Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
mit diesem Fall beschäftigt und versucht, wenigstens etwas herauszubekommen, aber es fehlt uns an Personal. Schließlich mussten wir die Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Wir haben eingesehen, dass wir keine Fortschritte machten, solange keine neuen Informationen ans Licht kamen.«
»Was jetzt wohl der Fall ist, wenn man so will«, sagte Patrik.
»Glauben Sie, dass ein Zusammenhang zwischen der Misshandlung und dem Mord besteht? Gehen Sie von dieser Arbeitshypothese aus?«
Patrik schlug ein Bein über das andere und überlegte einen Moment, bevor er die Frage beantwortete.
»Eigentlich haben wir im Moment noch gar keinen Ausgangspunkt. Wir versuchen eher, in alle Richtungen zu denken. Aber das wäre natürlich eine Möglichkeit. Es ist zweifelsohne ein merkwürdiges Zusammentreffen, dass er einige Monate, bevor ihn eine Kugel tötete, misshandelt wurde.«
»Das stimmt. Sagen Sie Bescheid, wenn Sie unsere Hilfe brauchen.« Walter stand auf und faltete seine langen Gliedmaßen auseinander. »Da unser Fall noch offen ist, könnten wir uns vielleicht gegenseitig helfen, wenn eine neue Information auftaucht?«
»Auf jeden Fall.« Patrik gab ihm die Hand. »Würden Sie uns eine Kopie der Akte zukommen lassen?«
»Darum habe ich mich bereits gekümmert.« Walter reichte Patrik einen Stapel Papier. »Finden Sie den Ausgang allein?«
»Klar. Übrigens«, Patrik war bereits auf dem Weg zur Tür, als er sich noch einmal umdrehte, »wir möchten der Organisation, bei der Sverin gearbeitet hat, gern einen Besuch abstatten. Können Sie uns sagen, wie wir da hinkommen?« Er zog einen Zettel mit der Adresse aus der Tasche und zeigte auf den Straßennamen.
Nachdem sie von Walter eine einfache Wegbeschreibung erhalten hatten, verabschiedeten sie sich.
»Das hat nicht viel gebracht«, seufzte Paula, als sie wieder im Auto saßen.
»Sag das nicht. Niemand lehnt sich ohne Grund so weit aus dem Fenster und äußert den Verdacht, das Opfer eines Gewaltverbrechens würde etwas verschweigen. Wir werden wohl versuchen müssen, mehr über diese Misshandlung herauszufinden. Vielleicht gab es hier in Göteborg etwas, wovor er vergeblich nach Fjällbacka geflohen ist.«
»Da sollten wir natürlich bei seinem letzten Arbeitgeber hier anfangen.« Paula schnallte sich an.
»Ich glaube, das ist das Beste.«
Als Patrik rückwärts aus der Parklücke herausfuhr, schloss Paula die Augen, weil er beinahe einen blauen Volvo 740 rammte, den er aus unerfindlichen Gründen im Rückspiegel übersehen hatte. Beim nächsten Mal würde sie darauf bestehen zu fahren. Lange hielten ihre Nerven Patrik am Steuer nicht mehr aus.
Die Kinder rannten auf dem Hof herum. Madeleine rauchte Kette, obwohl sie wusste, dass sie damit aufhören sollte. Hier in Dänemark rauchten jedoch fast alle. Man sah das nicht so eng.
»Darf ich mit zu Mette, Mama?« Ihre Tochter Vilda stand mit zerzausten Locken und roten Wangen von der frischen Luft und der Aufregung vor ihr.
»Natürlich.« Sie küsste sie auf die Stirn.
An der Wohnung war einer der größten Vorteile, dass der große Innenhof ständig voller Kinder war und alle bei ihren Nachbarn ein und aus gingen wie eine große Familie. Lächelnd zündete sie sich noch eine Zigarette an. Es war seltsam. Sich völlig sicher zu fühlen. Es war so lange her, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte. Sie wohnten seit vier Monaten in Kopenhagen, und die Tage plätscherten in gemächlichem Tempo dahin. Sie hatte sich sogar abgewöhnt, unter den Fenstern hindurchzukrabbeln. Nun ging sie aufrecht daran vorbei und zog nicht einmal die Vorhänge zu.
Sie hatten alles für sie organisiert. Es war nicht das erste Mal, aber diesmal war es anders. Madeleine hatte selbst mit ihnen gesprochen und ihnen erklärt, warum sie und die Kinder erneut untertauchen mussten. Sie hatten ihr zugehört. In der folgenden Nacht wurde ihr mitgeteilt, dass sie ihre eigenen und die Sachen der Kinder packen und zu dem Auto hinuntergehen sollte, das mit laufendem Motor unten stand.
Sie hatte beschlossen, nicht zurückzublicken. Nicht eine Sekunde hatte sie daran gezweifelt, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, doch manchmal gelang es trotzdem nicht, den Schmerz zu verdrängen, der im Traum zu ihr kam und sie eine Weile wach liegen und ins Dunkle starren ließ. Dort sah sie ihn, auch wenn sie selbst sich erlaubte, an ihn zu denken.
Sie warf die Zigarette wütend auf den Boden, als sie sich die Finger daran verbrannte. Kevin sah
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