Der Liebe Gott Macht Blau
blickten sie den sündigen Direktor durchdringend an. Dieser spürte so etwas wie einen elektrischen Schlag, der seinen Körper durchfuhr, er fühlte sich schlaff und seltsam ängstlich. Dennoch bemühte er sich um launige Lockerheit und bat die Gäste, Platz zu nehmen.
»Wir möchten jetzt sofort zweihunderttausend Mark abheben«, erklärte der Erzengel Gabriel ruhig.
»Aha, eine ganz ausgezeichnete Idee, ich werde die Mädchen bitten, uns das Geld zu bringen«, sagte der Bankdirektor erfreut. Er gab den Auftrag über das Haustelefon andie Kasse weiter, und bald erschien im Zimmer eine hübsche junge Frau mit zwei Bündeln druckfrischer Scheine. Der Bankdirektor überreichte Petrus die Summe.
»Und hier bitte die Unterschriften«, sagte er und zog ein Formular hervor. Die beiden Alten füllten den Schuldschein aus und unterschrieben ihn. Dann schüttelte man sich herzlich die Hand, und die Sache war in jeder Weise erledigt. Gabriel und Petrus verließen freundlich lächelnd die Bank.
Eine halbe Stunde später war Direktor Rönnebloms göttlicher Rausch verflogen. Er las verdutzt den Schuldschein, mit dem er soeben dem Erzengel Gabriel und dem heiligen Petrus zweihunderttausend Mark bewilligt hatte. Seine Augen füllten sich mit Tränen der Wut. Schreckliche Flüche waren bis nach vorn in den Schalterraum zu hören.
Der Erzengel Gabriel und der heilige Petrus traten ins nahe Papiergeschäft, schrieben einen kurzen Brief an Torsti Rahikainen und steckten die Geldscheine in einen Umschlag. Dann begaben sie sich nach Ruskeasuo. Gabriel warf den Umschlag durch Rahikainens Briefschlitz, während Petrus den Mann in seiner Schweißerwerkstatt anrief und ihm sagte, dass er dringend eine wichtige Briefsendung von zu Hause abholen solle. Danach kehrten die beiden Alten in Pirjeri Ryynänens Wohnung zurück. Pirjeri war inzwischen aus dem Konfektionsgeschäft heimgekehrt. Er hatte einen grauen, zweireihigen Anzug mit Weste gekauft, der perfekt saß.
»Sie sind ja ein richtig eleganter Gentleman geworden«, lobte Petrus.
»Jetzt wirken Sie allmählich auch äußerlich wie ein Gott«, bestätigte Gabriel.
Die heiligen alten Herren berichteten, dass sie die von Pirjeri vorgeschlagene Wundertat vollbracht hätten. Sie hätten für Rahikainen das Doppelte dessen besorgt, was ursprünglich vorgesehen gewesen wäre. Gemeinsam machten sie sich auf, nach dem glücklichen Rahikainen zu sehen.
Tatsächlich! Torsti schwamm geradezu im Geld. Er hatte die Scheine in seiner Wohnung auf dem Sofa ausgebreitet, zählte sie gerade mit Tränen des Glücks in den Augen, als der Erzengel, der Apostel und der künftige Gott zu Besuch kamen.
Rahikainen erzählte, dass er vorhin eine Geldsendung mit zweihunderttausend Mark erhalten habe, sie sei zu ihm nach Hause gebracht worden. Es handle sich wohl um irgendeine alte Erbschaft, aber egal, woher das Geld auch stamme, jedenfalls sei es offenbar für ihn bestimmt.
»Menschenskind, Pirjeri! Stell dir vor, zweihunderttausend Mark steckt man dir einfach durch den Briefschlitz!« Er erzählte, dass er umgehend eine Weltreise antreten werde, und unterwegs wolle er Geschäfte in die Wege leiten, die ihm schon lange vorschwebten, das kleine Finnland sei ihm auf einmal zu eng geworden.
»Verflucht, dass tatsächlich auch unsereiner mal Schwein hat«, jubelte der gerührte Rahikainen.
»Könntest du vielleicht mit dem Fluchen aufhören, Torsti, meine beiden Freunde sind sehr religiös«, merkte Pirjeri an.
»Klar, verdammt! Oh, Verzeihung, aber kein Arsch legt in diesem Alter noch seine Gewohnheiten ab, und, hol’s der Teufel, wir Reichen haben eben seit jeher unsere eigenen Laster.«
Nach dem Gratulationsbesuch kehrten sie in Pirjeris Wohnung zurück. Sie vereinbarten, dass der Erzengel nach Bulgarien zurückkehren und Gott berichten würde, dass der Stellvertreter gefunden und bereit sei, die Aufgabe baldmöglichst zu übernehmen. Da Pirjeri noch ein Mensch war und nicht mit Gedankenschnelle in den Himmel gelangen konnte, blieb der heilige Petrus bei ihm, um ihn auf der Bulgarienreise zu begleiten. Gleich am nächsten Morgen wollten sie auf brechen, am liebsten per Flugzeug, sowie Pirjeri seine Arbeit auf der Baustelle gekündigt und sich von seiner Lebensgefährtin Eija verabschiedet hatte.
Pirjeri Ryynänens himmlisches Abenteuer hatte begonnen.
6
Pirjeri Ryynänen und der heilige Petrus dachten sich gemeinsam eine passende Geschichte aus, die sie Eija Solehmainen auftischen wollten – im
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