem Grade nützlich, war ihnen allein aufgrund meiner medizinischen Fähigkeiten mehrere hundert Pfund in Gold wert.
    Auf der anderen Seite ist Hunger wirklich etwas Schreckliches. Niemand kann sagen, was die Menschen tun oder nicht tun werden, wenn sie wirklich hungrig sind.
    Aber die Tage des Hungers lagen noch weit entfernt, falls sie überhaupt drohten. Die Goten mochten bis zum Winter bereits eine vernichtende Niederlage erlitten haben. Dann war ich vielleicht bereits tot oder aber frei. Oder die Römer verloren die nächste Schlacht, und die Beutezüge würden genügend Lebensmittel einbringen. Und vielleicht wurde Thorion bald als Statthalter abgelöst, und es wäre zwecklos, mich länger als Geisel zu behalten, wenn ein Fremder über Skythien herrschte. Nein, ich vermochte die Drohung nicht ernst zu nehmen.
    »Ihr werdet es nicht schaffen, mich gegen meinen Willen zu verheiraten«, erklärte ich und wandte mich erneut Amalberga zu. »Wenn ihr mich nicht nach Hause gehen lassen wollt, dann laßt alles so, wie es ist. Ich werde damit fortfahren, die Kranken zu behandeln und niemandem zu schaden – solange ihr mir meine Freiheit laßt.«
    »Das einzige, was wir nicht können, ist, dir deine Freiheit zu lassen«, erwiderte die Königin traurig. »Aber laß es für den Augenblick gut sein. Wir können es uns erlauben, abzuwarten.«

19
    Ich wünschte mir verzweifelt, mit Athanaric sprechen zu können, um herauszufinden, was bei den Römern los war und wie es meiner Familie und meinen Freunden ging. Aber als ich Amalberga bat, ein Zusammentreffen mit ihm zu ermöglichen, weigerte sie sich, und mir wurde klar, daß ich isoliert werden sollte, abgeschnitten von jedem, der mich in meinem Entschluß bestärken könnte. In jener Nacht wurden mir meine Schuhe und Gewänder fortgenommen, so daß ich nach Einbruch der Dunkelheit nicht hinausschlüpfen konnte, und am nächsten Morgen wurde ich von Wachsoldaten in das Hospital geleitet und wie ein Gefangener in Edicos Obhut übergeben. Edico machte einen verlegenen Eindruck.
    »Ich wußte nicht, daß du eine Edelfrau bist«, sagte er. »Es tut mir leid, daß ich dich beleidigt habe, edle Charis.«
    »Ach, sei doch still!« entgegnete ich ärgerlich. »Meine Familie ist nicht annähernd so bedeutend, wie jedermann hier zu glauben scheint; sie hat ganz einfach Geld. Das einzige, was mich beleidigt, ist, wenn ihr darauf besteht, mich die ganze Zeit über bewachen zu lassen.«
    »Der König hat angeordnet, dir auf keinen Fall eine Gelegenheit zur Flucht zu geben«, meinte Edico und machte einen höchst unglücklichen Eindruck. »Es tut mir leid, aber ich muß darauf bestehen, daß ab sofort immer jemand bei dir ist.«
    Ich verwünschte ihn leise und wandte mich ab, um einige Arzneimittel zuzubereiten. Das waren ja wirklich schöne Aussichten! Einer der Gehilfen kam zu meiner Bewachung; ich zog ihn gleich zur Arbeit heran, ließ ihn die Alraunwurzel zerreiben und fragte mich, wie das Ganze enden sollte. Gegen Ende des Vormittags ging ich, um nach meiner Patientin mit dem Kaiserschnitt zu sehen. Ich hatte sie bei sich zu Hause behandelt. Die Hebamme begleitete mich. Ich ging sehr schnell und blickte mich überall im Lager aufmerksam um, und die Hebamme mußte rennen, um Schritt mit mir zu halten. Vor dem Wagen der Frau fiel ich beinahe über Athanaric. Er saß in aller Ruhe beim nächstgelegenen Brunnen, schärfte sein Schwert, und sah von Kopf bis Fuß gotisch aus. Ich blieb unvermittelt stehen und sah ihn an. Er blickte schnell zu dem Wagen und schüttelte den Kopf. Ich begriff, was er damit sagen wollte, und tat so, als wartete ich nur darauf, daß die Hebamme mich einholte, dann betrat ich den Wagen.
    Die Kindsmutter schien sich gut zu erholen. Ich verband die Wunde eigenhändig, dann schickte ich die Hebamme fort, um noch ein anderes Arzneimittel zu holen, das ich angeblich vergessen hatte. Sie ging los, und ich tat so, als hätte ich das Arzneimittel nun doch gefunden. Ich flößte der Frau etwas davon ein, dann trat ich ohne Begleitung ins Freie. Dort wartete Athanaric auf

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