Der Liebe Gott Macht Blau
schwamm durch das ruhige Wasser einer Lagune an Land. Dort warteten ein paar Eingeborene mit ihren Mopeds, sie halfen den Schiff brüchigen ans Ufer und kredenzten ihnen Ananasschnaps. Die jungen Eingeborenen fingen zwei Schaf böcke ein, den anderen Tieren gelang es, in den dichten Urwald zu flüchten. Später wurden die eingefangenen Schaf böcke in den Kochtopf gesteckt und mitgutem Appetit verzehrt, während die Trommeln durch die tropische Nacht dröhnten.
Geschäftsmann Torsti Rahikainen und der unglückliche Schiffskapitän Shunjago Shiu saßen mit nassen Hosen in der Strandbar des einzigen Hotels von Rarotonga, unter einem vom Taifun zerfetzten Sonnendach. Trübsinnig blickten sie auf den feindlichen Ozean. Der blinkende stählerne Rumpf der Fuji Maru klebte, einen halben Kilometer entfernt, an einem weiß umschäumten Korallenriff. An den vom Mond beschienenen Sandstrand trieben ramponierte Schafskäfige, sie sahen aus wie Reusen, die ein eiliger Fischräuber zerstört hatte.
27
Die fromme Sau Elisapet, Herdbuchnummer SSK 75 4 4/86, seufzte mütterlich besorgt. Elisapet wohnte in einem auf die Ferkelproduktion spezialisierten Schweinebetrieb in Vihti im Dorf Kirvelä. Außer ihr gab es dort zehn weitere Sauen, und jede von ihnen hatte eine ganze Horde kleiner Ferkel um sich. Elisapet hatte zuletzt Anfang des Herbstes geworfen. Ihre Ferkel, sechzehn an der Zahl, waren schon zwei Monate alt und tüchtige Brocken, fröhliche Burschen, die noch keine Sorgen kannten. Natürlich wusste Elisapet nicht genau, wie viele Ferkel sie besaß, sie konnte nicht lesen, und zählen konnte sie nur bis fünf. Sie begnügte sich mit der Schätzung, sie hatte reichlich mehr als fünf Ferkel, vielleicht dreimal so viel oder etwas in der Art.
Schweine sind immerhin sehr kluge Tiere, obwohl sie keinen Zugang zu Unterricht, nicht mal der primitivsten Art, oder zu anderer Bildung haben. Alles, was sie nicht instinktiv wissen, müssen sie sich selbst durch Erfahrung aneignen. Außerdem inspiriert das Gequieke und Gegrunze in einem Schweinestall nicht gerade zu höherer Beschäftigung.
Doch trotz dieser Bedingungen war Elisapet zu einer recht gebildeten Sau geworden, die außer körperlichen auch geistige Bedürfnisse hatte und entsprechende Aktivitätenzeigte. Elisapet konnte die Uhr nicht lesen, dennoch hatte sie ein gutes Zeitempfinden. Sie wusste genau, wann die Fütterungszeiten waren, wann am Abend im Schweinestall das Licht gelöscht und wann es am Morgen wieder angeknipst wurde. Sie kannte persönlich und mit Namen Huismanen, den Betreiber der Schweineanlage, seine Frau und seine beiden Kinder, sie wusste, dass sie Huismanen gehörte, für ihn arbeitete. Sie ahnte auch mehr oder weniger, dass Huismanen sie nicht umsonst ernährte, obwohl es so aussah. Als junge Ferkeldame hatte sie gesehen, wie Huismanen hinter dem Schweinestall einen jungen Eber erschossen und den blutigen Kadaver aufgehängt hatte, dann hatte er den armen Burschen, das unschuldige Wesen, ausgenommen und abgebrüht.
Im Schweinestall kursierten besonders jetzt, vor Weihnachten, die wildesten Gerüchte von bevorstehenden Massenschlachtungen. Um diese Jahreszeit erschienen fremde Männer im Schweinestall, die zusammen mit Huismanen gemein zu Werke gingen. Sie trieben dicke Ferkel aus ihren Koben und geradewegs in einen draußen vor der Tür wartenden Lastwagen. Die Ringelschwänze kreischten vor Entsetzen, wenn sie in den dunklen Laderaum gestopft wurden. Die Türen wurden zugeschlagen und verschlossen. Dann dröhnte es, und das Auto fuhr ab. Elisapets Koben war insofern günstig gelegen, als sie all das beobachten konnte, ohne sich zu recken. Ihre Ferkel waren jeden Herbst auf diese Weise fortgeschafft worden. Im Frühjahr wurden die kleinen Ferkel in Säcken weggebracht. Elisapet verstand nicht, warum die Menschen es im Frühjahr so eilig hatten, dass sie ihr die Kleinen schon wegnahmen, wenn sie noch Babys waren.
Die Sau Elisapet war beim Beobachten dieser Ferkelraubzüge gläubig geworden. Sie war der Überzeugung, dass fern hinter dem Stall, vielleicht noch weiter weg als der Waldrand, eine große und schweinische Gottheit existierte, die ihr in diesem Leben helfen und die rettend eingreifen konnte. Elisapet hatte sich angewöhnt, zu dieser Kraft, sagen wir ruhig zu Gott, zu beten. Wenn sie nett zu ihren Nächsten war, dann half ihr vielleicht jene Höchste Kraft durch die Härten des Lebens.
Im Moment allerdings war die Sau Elisapet wieder
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