Der Liebe Gott Macht Blau
überhaupt – wenigstens in der Theorie – möglich sei, dem Mann ein Leben nach dem Tod zu versprechen.
Wie sich zeigte, war Reginald Harwey nicht ganz sündenfrei. Er hatte in der Schulzeit leichten Sadismus an den Tag gelegt, war an der Universität ein Streber und später im Arbeitsleben ein harter Chef gewesen. Andererseits gab es an ihm auch viel Gutes. Er war gesellig, freigiebig, ein treuer Ehemann und seinen Kindern ein liebevoller Vater. Außerdem ging er jede Woche in die Kirche. Er hatte sogar in seinem Privatflugzeug eine kleine tragbare Kapelle.
Das entschied die Sache. Tom Wheeler wurde beauftragt, seinem früheren Chef zu erscheinen und den Erwerb der Computer in der Praxis zu regeln. Einen schriftlichen Vertrag über den Platz im Himmel würde es nicht geben, auch der Generaldirektor von ABS musste auf Gottes Wort vertrauen. Pirjeri machte außerdem darauf aufmerksam, dass Reginald von nun an keine Sünden mehr begehendurfte, nicht mal im früheren geringen Ausmaß, andernfalls müsste sein Fall neu geprüft werden.
Eine Woche später, in einer milden verschneiten Nacht, fuhr ein riesiger Fernlaster an der Kirche vor. Er war über den Freihafen von Hanko eingereist und trug die internationalen TIR -Kennzeichen. Wegen der Geheimhaltung waren außerdem Aufkleber mit der Aufschrift Rohr und Isolierung AG Savonlinna angebracht worden. Tom Wheeler saß mit im Auto, dessen Ladung aus EDV -Spitzengeräten bestand. Der Laster fuhr rückwärts an die Kirchentür heran. Zehn amerikanische Computertechniker trugen die teuren Geräte hinein. Der Rechner wurde unter der Kanzel platziert, die Stromquelle auf der Empore. Große sichtbare Veränderungen wurden in der Kirche nicht vorgenommen, die Kabel wurden hinter den Lehnen der Bänke versteckt, die dicksten unter dem Fußboden verlegt. Die Monitore fanden ihren Platz auf den Haltebrettern für die Gesangbücher. Gearbeitet wurde im Akkord und mit religiösem Eifer. Für die Installation wurden fünf Nächte gebraucht.
Tom Wheeler begann mit einem Computerkurs für fünftausend Engel. Der Unterricht erfolgte auf Englisch, das alle Schüler beherrschten, denn die Engel sind ja allsprachig. Die Ergebnisse des Unterrichts waren allerdings nicht so gut wie erwartet. Es kam zu vielen ärgerlichen Fehlern. Besonders die ältesten Engel hatten viel Scheu vor den modernen Geräten.
In der darauffolgenden Woche wurde der Computer in der Praxis ausprobiert. Die Monitore funktionierten ausgezeichnet, der Rechner summte tadellos unter der Kanzel. Trotzdem waren die Ergebnisse ausgesprochen schlecht. Als die Gebete in die PC s eingetippt wurden, kam es zuzahlreichen bedauerlichen Fehlern: Es verschwanden Texte, das Sicherheitssystem des Computers streikte, in einigen Fällen wurden aus den Sünden der Menschen Verdienste und umgekehrt.
Die Engel bekamen zusätzlichen Unterricht, und sie wurden gebeten, sorgfältiger als bisher mit der Datentechnik umzugehen. Auch das half nichts.
Der Gedanke drängte sich auf, dass es sich um die üblichen Startschwierigkeiten handelte, aber als die Fehler nicht verschwanden, eher noch verstärkt auftraten, untersuchte Tom Wheeler die Sache genauer. Hatte sich ein feindlicher Virus im Programm eingenistet?
Nach genauer Prüfung konnten Tom und seine Gehilfen feststellen, dass sich im Rechner der neuen Superanlage tatsächlich ein besonders bösartiger Virus befand. Als sie weiter nachforschten, fanden sie heraus, dass irgendjemand in das Programm eingegriffen und es lahmgelegt hatte. Petrus und Gabriel hegten den Verdacht, dass es dem Satan persönlich gelungen war, das himmlische EDV -Programm unbrauchbar zu machen.
Die Fehler mehrten sich. Es gab Tage, da gelang es den fünftausend Engeln lediglich, ein paar tausend Gebete im Computer zu speichern. Wenn diese dann zwecks Weiterbehandlung erneut aufgerufen wurden, waren sie inzwischen völlig unverständlich geworden. Es erwies sich als unmöglich, ein Sündenregister der Menschheit zu erstellen. Serienmörder, Vergewaltiger, Folterer und andere Übeltäter befreite der Computer von ihren Sünden und deklarierte sie als himmelstauglich. Hingegen hängte er grundanständigen Menschen abscheuliche Grausamkeiten und rabenschwarze Verbrechen an. Hunderttausendeliebenswerter und tadelloser Personen hätten demzufolge auf direktem Wege in die Hölle geschickt werden müssen. Die Himmelsbücher waren gründlich durcheinandergeraten. Die Situation war unerträglich.
Pirjeri mischte sich
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