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Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Leuchtturmwärter: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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richtig Angst bekamen, als wir hier in der Oberstufe einmal übernachtet haben.«
    »Kann sein.«
    Es war deutlich zu erkennen, dass sie nicht über das Thema reden wollte. Patrik holte tief Luft. Er musste es ihr jetzt erzählen. Während er ihr ganz ruhig erklärte, was passiert war, begann Annie zu beben. Sie starrte ihn verständnislos an. Währenddessen sagte sie kein Wort, sondern zitterte nur vollkommen unkontrolliert am ganzen Leib, als würde sie in tausend Einzelteile zerspringen.
    »Wir wissen noch immer nicht genau, wann er erschossen wurde, und bemühen uns daher, so viel wie möglich über seine letzten Tage in Erfahrung zu bringen. Gunnar und Signe haben gesagt, dass er dich am letzten Freitag besuchen wollte.«
    »Ja, er war hier.« Annie drehte sich zum Haus um. Patrik schien es, als wollte sie auf diese Weise vor allem vermeiden, dass man ihren Gesichtsausdruck sah.
    Als sie sich ihnen wieder zuwandte, wirkte ihr Blick noch immer glasig, aber sie zitterte nicht mehr.
    Erica beugte sich spontan vor und legte ihre Hand auf die von Annie, die etwas so Zartes und Verletzliches an sich hatte, dass Ericas Beschützerinstinkt geweckt wurde.
    »Du warst immer nett«, sagte Annie. Dann zog sie ihre Hand weg, ohne Erica anzusehen.
    »Am Freitag …«, begann Patrik vorsichtig.
    Annie zuckte zusammen. Ein Schleier legte sich über ihre Augen.
    »Er ist am Abend gekommen. Ich wusste vorher nichts davon. Wir hatten uns seit vielen Jahren nicht gesehen.«
    »Wie lange ist es her, dass ihr euch zuletzt getroffen habt?« Erica konnte es sich nicht verkneifen, hin und wieder zum Haus zu schielen. Sie hatte Angst, dass Annies Sohn aufwachen und sich hinausschleichen würde. Seit sie Kinder hatte, kam es ihr manchmal so vor, als ob sie auch die Mutter aller anderen Kinder auf der Welt wäre.
    »Als ich nach Stockholm gezogen bin, haben wir Abschied voneinander genommen. Ich war neunzehn, glaube ich. Das ist eine Ewigkeit her.« Sie lachte kurz und verbittert auf.
    »Hattet ihr in den letzten Jahren Kontakt zueinander?«
    »Nein, oder doch, am Anfang kam hin und wieder eine Postkarte. Wir wussten beide, dass es keinen Sinn hatte. Warum sollten wir die Quälerei in die Länge ziehen, uns etwas vormachen?« Wieder strich sich Annie das blonde Haar aus dem Gesicht.
    »Wer wollte denn Schluss machen?«, fragte Erica. Sie konnte ihre Neugier nicht im Zaum halten. Sie hatte die beiden so oft zusammen gesehen und hatte dieses Strahlen wahrgenommen, das sie umgab. Sie waren ein strahlendes Paar gewesen.
    »Diese Worte haben wir nie benutzt. Ich habe beschlossen wegzuziehen. Ich konnte nicht bleiben. Ich musste weg hier, hinaus in die Welt. Ich wollte was erleben, was sehen und Menschen kennenlernen.« Wieder lachte sie das verbitterte Lachen, aus dem weder Erica noch Patrik klug wurden.
    »Am Freitag ist Mats jedoch hierhergekommen. Wie hast du darauf reagiert?« Patrik fragte weiter, war sich aber nicht sicher, ob es zu irgendetwas führen würde. Annie wirkte so verletzlich, dass er das Gefühl hatte, sie würde womöglich zerbrechen, wenn er ein falsches Wort sagte. Und letztendlich war das hier vielleicht auch vollkommen bedeutungslos.
    »Ich war verblüfft, aber Signe hatte mir bereits erzählt, dass er wieder zurückgekommen war. Vielleicht hatte ich insgeheim mit seinem Besuch gerechnet.«
    »War es eine freudige Überraschung?« Erica griff nach der Thermoskanne, um sich Kaffee nachzuschenken.
    »Im ersten Moment nicht. Oder – keine Ahnung. Ich blicke nicht gern zurück. Matte war ein Teil meiner Vergangenheit. Andererseits …« Sie schien in Gedanken zu versinken. »Andererseits hatte ich mich vielleicht nie ganz von ihm gelöst. Ich weiß es nicht. Er durfte jedenfalls reinkommen.«
    »Weißt du ungefähr, um welche Uhrzeit er angekommen ist?«, fragte Patrik.
    »Hm … so gegen sechs, vermute ich. Exakt kann ich es nicht sagen. Zeit ist hier nicht so wichtig.«
    »Wie lange ist er geblieben?« Mit gequältem Gesichtsausdruck rutschte Patrik hin und her. Es bekam ihm nicht, längere Zeit auf einer harten Unterlage zu sitzen. Er ertappte sich dabei, dass er sich wieder nach einem angenehm warmen Algenbad sehnte.
    »Irgendwann in der Nacht ist er wieder abgefahren.« Der Schmerz zeichnete sich so deutlich in ihrem Gesicht ab, als hätte sie ihn laut hinausgeschrien.
    Patrik fühlte sich plötzlich unbehaglich. Mit welchem Recht stellte er diese Fragen? Wie kam er dazu, seine Nase in Dinge zu stecken, die ihn nichts

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