Der Liebe Gott Macht Blau
geschmiegt. Sie hatte sich in letzter Zeit sehr zu ihrem Vorteil verändert … ihm kam der Gedanke, in dieser letzten Nacht mit ihr Liebe zu machen, er hatte durchaus Lust dazu … aber war das überhaupt schicklich in seiner Situation? Was würde man von einem künftigen Gott sagen, der sich kurz vor Amtsantritt mit einer geschiedenen Frau abgab, seiner nicht angetrauten Partnerin, in wilder Ehe …?
Die Versuchung war jedoch übermächtig. Pirjeri sagte sich, dass er künftig noch lange genug den Zölibat würde genießen können, die letzte gemeinsame Liebesnacht würde wohl keine sehr große Sünde sein.
Ob Gott oder nicht, jedenfalls tat es gut.
Am Morgen fuhr Pirjeri zur Baustelle und kündigte. Der verantwortliche Meister war nicht erfreut, machte spitze Bemerkungen über Kündigungsfrist und unkollegiales Verhalten. Pirjeri bedauerte die Maßnahme und sagte, dass er ein überraschendes Angebot aus dem Ausland bekommen habe, er sei tatsächlich gezwungen, das Arbeitsverhältnis ganz plötzlich aufzulösen. Er wünschte der Baugenossenschaft Haka eine erfolgreiche Zukunft, auch wenn sie den Wohnungsbau vorläufig ohne sein Mitwirken würde betreiben müssen. Dann übergab er dem Chef seinen Overall und seinen Helm und fuhr mit dem Taxi nach Hause.
Eija hatte seinen Koffer gepackt und wollte ihn auch zum Flughafen begleiten, doch Pirjeri sagte ihr, das sei unnötig, er glaube, in Bälde wieder nach Helsinki zurückkehren zu können. Es handle sich erst mal um eine bloße Informationsreise, mehr nicht.
Auf dem Flughafen, am Terminal für die Auslandsflüge, traf Pirjeri den heiligen Petrus. Der Apostel wünschte ihm eine gute Reise und versprach, ihn auf dem Flughafen in Amsterdam zu erwarten.
»Kommen Sie nicht mit in die Maschine?«, fragte Pirjeri verwundert.
Petrus erklärte, dass er als Apostel und Heiliger auf seinen Reisen nicht auf die Dienste von Fluggesellschaften angewiesen sei. Nach diesen Worten verschwand er aus der Halle. Und richtig, in Amsterdam empfing er Pirjeri, kümmerte sich ums Umsteigen und wünschte ihm einen guten Weiterflug nach Sofia. Auch dort war Petrus wieder rechtzeitig vor Pirjeri eingetroffen, der ein wenig wegen seines Visums aufgehalten worden war. Nach Erledigung der Formalitäten fuhren die Männer mit dem Taxi ins Stadtzentrum von Sofia. Unterwegs erzählte Petrus, dass sie auf dem Weg in ein altes Gebirgsschloss seien, in dem Gott derzeit wohne. Es sei ein verlassenes Nonnenkloster und diene jetzt als Himmel.
»Als Himmel ist es ein recht düsterer Ort, ich an Ihrer Stelle würde mir einen geeigneteren Stützpunkt suchen«, erklärte er.
In Sofia aß Pirjeri zu Mittag, Huhn nach türkischer Art, und trank einen Schluck Bier. Der heilige Petrus behauptete, ohne Essen auszukommen. Nachdem Pirjeri noch die Toilette aufgesucht hatte, war er bereit, die Fahrt zu Gottes Wohnsitz fortzusetzen.
Petrus brachte ihn zum Zug, mit dem der künftige Gott den ganzen Tag in Richtung Plowdiw rumpelte, ein Provinzzentrum, das im Inneren des Landes in einem fruchtbaren Tal gelegen war. Auf der Bahnfahrt hatte er endlichZeit, in aller Ruhe über seine künftige Riesenaufgabe im Himmel nachzudenken.
Vor der Abfahrt in Sofia hatte sich eine Familie vom Lande bei Pirjeri im Abteil breitgemacht, eine stämmige Mutter, drei Kinder und ein magerer Vater mit schwarzem Haar und Bart. Die Familie war arm, aber fröhlich, ihr Aufenthalt in der Hauptstadt war anscheinend erfolgreich verlaufen. Bald nach Beginn der Fahrt holte die Mutter einen Proviantkorb hervor, sie brach für ihren Mann und die Kinder Brot ab, schnitt eine Lammkeule auf und schälte Früchte. Ihrem Mann kredenzte sie einen kleinen Krug Pflaumenschnaps, sie selbst trank mit ihren Kindern Rotwein. Auch Pirjeri bot sie von ihren Vorräten an, er aß ein wenig Lamm und trank einen Schluck Wein aus der dargereichten Flasche. Eine Verständigung kam nicht zustande, das Gespräch beschränkte sich darauf, dass man sich gegenseitig den Heimatort nannte.
Pirjeri dachte bei sich, dass er als künftiger Gott auch für diese glückliche Familie verantwortlich sei und dafür zu sorgen habe, dass es den sympathischen Leuten aus dem Volke nicht schlecht ergehe. Welche Probleme würde er angehen? Der Weltfrieden war natürlich das wichtigste Ziel, für den musste er sorgen. Die Verschmutzung der Natur musste gestoppt werden. Vieles auf der Welt galt es zu verbessern. Aber trotzdem: Vielleicht war es am allerwichtigsten, das Glück zu
Weitere Kostenlose Bücher