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Der Liebe Gott Macht Blau

Titel: Der Liebe Gott Macht Blau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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außerdem klar, dass er der Herr der gesamten Schöpfung sei, der oberste und mächtigste der Götter. Er sei befugt, sich um die ganze Erde zu kümmern, er sei für sie verantwortlich, und so habe er es für seine Pflicht gehalten, persönlich zu erscheinen und sich überdie Zustände in Kalkutta zu informieren. Er zeigte sich überrascht von dem unfreundlichen Empfang, seiner Meinung nach gab es dafür keine stichhaltigen Gründe.
    Die Brahmanen begannen gegen den christlichen Glauben zu hetzen, erklärten, es sei eine grausame Religion, Verursacher vieler Glaubenskriege, ein Zusammenschluss gieriger Menschen. Die Christen hätten den Hindus nichts zu sagen. Einer der beiden Brahmanen, der anscheinend gut über die Situation im Himmel informiert war, verstieg sich sogar zu der Formulierung, dass Birger Ryynänen einen Mangel an Urteilsfähigkeit zeige. Wie sei es möglich, dass ein ordinärer finnischer Kranfahrer einfach mir nichts dir nichts nach Kalkutta käme, um in die jahrhundertealten religiösen Traditionen Indiens einzugreifen. Hatte Herr Ryynänen denn keinen anständigen Ratgeber, der ihm ein wenig Feingefühl beigebracht hätte?
    Pirjeris Galle kochte. Er schickte Radzu hinaus und schlug Tsishva vor, dasselbe mit den eifernden Brahmanen zu tun. So geschah es. Die beiden Götter blieben im Tempel allein, wenn man von einem Rikschafahrer absah, der gekommen war, um auf der anderen Seite des Raumes dem Gott Wischnu zu huldigen, indem er Wasser auf den Scheitel der steinernen Skulptur goss und etwas Unverständliches murmelte.
    Tsishva wurde höflicher. Er erklärte, dass die Brahmanen sich manchmal unnötig ereiferten, Pirjeri solle Verständnis für die hiesigen Priester haben. Er gab zu, dass in Kalkutta elende Verhältnisse herrschten, man hatte in dieser Stadt immer gelitten und würde immer leiden. Das war Gesetz. Seinen Worten zufolge herrschte auf der Welt eine geistige Harmonie, die aus dem ständigen Wechsel von Geburtund Tod entstand, es war wie ein Bewusstseinsstrom, bestehend aus den Elementen Leben und Tod und gewürzt mit Elend.
    »Dieses vielgestaltige System bildet das kosmische Gesamtbewusstsein, im Rahmen dessen wir hier leben und sterben«, erklärte Tsishva. »Ich erwarte nicht, dass Sie mit Ihrer westlichen Bildung diese tiefe Weisheit verstehen. Aber ich bestehe darauf, dass Sie uns in Ruhe lassen. Ich bitte Sie, Indien zu verlassen und sich auf Ihre eigenen Angelegenheiten zu konzentrieren, damit haben Sie mehr als genug zu tun, wie ich denke.«
    Pirjeri erkannte, dass es hoffnungslos war, wegen der Angelegenheit zu streiten. Er erinnerte sich, dass ihn Gott vor Konflikten mit den Vertretern anderer Religionen gewarnt hatte. Jetzt wäre die Gelegenheit, sich die Hindus zur Brust zu nehmen, aber lohnte es? Pirjeri kam zu dem Schluss, dass Tsishva wohl auf seine Art Recht hatte. Was konnte er, Pirjeri, gegen das Leid in Kalkutta ausrichten, wenn die Hindugötter darauf bestanden, sich um ihre Leute selbst zu kümmern? Pirjeri knurrte:
    »Na gut, dieses eine Mal. Aber so kann es nicht weitergehen. Versuchen Sie um Himmels willen, die Dinge wenigstens halbwegs in Ordnung zu bringen. Außerdem meinte ich es nur gut, aber wenn Sie keine Hilfe wünschen, kann man nichts machen.«
    »Ich bin froh, dass Sie das so sehen«, erwiderte Tsishva zufrieden.
    »Trotzdem erinnere ich daran, dass ich der Herr der gesamten Schöpfung bin, daran ist nicht zu deuteln, und ich erlaube nicht, dass meine Stellung in Frage gestellt wird«, betonte Pirjeri nachdrücklich.
    Tsishva fand es nicht der Mühe wert zu widersprechen. Er entschuldigte sich für die unbedachte Äußerung der Brahmanen hinsichtlich des ordinären Kranfahrers und erwähnte, dass er selbst einst als Jutewäscher am Ganges gearbeitet hatte, und in seinem Leben davor wiederum hatte er Gelegenheit gehabt, den Lauf der Welt als heiliges Rind zu beeinflussen.
    »Ich war ein prächtiger Yak, meine Schultermähne, die sie vielleicht bemerkt haben, ist eine Erinnerung an diese Zeit.«
    Pirjeri verabschiedete sich von Tsishva und tätschelte ihm im Gehen die Mähne. Draußen vor der Tür des Tempels drückte er Radzu die Hand und sagte, dass er wieder in den Himmel zurückkehren werde. Die streitbaren Brahmanen hatten sich bereits verkrümelt.
    »Versuch klarzukommen, Radzu, und wenn es mal eng wird, dann melde dich bei mir«, sagte Pirjeri.
    »Es wird schon klappen, man muss die Dinge nur einfach laufen lassen«, meinte Radzu Murhshami in seiner

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