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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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eine schweißtreibende Angelegenheit, im Allgemeinen leidige Pflicht, aber diesmal schimpfte Pirjeri nicht über die Mühen des Abstiegs. Er machte sich ganz andere Gedanken. Die Vermutung, die sich ihm als Erstes aufdrängte, war, dass er entweder den Verstand verloren hatte oder dass etwas Übernatürliches im Gange war.
    Der Meister kam aus seiner Baracke gerannt und schrie Pirjeri mit hochrotem Kopf an, warum er mitten am Arbeitstag vom Kran herunterkam. Warum ließ er ein ganzes Wandelement am Haken zwischen Himmel und Erde schweben?
    Pirjeri blieb nicht stehen, um dem Meister von seinen eben gemachten Erfahrungen zu berichten, sondern marschierte schnellen Schrittes von der Baustelle und sagte nur im Gehen:
    »Hör zu, ich habe Dringenderes zu tun, ich erkläre dir später alles.«
    Auf der Straße fand Pirjeri die beiden Alten vor. Gabriel reichte ihm die Hand und stellte sich vor:
    »Gabriel, Erzengel.«
    Die alten Männer schlugen vor, einen ruhigen Ort aufzusuchen, damit man sich unterhalten könne. Sie hätten ein außerordentlich wichtiges Anliegen an Herrn Ryynänen.Gemeinsam gingen sie zum Senatsplatz, dort setzten sich die beiden Alten auf die Umrandung des Denkmals von Alexander II . und vergewisserten sich, dass niemand in der Nähe war. Dann verkündete der Erzengel Gabriel in feierlichem Ton:
    »Wir sind die Sendboten des allmächtigen Gottes, Herr Ryynänen, und Sie sind zu seinem Stellvertreter auserkoren worden.«

5
    Wenn jemand mitten an einem gewöhnlichen Arbeitstag mit der Mitteilung überrascht wird, dass er zum Stellvertreter Gottes gewählt worden ist, dann ist es kein Wunder, wenn der Betreffende die Sache nicht gleich für voll nimmt.
    Pirjeri betrachtete die beiden Alten, die auf der Umrandung des Zarendenkmals saßen. Einer von ihnen war Erzengel Gabriel und der andere der heilige Petrus, so hatten sie sich ihm vorgestellt. Zu allem Überfluss sprachen sie Finnisch, das erschien Pirjeri unglaublich.
    »Wir beherrschen fließend alle Sprachen der Welt«, erklärte der Erzengel Gabriel, obwohl Pirjeri gar nicht dazu gekommen war, seine Verwunderung laut zu äußern.
    »Sie haben hier eine wirklich prachtvolle Kirche«, sagte Petrus mit Blick auf den Dom am oberen Rand des Platzes.
    Pirjeri bestätigte, dass das Bauwerk in jeder Hinsicht bemerkenswert sei. Aber meinten die fremden Herren es auch ernst, was bezweckten sie mit ihrem Gerede vom Gottesamt?
    Der heilige Petrus begann zu erklären. Er sprach von den Bedingungen im Himmel und auf der Erde, beleuchtete kurz den Zustand der Menschheit und die daraus resultierende tiefe Deprimiertheit und Müdigkeit Gottes, desAllmächtigen. Petrus verriet, dass Gott die Absicht hatte, Urlaub zu machen, er wollte ein Sabbatjahr nehmen. Und für diese Zeit müsse ein fähiger Stellvertreter gefunden werden, der sich um die Welt kümmere. Eine Woche lang hatten sich die Engel die Gebete der Menschen angehört und aus den Absendern geeignete Kandidaten ausgesucht. Die endgültige Auswahl sei noch nicht abgeschlossen, aber wenn Pirjeri einverstanden sei, könne er schon jetzt das hohe Amt übernehmen.
    »Wir möchten betonen, dass die Aufgabe sehr anspruchsvoll ist, aber wir haben uns über Sie informiert, und Sie erscheinen uns wirklich als sehr kompetent und geeignet für das Amt«, sprach der Erzengel Gabriel.
    In Pirjeri Ryynänens Schädel summte es, seine Gedanken überschlugen sich, ihm wurde schwarz vor Augen, und er setzte sich mit zitternden Beinen zu den Alten auf den Denkmalsockel. Er brachte kein Wort heraus.
    Die beiden Alten warteten, bis sich die Aufregung des künftigen Gottes legte. Dann erzählte Petrus von seinen Erinnerungen, denn er hatte, als er noch ein Mensch gewesen war und gelebt hatte, Ähnliches erfahren, als ihm die Ehre zuteilgeworden war, ein Jünger Jesu zu werden. Er hatte Tage gebraucht, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Jesus der Sohn Gottes sein sollte. Er war anfangs misstrauisch gewesen, immer wieder, so wie es die Fischer allgemein sind. Aber schließlich war er von Jesu Göttlichkeit überzeugt gewesen. Der Erzengel Gabriel wollte an dieser Stelle etwas einwerfen, aber Petrus knurrte:
    »Die Geschichte mit den glühenden Kohlen lassen wir jetzt mal beiseite.«
    Gabriel legte sanft seine Hand auf Pirjeri Ryynänens Schulter und sprach:
    »Der Mensch ist misstrauisch, das weiß ich, und zweifellos ist diese Situation sehr ungewöhnlich. Aber überdenken Sie die Sache ganz in Ruhe. Ich versichere Ihnen,

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