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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Leinemann
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war sie frei.
    Aus dem Raum 132 flog ein Schüler raus, ein kleiner, aggressiv schauender Kerl. Man hörte die Lehrerin von drinnen hinterherbrüllen, er solle sich gefälligst beim Direktor melden. Doch der Kerl zeigte nur einen Stinkefinger, zog missmutig seinen Rucksack hoch, setzte die Basecap schräg auf und machte sich auf in Richtung Ausgang. Der würde heute sicher nicht mehr am Unterricht teilnehmen.
    »Wir müssten gleich da sein«, sagte Toni. Ihre Stimme klang etwas unsicher. Vielleicht hätte sie sich heute früh etwas dezenter anziehen sollen - sie trug ein cremefarbenes Hemdkleid mit verspielten Biesen im Vorderbereich. Biesen, das waren kleine Raffungen des Stoffes, die das Kleid im oberen Bereich wie eine Ziehharmonika falteten. Sehr kunstvoll, sehr schön, aber absolut kein Outfit, das zu dem Basecap-Graffiti-Umfeld hier passte. Die Absätze ihrer Peeptoes lagen bei vierzehn Zentimetern, was bei einem fluchtartigen Rückzug sehr hinderlich wäre.
    »Ich kann nicht glauben, dass ihr beim Notar nicht gemerkt habt, was Georg euch da unterschiebt. DHB - ich meine, da kann man doch draufkommen.« Auch Margot schien sich nicht besonders wohlzufühlen.
    »DHB kann alles heißen. Ich dachte, es wäre so ein Ehrenamt wie: ›Diabetiker, Herzkranke, Blinde‹ oder ›Damen helfen Benachteiligten‹, so ein Kram halt. Woher soll ich denn wissen, dass DHB für den Deutschen Hausfrauenbund steht? Ich wusste noch nicht mal, dass es einen Hausfrauenbund gibt.«
    »Das ist wirklich superpeinlich. Wir richten eine Gala für den Deutschen Hausfrauenbund aus. Also eins sage ich dir, Schätzchen,
der Punkt taucht niemals in meiner offiziellen Biografie auf.«
    Toni zuckte mit den Schultern. »Ich kann es nicht ändern, ich habe nun einmal im Vertrag zugesagt, dieses Ehrenamt zu übernehmen. Klar, Georg hat mich reingelegt. Der hängt jetzt irgendwo in London oder Rio oder weiß der Kuckuck wo rum und lacht sich kaputt. Ich meine - ich und Hausfrauenbund. Ich kann gerade noch einen Knopf annähen. An einem Reißverschluss würde ich scheitern.«
    »Egal. Hauptsache, man kennt einen guten Änderungsschneider«, munterte Margot sie auf.
    »Mein Standpunkt«, sagte Toni. Jetzt standen sie vor Raum 136. Weder Toni noch Margot klopften. Sie zögerten beide den Moment hinaus.
    »Und was will Georgs Konzern noch mal für den Hausfrauenbund populär machen?«, fragte Margot flüsternd.
    »Den Haushaltsführerschein«, flüsterte Toni zurück.
    »Haushaltsführerschein? Was soll das sein? Muss ich dafür vorführen, ob ich die Spülmaschine richtig einräumen kann? Korrektes Einparken der Untertassen und Eierbecher?« Margot machte jetzt rudernde Bewegungen, dabei wurden ihre Hieronymus-Bosch-Tattoos sichtbar. Wie das die Dame vom Hausfrauenbund wohl aufnehmen würde? Egal.
    »Sehr witzig. Genau so habe ich gestern auch noch geredet. Aber deinen Sarkasmus kannst du gleich wieder einpacken, Margot. Wir beide machen eine superheiße Gala und bringen damit den Haushaltsführerschein groß raus, was immer das ist. Und dafür wirbt der Hausfrauenbund ausschließlich für die Haushaltsgeräte von Georgs Firma. Für ihn ist das ein großer Prestigegewinn. Und warum ist Prestigegewinn für Georg so wichtig?« Am Ton der letzten Frage hörte man, dass Margot und Toni den Dialog schon mehrmals durchgespielt hatten.

    »Damit er Vorstandsvorsitzender wird«, leierte Margot runter.
    »Und warum wollen wir, dass er Vorstandsvorsitzender wird?« Toni ließ nicht locker.
    »Damit du die fette Kohle mitnimmst - 500 000 Euro, wuhuhu, dafür würde ich mir das Logo des Haushaltsführerscheins auch groß aufs Auto kleben.«
    »Blödsinn. Du hast doch gar kein Auto«, knurrte Toni, und dann klopfte sie an die Tür des Raums 136. Sie traten ein, und sie wunderten sich.
    Was sich vor ihnen auftat, war alles andere als verkommen. Im Raum 136 war eine blitzblanke Showküche aus Chrom eingerichtet worden. Mehrere Herdflächen, dazu Öfen, Spülen, eine Mikrowelle, allerlei Küchengeräte und große Arbeitsflächen - hier konnten größere Gruppen ernsthaft kochen.
    »Wow, hier ist doch alles so runtergekommen. Und jetzt das.« Margot sah sich um und prüfte mit dem Finger die Chromleisten.
    »Sind wir plötzlich in einem anderen Gebäude?«, wunderte sich auch Toni.
    »EU-Gelder«, sagte die Frau trocken, die nun hinter der Küchenzeile auftauchte, den Arm voller Gemüse - verschiedene Kohlsorten, Porreestangen, Karotten. Ramona Rottenbacher,

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