Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)
Tochter, die vertrauten Züge, die sie so lange nicht hatte ertragen können. Zum ersten Mal seit langem fiel sie in richtigen Schlaf. Mit der gewölbten Hand auf der Wange ihrer Tochter. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Zu Annas Füßen schlummerte Adrian wie ein kleiner Hund. Als er sich entspannte, lockerte sich auch sein Griff. Sie schliefen.
Erica saß im Boot und lachte Tränen.
»Willst du damit sagen, du hast ein Algenbad genommen?« Sie wischte sich mit dem Handrücken das Gesicht trocken und bekam zu allem Überfluss vor Lachen einen Schluckauf, als sie Patriks beleidigte Miene sah.
»Na und? Dürfen sich Männer so etwas nicht gönnen? Schließlich ist mir bekannt, dass du doch schon massenhaft seltsame Sachen ausprobiert hast. Bist du nicht vor einiger Zeit mit Lehm eingeschmiert und in Plastikfolie eingewickelt worden?« Er legte am Kai von Badholmen ab.
»Schon, aber …« Sie konnte kaum sprechen, weil sie von einem neuerlichen Lachkrampf geschüttelt wurde.
»Meiner Ansicht nach kommen hier etwas angestaubte Vorurteile zum Vorschein.« Patrik streckte ihr die Zunge raus. »Algenbäder tun gerade Männern gut. Sie entziehen dem Körper Giftstoffe und Schlacken, und da es uns Männern offenbar schwerer fällt, diese loszuwerden, profitieren wir von der Behandlung ganz besonders.«
Mittlerweile lag Erica praktisch auf dem Boden und hielt sich vor Lachen den Bauch. Noch immer brachte sie kein Wort über die Lippen. Patrik sagte auch nichts mehr, sondern ignorierte seine Frau demonstrativ und konzentrierte sich auf die Hafenausfahrt. Natürlich hatte er etwas dicker aufgetragen, um sich über Erica lustig zu machen, aber in Wahrheit hatten er und seine Kollegen die Anwendungen im Badis ungemein genossen.
Anfangs hatte er sich dagegen gesträubt, in eine Badewanne voller Algen zu steigen. Dann merkte er, dass der Geruch gar nicht so schlimm wie erwartet war und das Wasser angenehm warm. Als er aufgefordert wurde, sich vorzubeugen und ihm mit einem festen Algenbüschel der Rücken massiert wurde, war er im siebten Himmel. Zudem konnte er nicht leugnen, dass seine Haut wie neu war, als er aus der Wanne stieg. Zarter, geschmeidiger und frischer. Als er Erica jedoch davon erzählen wollte, hatte die nur hysterisch gelacht. Sogar seine Mutter, die auf Maja und die Zwillinge aufpassen sollte, hatte über seine begeisterten Schilderungen gekichert.
Der Wind nahm zu, und Patrik ließ sich die frische Brise mit geschlossenen Augen ins Gesicht wehen. Noch waren außer ihnen nicht viele Leute unterwegs, aber in wenigen Wochen würde es in der Hafeneinfahrt von Booten nur so wimmeln.
Erica hatte aufgehört zu lachen und war ernst geworden. Sie legte den Arm um Patrik, der am Steuerrad stand, und lehnte sich an ihn.
»Wie klang sie am Telefon?«
»Nicht übermäßig entzückt«, sagte Patrik. »Sie schien keine große Lust auf Besuch zu haben, aber als ich sagte, sie könne auch aufs Festland kommen, falls ihr das lieber sei, hat sie es doch vorgezogen, uns zu empfangen.«
»Hast du ihr gesagt, dass ich mitkomme?« Eine Welle brachte das Boot ins Wanken, und Erica klammerte sich fester an Patriks Taille.
»Ja, ich habe ihr erzählt, dass wir verheiratet sind und dass du gern mitkommen und sie sehen möchtest. Sie hat eigentlich kaum darauf reagiert. Sie schien jedenfalls nichts dagegen zu haben.«
»Was erhoffst du dir von dem Gespräch mit Annie?« Erica ließ Patrik los und setzte sich auf die Ruderbank.
»Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung. Wir wissen ja immer noch nicht, ob er sie am Freitag besucht hat oder nicht. Vor allem möchte ich wahrscheinlich das wissen. Außerdem muss sie ja erfahren, was passiert ist.«
Er korrigierte seinen Kurs, um einem Motorboot auszuweichen, das ihnen mit hoher Geschwindigkeit entgegenkam.
»Idioten«, zischte er und warf einen wütenden Blick auf das andere Boot, das etwas zu nah an ihnen vorbeiraste.
»Hättest du sie das nicht am Telefon fragen können?« Auch Erica blickte hinter dem Motorboot her. Sie kannte die Jugendlichen nicht. Sicher handelte es sich um frühe Partytouristen, von denen Fjällbacka bald überschwemmt werden würde.
»Doch, das hätte ich tun können, aber ich möchte es sie lieber direkt fragen. Da bekommt man die besseren Antworten. Eigentlich möchte ich mir nur ein genaueres Bild von Mats machen. Im Moment kommt er mir vor wie eine dieser lebensgroßen Pappfiguren, eindimensional und flach. Niemand scheint etwas über ihn
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