Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
die Klinge eingearbeitet
worden waren. Verschnörkelte Linien und einzelne Runen, ähnlich denen die sich
auf Thalons Arm befanden, zierten den ansonsten blanken Stahl. „Kein Wunder,
dass dieses Schwert Totenschwert heißt“, dachte Thalon, nachdem er seine
Begutachtung beendet hatte. Mit zischenden Geräuschen ließ er zum Schluss
Ba’Yanda mehrere Male durch die Luft wirbeln und stellte sich dabei vor, wie er
seine Gegner niederstreckte. Zwar hätte er zu Beginn seiner Reise nie gedacht,
sich einmal an dem Gedanken, jemanden zu töten, zu erfreuen, doch die Dinge
hatten sich geändert. Er war nun der Lichtritter und es war Teil seines
Schicksals, Feinde niederzumähen. Zufrieden grinste er, bevor er Kenaions
Schwert wieder zurück in die mit Leder überzogene Schwertscheide steckte. Diese
befestige er schließlich an seiner Seite, an der zuvor sein altes Schwert
befestigt gewesen war. Ihn wunderte zwar, dass sowohl Schwert als auch Scheide
nach all der langen Zeit so gut erhalten waren, vermutete aber, dass die Twerge
bereits vor langer Zeit das Schwert mit einer besonderen Methode für die
Ewigkeit präpariert hatten. Einen Moment lang dachte er auch daran, dass
vielleicht Oleiphea persönlich dafür gesorgt hatte, dass die Zeit, die immerhin
von den Dämonen erschaffen wurde, diesem Heiligtum nicht schaden könne. Fest
entschlossen, sich nun den Geistern stellen zu können, falls sie erneut
auftauchen sollten, wandte er sich vom Altar ab und schritt auf den Ausgang in
Richtung des trügerischen Paradieses zu. Eine Stimme hielt ihn jedoch zurück.
„Wartet einen Moment!“, befahl sie ihm. Es war dieselbe weibliche Stimme, die
bereits mehrere Male zu ihm gesprochen hatte. Thalon tat, wie ihm geheißen
wurde und blieb stehen. „Innerhalb des Konnekturium ist mein Einfluss auf dich
stärker. Folge meinen Worten und das Böse wird schon bald gebannt sein! Begebe
dich zurück zu dem Platz, an dem die Ahnensteine ruhen. Der Ort, an dem alles
begonnen hat. Steche Ba’Yanda in den Boden zu Füßen der Steine und die Ahnen
werden dir den Zugang zur Seelenwelt gewähren.“
In Thalons Gesicht zeigte sich Entschlossenheit.
Ohne die Worte zu hinterfragen, nickte er. „Ich werde mich umgehend auf den Weg
machen“, sagte er mit ernster Stimme und schritt dann hinaus. Noch immer hatte
die Dunkelheit die Höhle im Griff. Thalon wusste, dass es nur eine Frage der
Zeit war, bis die Twergengeister ein drittes Mal erscheinen würden. Während er
allmählich die Stufen hinunter stieg, kam der Nebel auf, der das Erscheinen der
verlorenen Seelen ankündigte. Thalons Atem war ruhig, als er das Totenschwert
zog. Die verzerrten Schreie drangen an sein Ohr und die blassen Gestalten
formten sich vor ihm, als er gerade die ersten Schritte auf dem Boden des
pflanzenüberwachsenen Tals machte. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen. Er
spürte, dass seine Sinne geschärft waren. Kein Windzug entging ihm und so
bemerkte er, dass direkt neben ihm ein Twergengeist aufgetaucht war. Die
leblosen Finger versuchten, ihn zu berühren. Pfeilschnell hatte Thalon
reagiert. Eine kurze Drehung, gefolgt von einem kraftvollen Hieb, befreite die
Seele von ihrer Gefangenschaft. Ein Zischen entstand und die Gestalt
verflüchtigte sich, wie sich ausbreitender Rauch. Die anderen Geister, erzürnt
darüber, dass Thalon es wagte, sich zur Wehr zu setzen, schossen nun auf den
Lichtritter zu. Sein Körper glühte innerlich und die aufgekommene Wärme spornte
ihn an. Wie schon in Sarkenau funktionierte sein Körper wie eine Maschine. Sein
Kopf war leer und er ließ seiner Kraft freien Lauf. Er kam sich wie ein
Beobachter seiner eigenen Taten vor. Thalon sah zu, wie er geschickt den
tödlichen und kalten Griffen zweier Geister auswich und sie anschließend mit
einem schwungvollen Schwertstreich erledigte. Ein grausames Heulen ertönte,
welches greller und schriller als die normalen Schreie der Seelen war. „Ihr
wollt noch mehr? Ich bin bereit!“, rief Thalon ihnen entgegen. Er tänzelte um
die Twerge herum und wich so ihren Angriffen aus. Die daraufhin folgenden
Schläge waren wuchtig, kraftvoll und vernichtend. Einer nach dem anderen wurde
vom Lichtritter erlöst. Immer stiller wurde der schaurige Chor der
Geisterstimmen, bis schließlich Stille einkehrte. Während sich der
Nebelschleier auflöste, stand Thalon regungslos dar. Das Schwert lag locker in
seiner Hand und die Klinge zeigte zum Boden. Kleine Schweißperlen standen ihm
auf der Stirn, doch
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