Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
ordentlich ist es nur bei Schwulen. Echte Kerle haben ein bisschen Dreck in den Ecken. Und definitiv keine Gardinen.« Naserümpfend zeigte er auf die cremeweißen Vorhänge. »Alle haben doch gesagt, dass er nichts mit Frauen am Hut hatte.«
»Ja, aber …« Gösta seufzte erneut und verwarf die Absicht, eine abweichende Meinung zumindest zu äußern. Genau wie alle anderen Menschen hatte Mellberg zwar zwei Ohren, aber die benutzte er selten zum Zuhören.
»Übernimmst du das Schlafzimmer und ich das Wohnzimmer?« Mellberg begann, im Bücherregal herumzustöbern.
Gösta nickte und sah sich um. Der Wohnraum war etwas unpersönlich eingerichtet. Ein beigefarbenes Sofa, ein dunkler Tisch mit einem hellen Teppich darunter, ein Fernseher und ein Regal mit einigen wenigen Büchern. Mindestens die Hälfe waren Fachbücher über Wirtschaft und Buchhaltung.
»Unheimlich merkwürdiger Typ«, sagte Mellberg. »Der hatte ja fast keine Sachen.«
»Vielleicht lebte er lieber bescheiden.« Gösta ging ins Schlafzimmer.
Hier war es genauso aufgeräumt wie im Wohnzimmer. Ein weißes Bettgestell, ein Nachtkästchen, ein großer weißer Kleiderschrank und eine Kommode.
»Hier hat er allerdings ein Foto von einer Dame.« Gösta rief nach Mellberg und griff nach dem Foto, das an der Nachttischlampe lehnte.
»Zeig mal her. Ist sie hübsch?« Mellberg kam ins Schlafzimmer.
»Na ja, ganz niedlich, würde ich sagen.«
Mellberg warf einen Blick auf das Bild und machte ein Gesicht, das deutlich zeigte, dass er nicht sonderlich beeindruckt war. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, und Gösta blieb mit dem Bild in der Hand stehen. Er fragte sich, wer die Frau war. Sie musste Mats Sverin viel bedeutet haben. Offenbar war es das einzige Foto in der Wohnung und stand noch dazu im Schlafzimmer.
Vorsichtig stellte er es zurück und nahm die Schubfächer und Kleiderschränke in Augenschein. Hier wurden nur Kleidungsstücke und kein einziger persönlicher Gegenstand aufbewahrt. Keine Terminkalender, keine alten Briefe und keine Fotoalben. Sorgfältig durchsuchte Gösta jeden Winkel, musste aber nach einer Weile feststellen, dass hier tatsächlich nichts Interessantes zu finden war. Sverin schien kein Leben gehabt zu haben, bevor er in diese Wohnung einzog. Der einzige Beweis dafür, dass das nicht stimmte, war das Foto der Frau.
Gösta ging noch einmal zum Nachttisch und nahm das Bild in die Hand. Sie war wirklich süß. Ein zierliche Person mit langen blonden Haaren, die ihr der Wind in dem Moment, als auf den Auslöser gedrückt wurde, ins Gesicht wehte. Gösta kniff die Augen zusammen, hielt das Bild ganz dicht davor und studierte jedes Detail. Er wollte irgendetwas entdecken, das ihm verriet, wer sie war, oder zumindest, wo das Foto entstanden war. Auf der Rückseite stand nichts und im Hintergrund war nur Natur zu sehen. Als er jedoch genauer hinsah, fiel ihm plötzlich etwas auf. Am rechten Rand war eine Hand zu erkennen. Irgendjemand schob sich gerade ins Bild hinein oder hinaus. Es war eine kleine Hand. Das Foto war zu unscharf, als dass Gösta sich vollkommen sicher hätte sein können, aber es handelte sich wahrscheinlich um eine Kinderhand. Er stellte das Bild wieder hin. Auch wenn er sich nicht täuschte, sagte das nichts über ihre Identität aus. Gösta machte kehrt und war schon auf dem Weg zur Schlafzimmertür, als er sich plötzlich anders entschied. Er ging zurück zum Nachttisch und steckte das Foto ein.
»Das hat sich nicht gerade gelohnt«, brummte Mellberg. Er kniete auf dem Fußboden und warf einen Blick unter das Sofa. »Vielleicht hätte sich doch lieber Hedström darum kümmern sollen. Ich habe das Gefühl, wir verschwenden hier nur unsere Zeit.«
»Wir haben noch die Küche vor uns.« Mellbergs Gequengel überhörte Gösta.
Er zog Schubladen heraus und klappte Schranktüren auf, konnte aber nichts Außergewöhnliches entdecken. Das Geschirr stammte anscheinend aus dem Startpaket von IKEA , und weder die Speisekammer noch der Kühlschrank waren übermäßig voll.
Gösta drehte sich um und lehnte sich an die Arbeitsplatte. Plötzlich bemerkte er etwas auf dem Küchentisch. Ein Kabel hing auf den Boden und endete in einer Steckdose an der Wand. Er betrachtete es genauer. Ein Computerkabel.
»Wissen wir, ob Sverin ein Notebook hatte?«, rief er.
Es kam keine Antwort, aber er hörte Schritte, die in Richtung Küche schlurften.
»Wieso?«
»Hier steckt ein PC -Kabel, aber einen Computer hat niemand
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