Der Liebe Gott Macht Blau
Kapitän wies Rahikainen eine Koje im Achterdeck zu. Die Räume der zwölfköpfigen Besatzung befanden sich im Bug, wie es die alte Seemannstradition verlangt.
Rahikainen fütterte seine Tiere im Mittelschiff und blickte dann hinüber zu dem Inselstaat, der langsam am Horizont verschwand. Es war Abend, kurz vor Eintritt der Dunkelheit, sanftester Frühling. Die Erinnerungen an die Romanze mit der Maorifrau ließen das einsame Herz des Mannes aus dem hohen Norden pochen.
Der Fischtrawler nahm Kurs auf Panama. Der Ozean war fast ruhig, nur ganz sacht schaukelten die Wellen das große Schiff.
Rahikainen ging auf die Kommandobrücke, um mit dem Kapitän ein wenig über die begonnene Seereise zu plaudern. Shunjago Shiu zeigte ihm den Kompass und das Radar. Eine angenehme Überfahrt war zu erwarten. Das Radio hatte gutes Wetter vorhergesagt für die Route, die der Kapitän gewählt hatte, und die führte von Neuseeland nach Panama, südlich vorbei am Tuamotu-Archipel. Nördlich des Äquators entwickelte sich zwar ein Taifun, aber aller Voraussicht nach würde er sich im Seegebiet zwischen Neuseeland und Panama nicht auswirken. Das Barometer war ebenso zuversichtlich. Auch die Schafe waren mit ihrem Dasein zufrieden. Der Kapitän hielt das für eingutes Zeichen: Tiere wittern die Gefahr, auf dem Lande wie auch auf dem Meer.
Der Mensch denkt, Gott lenkt. Am nächsten Tag war der auf Hawaii registrierte Taifun bereits so stark, dass aus Honolulu aufgeregte Gebete in Kerimäki eingingen und die Leute Gott anflehten, den Sturm zu besänftigen. Nach der üblichen Vorgehensweise wurde Pirjeri Ryynänen über die Gefahr informiert. Er hatte die ewigen Stürme allmählich satt. Bereits drei Mal hatte er während des Herbstes gegen einen teuflischen Taifun oder Tornado kämpfen müssen. Diesmal entschloss er sich, die Richtung des Sturms zu ändern und ihn in solche Gewässer des Stillen Ozeans zu schicken, in denen er sich nach Herzenslust austoben konnte. Pirjeri begab sich rasch nach Hawaii und lenkte den beginnenden Sturm radikal nach Süden.
Einen Tag später hatte der Taifun auf dem Weg, den Pirjeri ihm gewiesen hatte, bereits den Äquator überquert und tobte, mächtige Wellen aufwühlend, nahe der Marquesas-Inseln. Gleichzeitig tuckerte der japanische Fischtrawler Fuji Maru seelenruhig geradewegs ins Auge des Sturms. Das Meer war noch ruhig, die Sonne schien, aber die Stimmung auf dem Schiff war merkwürdig angespannt. Als Erste registrierten Rahikainens Rasseschaf böcke die veränderte Atmosphäre. Sie mochten nicht fressen und trinken, begannen zu blöken und liefen in ihren Käfigen herum, als hätten sie große Angst. Rahikainen rief den Kapitän und machte ihn auf das Verhalten der Tiere aufmerksam.
»Das sieht nicht gut aus«, murmelte Shunjago Shiu mit dem Instinkt des erfahrenen Seebären. Zusammen mit Rahikainen ging er auf die Kommandobrücke. Dort wurdeihnen der Grund für die Nervosität der Schafe klar: Das Barometer, das am Morgen noch 1020 Millibar angezeigt hatte, war auf 880 gefallen, und es fiel kräftig weiter.
»Bald geschieht etwas Schreckliches«, äußerte der Kapitän.
Im Radio hörten sie, dass der Taifun von Hawaii am Vortag überraschenderweise seine Richtung geändert hatte. Er hatte den Äquator überquert, obwohl er laut Vorhersage um diese Zeit in Richtung Philippinen unterwegs sein müsste.
Nach Meinung des Kapitäns verhielt sich der Sturm, als würde er durch eine übernatürliche Kraft gelenkt. Shunjago Shiu studierte die Seekarten und beschloss, den Kurs zu ändern und Polynesien anzusteuern. So hoffte er dem rasch nach Süden preschenden Sturm auszuweichen. Den Meteorologen wünschte er die Pest an den Hals.
In dieser Phase mischte sich der Schutzheilige Konko-Hito ein und ergriff Maßnahmen, den Sturm wieder in seine frühere Richtung zu lenken. Nach zwei Stunden der größten Anstrengung konnte er feststellen, dass das Zentrum des Sturms abgedreht hatte und langsam nach Norden weiterzog. Es sah so aus, als würde die Fuji Maru mit dem Schrecken davonkommen.
Von Kerimäki aus wurde der eigenwillig umherirrende Taifun wieder in seine vorherige Richtung gezwungen. Die Folge war, dass sich dessen Zentrum mit wachsender Kraft und wie entfesselt der fortstrebenden Fuji Maru näherte.
Die Ladeklappen des Schiffes wurden fest verschraubt und die Verschläge der Schaf böcke mit Seilen und Stahltrossen an Deck festgebunden. An die Mannschaft wurdenRettungswesten und ein Schuss Sake
Weitere Kostenlose Bücher