Der Liebe eine Stimme geben
die Füße gespreizt, die Augen offen. Er lag einfach nur da und starrte zum Himmel hoch.
Das Rechteck aus Sonne war groß genug für zwei, daher beschloss ich, mich neben ihn zu legen. Es war ein frischer Herbsttag, kalt im Schatten, aber warm genug, um ohne Jacke in der Sonne zu sein. Um genau zu sein, waren die Terrassenbretter heiß, und die Hitze war himmlisch für meinen schmerzenden Rücken.
Der Himmel war strahlend blau, ohne eine Wolke. Ich sah hinüber zu Anthony, der zum Himmel hochschaute, und fragte mich: Wie lange liegt er schon so da? Hat er das die ganze Zeit getan? Was sieht er sich an? Da sind keine Wolken, keine Vögel, keine Flugzeuge. Was könnte seine Aufmerksamkeit so lange fesseln? Was geht in seinem Kopf vor?
Ich wurde allmählich nervös, wollte aufstehen und irgendetwas tun. Ich dachte, ich kann doch nicht einfach hier liegen. Ich sollte etwas Sinnvolles erledigen. Ich hatte noch immer eine Spüle voll mit schmutzigem Geschirr. Ich sollte so tun, als würde ich mich für die Patriots interessieren, und mich für eine Weile zu den Männern ins Wohnzimmer setzen. Ich sollte eine Ladung Wäsche waschen.
Und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich Anthony so lange allein gelassen hatte. Ich dachte, ich sollte dafür sorgen, dass er aufsteht, ihn auf andere Gedanken bringen, ihn für irgendetwas interessieren, woran er arbeiten konnte. Ich dachte (mit Grauen) an das bevorstehende Treffen zu seiner individuellen Lernförderung. Er hinkt so hinterher. Es gibt so vieles, woran er arbeiten muss, so vieles, was er lernen muss.
Aber zum Glück konnte ich mich bremsen. Ich beschloss, dort liegen zu bleiben und zu tun, was Anthony tat, scheinbar nichts, solange er es wollte. Und so lagen wir dort auf der Terrasse, Seite an Seite, sein Körper nur ein paar Zentimeter von meinem entfernt, und sahen uns den gleich bleibenden blauen Himmel an.
Zuerst wanderten meine Gedanken in alle möglichen Richtungen. Ich dachte an das ganze schmutzige Geschirr in der Spüle, das nicht einmal eingeweicht war und das mich anflehte, zu kommen und es zu spülen. Ich machte mir Sorgen um das Treffen zu seiner Lernförderung und dachte an all das, was ich dafür noch vorbereiten musste. Aber ich blieb. Und schließlich ließ ich alles los. Ich tat nichts, und ich erfuhr das bloße Sein – den blauen Himmel, die warme Sonne, die kühle Luft, die warme Terrasse – und Anthony neben mir.
Irgendwann sah ich zu ihm hinüber, und auf seinem Gesicht lag ein absolut strahlendes Lächeln. Gott, sein Lächeln macht mich so glücklich. Und so lagen wir beide nebeneinander auf der Terrasse und lächelten den Himmel an.
Und dann wanderte die Sonne weiter, und unser Rechteck lag plötzlich im Schatten. Anthony richtete sich auf und sah mich von der Seite an, mit einem zufriedenen Grinsen, und ich hätte schwören können, es besagte: War das nicht UMWERFEND, Mom? War es nicht ein absolut toller Moment für dich, mit mir zum Himmel hochzusehen?
Und dann kreischte er und fuchtelte mit den Händen und rannte ins Haus.
Ja, Anthony, das war es. Es war einer der schönsten Momente, die ich je hatte.
SIEBENUNDDREISSIG
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Beth sitzt auf ihrem Platz an dem Tisch in der Bibliothek, die letzte Seite ihres Buchs auf Sophies Laptop vor sich. Sie liest sich das Ende noch einmal durch. Es gefällt ihr. Es ist in Ordnung, aber sie gibt widerstrebend zu, dass es sie nicht wirklich vom Hocker reißt.
Aber wie sonst sollte sie es enden lassen? Sie klopft mit dem angekauten Nagel ihres Zeigefingers gegen ihre Zähne und liest es sich noch einmal durch. Sie lehnt sich zurück und starrt mit unbestimmtem Blick zur Bühne und zu den Ölgemälden von Thoreau, Emerson und Melville an der Wand dahinter.
Sie haben nicht das richtige Ende.
Warum sollte sie auf Olivia hören? Ein Ende ist etwas so Subjektives. Sie liest sich das letzte Kapitel noch einmal durch. Es ist eine völlig logisches Ende für diese Geschichte.
Welchen Sinn hatte Anthonys Leben?
Das ist eine gewaltige Frage, und wenn Beth ganz ehrlich ist, kann sie sehen, wie sie sich vor der Antwort gedrückt hat, wie sie den Leser nach der letzten Seite mit dieser Frage alleinlässt. Aber was ist falsch daran, den Leser fragend zurückzulassen? Ist das nicht etwas Gutes? Lass dem Leser etwas, worüber er nachdenken kann.
Beth seufzt und schiebt den Laptop beiseite. Sie nimmt ein brandneues Notizbuch aus ihrer Tasche und schlägt die erste Seite auf. Sie klopft mit dem Stift gegen
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