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Der Leuchtturm von Alexandria

Der Leuchtturm von Alexandria

Titel: Der Leuchtturm von Alexandria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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hatte, zurück, und sie schickte nach ihm. Inzwischen war das Fieber mächtig gestiegen und von Erbrechen und Durchfall begleitet. Ich war ganz benommen und gefühllos und weigerte mich, Edicos Fragen zu beantworten oder die von ihm vorgeschlagene Behandlung mitzumachen. Ich sagte ihm lediglich, er solle mich allein lassen. Er tat es nicht, sondern flößte mir Schierling auf einem Schwamm ein, damit das Fieber herunterginge, dann Honigwasser mit Wein und schließlich ein wenig klare Brühe – alles Dinge, die ich ebenfalls verschrieben hätte. Ich weinte und beschuldigte ihn, mir mein ganzes Wissen gestohlen zu haben, nannte ihn einen Verräter und bat ihn, er solle mich in Frieden sterben lassen. Ich war aller Dinge so überdrüssig. Ich erinnerte mich daran, wie Athanasios einst zu mir gesagt hatte, diese Welt für den Himmel einzutauschen sei das gleiche, als tausche man eine Kupferdrachme für hundert Goldstücke ein. Es gab nirgendwo einen Platz auf der Welt, wo ich ganz und gar ich selbst sein konnte: eine Römerin, eine Ärztin und eine Frau. Im Himmel, dachte ich, könnte vielleicht jeder ganz er selbst sein. Ich stellte mir das Sterben wie einen tiefen Blick ins Wasser vor: Die Oberfläche wird aufgewühlt, in der Tiefe brodelt es einen Augenblick lang, doch dann beruhigen sich die Wassermassen wieder, und man kann klar bis auf den Grund aller Dinge sehen.
    Eines Nachts, nachdem ich mehrere Wochen lang krank gelegen hatte, ohne auf die Behandlung anzusprechen, wachte ich auf und sah, wie Athanasios an meinem Bett stand. Er war gekleidet wie damals, als er starb, in einer leinenen Tunika und mit einem Umhang aus altem Schafsfell. Nach seinem Tode hatten ihm die Gefolgsleute seine besten Gewänder aus Brokat und golddurchwirkten Stoffen angezogen, aber er zog immer die einfachen Sachen vor. Ich richtete mich auf, mein dumpfer Kopf war mit einemmal ganz klar. »Hochwürden«, fragte ich, »bist du den ganzen Weg aus Ägypten hierhergekommen?« Er lächelte und schüttelte den Kopf: »Nein, nicht aus Ägypten.« Es war schön, seine Stimme zu hören, den singenden Tonfall und die sorgfältig gesetzten, griechischen Worte.
    »Charis, meine Liebe, ich habe dir gesagt, du würdest heiraten, doch es sieht so aus, als hättest du dich entschlossen, mich zu widerlegen.«
    »Fang doch nicht auch wieder damit an«, sagte ich. »Das macht mich noch ganz krank. Ich dachte, du schätzt die Ehe nicht.«
    Er lächelte erneut. »Auch ich habe Fehler gemacht, wenn auch kleine im Vergleich zu den großen, die in der Welt gemacht worden sind. Die Ehe sollte kein Mittel sein, Eigentum zu erlangen oder Macht zu gewinnen oder Frauen zu unterwerfen. Weil sie all das ist, willst du nichts von ihr hören, und ich kann dich deswegen nicht tadeln.«
    »Ich dachte, daß du sie nicht schätzt, weil sie mit Begierde einhergeht.« Er lachte. »Von dort aus, wo ich herkomme, sieht die Begierde völlig anders aus. Die Welt ist ein dunkler Ort, und nichts in ihr ist ewig und fehlerlos. Weder die Begierde noch das Kaiserreich noch die Goten. Und sie werden alle miteinander nicht überdauern.«
    »Nicht einmal das Kaiserreich?« fragte ich.
    »Weil etwas lange Zeit überdauert hat, muß es noch lange nicht ewig sein«, erwiderte er freundlich.
    »Ich bin der Welt so überdrüssig«, sagte ich und war nahe daran zu verzweifeln.
    »Du, die du so viele Menschen in ihr festgehalten hast?«
    Das ging mir immer noch nahe. »Es ist nichts Schlechtes daran, Menschen zu heilen!«
    Er lächelte erneut und berührte meine Stirn. »Ich wünschte, du liebtest Gott ebenso wie Hippokrates. Doch ›jede gute und vollkommene Gabe kommt vom Vater des Lichts‹, und wenn du sie nur weit genug zurückverfolgst, wird sie dich vielleicht zu seiner Quelle führen. Gott erschuf die Welt und drückte uns seinen Stempel auf, und wir haben ihn nie ganz auslöschen können. Ja, es ist gut, zu heilen. Gott heilt. Und du mußt noch mehr Menschen heilen, bevor du gehst.«
    »Aber ich bin so müde!« protestierte ich.
    »Dann ruh dich aus.« Die strahlenden dunklen Augen sahen mich an, intensiv, zärtlich, drängend. Selbst seine Hand fühlte sich kühl an, als er mich freundlich in die Kissen zurückdrückte. Ich legte mich hin, und die Kühle breitete sich aus. Ich schloß die Augen und fühlte, wie die Erde unter mir wie Wasser hin und her schwankte. Wie eine Wiege, die im Rhythmus meines Herzens schaukelte.
    Ich schlief ein, und als ich aufwachte, war es Tag, und das

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