Der Lichtritter: 1 (Oleipheas Schicksal) (German Edition)
Diese Erde hier
stirbt! Du siehst selbst, dass Sand in Weltenbrücke unüblich ist. Noch vor
einiger Zeit war hier eine Lichtung. Alles war grasüberwachsen und Nachtblumen
sprossen aus dem Boden. Um deine Frage zu beantworten: Ja, ich bin eine
Magierin. Das ist auch der Grund, warum ich überhaupt hierher gekommen bin. Ich
war auf der Suche nach den so genannten Ahnensteinen, die den verbliebenen
Magiern Kraft verleihen und an die Gefallenen der Magiervernichtung erinnern
sollen. Diese Steine dort drüben sind die Ahnensteine. Die Menschen meiden
diesen Ort, da sie denken, er sei von Fidea, die Katathei des Glaubens,
verflucht, was, ironischerweise, nichts als Aberglaube der Menschen ist.
Seitdem ich die Steine entdeckt habe, komme ich oft hier her und genieße die
Einsamkeit. Doch vorhin sah ich dann plötzlich dein Pferd dort drüben stehen.
Schließlich bemerkte ich dich, wie du um die Ahnensteine herum geschlichen bist
und wollte dich überraschen. Die Überraschung ist mir anscheinend gelungen.“
Sie grinste frech. Er wusste nicht warum, aber Lewia war ihm irgendwie sympathisch,
obwohl sie trotz ihrer scheinbar offenen Art dennoch etwas Mysteriöses an sich
hatte. „Dein Aussehen ist aber die größere Überraschung gewesen“, scherzte
Thalon, um die Situation aufzulockern. Es war eine Eigenart von ihm, Scherze zu
machen, wenn er sich unbeholfen vorkam. Lewia schüttelte schmunzelnd den Kopf.
„Bist du immer so charmant zu jungen hübschen Frauen?“, gab sie zurück. „Von
Zeit zu Zeit schon“, entgegnete Thalon grinsend und schob sich verlegen eine
Haarsträhne aus dem Gesicht. „Nun aber mal zurück zu deiner Geschichte. Was ist
ein Katathei? Und was ist mit diesem Ort geschehen, wenn hier eine Wiese
gewesen sein sollte? Es wird wohl niemand über Nacht Sand verstreut und diese
Wüste geschaffen haben“, meinte Thalon spitzfindig. Lewia zeigte in den Himmel.
„Irgendwo dort leben die Katathei. Dir wird wohl die Göttin Oleiphea bekannt
sein, nach der unsere Welt benannt ist. Die Katathei sind ihre Diener. Es gibt
sieben von ihnen. Iustita, Temperion, Fortito, Prudos, Spe, Caritor und Fidea.
Jeder von ihnen repräsentiert eine gute Eigenschaft der Menschen“, erklärte
Lewia. Thalon war erstaunt über das Wissen der jungen Magierin. Allgemein war
ihre Erscheinung für ihn faszinierend, denn nie zuvor hatte er eine echte
Magierin gesehen. „Geschaffen hat diese Wüste hier wohl niemand. Ich vermute
eher, dass dieser Ort, so seltsam das auch klingen mag, von einer großen Macht
verzaubert worden ist“, sagte sie und sprach dabei langsam und leise, als könne
sie jemand beobachten. „Verzaubert? Wie kommst du denn da drauf?“, wollte
Thalon wissen, der zwar selbst keine Erklärung für das Phänomen zu ihren Füßen
hatte, aber auch nicht recht an Magie glauben wollte. „Spürst du nicht auch
dieses träge Gefühl, so als würde dir sämtliche Energie aus dem Körper gesogen
werden?“, wisperte Lewia nach einer Pause. Einen Augenblick lang konzentrierte
sich Thalon völlig auf seine Gefühle und tatsächlich merkte er ganz schwach,
wie er sich immer müder fühlte. „Du hast recht. Aber welchen Nutzen sollte
jemand davon haben, diesen Ort hier zu verzaubern? Ich meine, hier ist doch
nichts Besonderes außer diesen Steinen, oder?“, fragte Thalon, während er sich
umsah. Lewia zuckte mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht mehr als du. Aber
um solch einen Zauber, der ein Gebiet dauerhaft verändert, auszusprechen
bräuchte man eine Art Wirt.“ „Einen Wirt?“, wiederholte Thalon Lewias Worte
ungläubig. Sie zog ihren Dolch, um mit dessen Hilfe Thalons Frage zu
beantworten: „Ein Wirt kann irgendein Gegenstand sein, der dem Magier, der den Spruch
wirken lässt, etwas bedeutet. Diesen belegt man mit dem Zauber und solange der
Wirt existiert, kann dieser Zauber auch nicht unterbrochen werden. Vielleicht
haben wir Glück und hier in der Nähe ist solch ein Gegenstand“, erklärte Lewia
und deutete auf den Hügel, der sich wie eine Schlange um den Kreis aus toter
Erde wand. „Wenn der Wirt jegliche Energie aus Lebendigem zieht, dann müssen
wir doch nur so lange den Hügel ablaufen, bis wir das Gefühl haben, dass das
müde Gefühl stärker wird, oder?“, meinte Thalon scharfsinnig. „Einen Versuch
ist es wert!“, stimmte Lewia zu und machte sich sogleich auf in Richtung des
Hügels.
Kaum
hatten sie ein paar Schritte hinter sich gelassen, spürte Thalon etwas. „Das
Gefühl wird
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