Der Liebe Gott Macht Blau
sich jenes blaugestreifte Exemplar um, das Eija ihm vor zwei Tagen gekauft hatte.Sauber und ordentlich gekleidet kehrte er zu Petrus und Gabriel ins Wohnzimmer zurück.
»Vorhin war die Rede von einer Wundertat … unterwegs in der Straßenbahn fiel mir ein, dass es ein echtes Wunder wäre, wenn Sie einem alten Freund ein bisschen Geld besorgen würden.«
»Wem und wie viel?«, wollte Petrus wissen.
Pirjeri begann von seinem Freund Torsti Rahikainen zu erzählen, jenem vom Leben gebeutelten kleinen Geschäftsmann, der haufenweise tolle Ideen hatte, aber nie die finanziellen Mittel und auch sonst keine Möglichkeit, diese Ideen zu verwirklichen. Rahikainen war in den Vierzigern und hatte in seinem Leben einiges mitgemacht, hatte sich in fast jeder Branche versucht, die letzten Jahre hatte er in Huopalahti im sogenannten »Stockmann für Arme«, einem Schrottlager, gearbeitet. Als dieses abgerissen worden war, um Platz für Wohnhäuser zu schaffen, hatte Torsti in Hiekkaharju eine Schrottschweißerei gegründet. Er wohnte ganz in der Nähe, im Stadtteil Ruskeasuo, und er brauchte Geld. Waren hunderttausend Mark zu viel verlangt? Wenn Rahikainen mal zu Geld käme, wäre das ein echtes Wunder, fand Pirjeri und fügte hinzu, dass er den Mann gut kannte: Torsti war ein prima Kerl, freundlich, lebhaft, großzügig, manchmal ein wenig gutgläubig, und aus diesen Gründen waren seine Geschäfte nicht immer glücklich gelaufen.
Pirjeri malte sich aus, wie viel Auftrieb der unerwartete Geldsegen Torsti Rahikainen geben würde. Verflixt, es wäre doch echt spannend zu verfolgen, was geschah, wenn ein finnischer Habenichts überraschend hunderttausend Mark in die Hand bekam.
Der Erzengel Gabriel notierte sich die Adressen von Torsti Rahikainens Wohnung und von seiner Schweißerwerkstatt. Die beiden heiligen Männer erklärten, dass sie zwei Stunden brauchen würden, um das Wunder zu vollbringen. Inzwischen könnte sich Pirjeri einen neuen Anzug besorgen. Es wäre ratsam, dass er sich einen kompletten Anzug kaufte, ein Gott in einem zweiteiligen Ensemble würde nicht in allen Kreisen auf Vertrauen stoßen.
»Spielt die Farbe eine Rolle?«, erkundigte sich Pirjeri.
»Sie sollten Grau in Betracht ziehen, auch der jetzige Gott trägt einen grauen Anzug, zweireihig außerdem. Aber jetzt müssen wir auf brechen, um für diesen Rahikainen das Geld zu besorgen«, sagte der Erzengel.
Der Apostel und der Erzengel verließen die Wohnung. Pirjeri seinerseits rief Eija in der staatlichen Druckerei an und erzählte ihr, dass er überraschend zwei nette ältere Herren getroffen habe. Sie hätten ihm ein wirklich interessantes Arbeitsangebot gemacht, und er müsse jetzt losgehen, um sich einen neuen Anzug zu kaufen.
»Oh, Schatz, du bist so wunderbar aktiv«, flötete sie.
Auf der Straße überlegten der Erzengel Gabriel und der heilige Petrus, wie sie die Geldsumme beschaffen sollten, die Herr Ryynänen gewünscht hatte. Petrus schlug vor, eine Bank zu überfallen, aber Gabriel wollte rücksichtsvoller vorgehen. Sie würden den Ruf des Himmels aufs Spiel setzen, wenn ausgerechnet sie beide in einen Bankraub in Finnland verwickelt wären. Er fand, dass sie das Geld friedlich in einer nahegelegenen Bank abheben und quittieren sollten, freilich unter Anwendung übernatürlicher Methoden. Wünschenswert wäre es, sich das Geld von irgendeinem sündigen und bösen Bankier auszahlen zu lassen.
Gegenüber befand sich auch gleich die Filiale einer Geschäftsbank, denn in Finnland gibt es an jeder Straßenecke eine Zweigstelle irgendeiner Bank. Der Erzengel und der Apostel marschierten hinein, warfen einen prüfenden Blick auf den Schalter und stellten zu ihrem Ärger fest, dass sämtliche Bankfräuleins nett und arm waren. Von ihnen würde nicht mal der Teufel Geld erschwindeln wollen, geschweige denn der heilige Petrus und der Erzengel Gabriel. Ihr himmlischer Instinkt sagte ihnen jedoch, dass im Hinterzimmer ein fieser Chef lauerte. Die beiden Alten äußerten den Wunsch, den Direktor zu sprechen.
»Wen darf ich melden?«, fragte die sympathische Mitarbeiterin der Kreditabteilung.
»Melden Sie doch einfach den Erzengel Gabriel und den heiligen Petrus«, sagten die beiden.
Die Angestellte musste lächeln, das waren mal zwei humorvolle alte Herren. Bestimmt irgendwelche Duzfreunde des Direktors. Sie entfernte sich und kehrte bald zurück, um mitzuteilen, dass Direktor Rönneblom die Herren gern empfange.
Sowie sie das Zimmer betraten,
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