Der Liebespakt
getan?«, fragte Toni verwirrt.
»All diese Sachen sind gefährlich für das Ungeborene. Rohmilchkäse kann schädliche Bakterien enthalten, Listeria-Bakterien, die zu Missbildung führen können. Sushi und rohes Fleisch können Trichinen enthalten - ihr Verzehr kann sogar
einen Schwangerschaftsabbruch auslösen«, sagte Ludmilla Bense.
»Toxoplasmose, hat Ihr Frauenarzt Sie davor nicht gewarnt?«, fragte Sophie Rosenstätter entsetzt.
Mist. Sie hatte sich vorführen lassen. Seit Tagen blätterte sie in dem Ratgeber-Buch: »300 Fragen zur Schwangerschaft«. Sie hatte versucht, sich in den Zustand einer Schwangeren einzufühlen, damit ihr keine Fehler unterliefen. Und jetzt war ihr der erste riesige Schnitzer passiert - »Toxoplasmose: Ein Parasit, der durch den Verzehr von rohem oder nicht genug durchgebratenem Fleisch übertragen werden kann. Eine Infektion kann zu schweren Gehirnschäden des Ungeborenen führen.« Beschämt schaute sie auf ihren leeren Schoß, auf dem eben noch der Teller mit dem verseuchten Essen gestanden hatte. Glaubte Karoline also weiterhin an die Schwangerschaft? War dieser Teller vom kalten Buffet ein Anschlag der Geliebten auf den Embryo gewesen? Womöglich war auch alles nur ein Zufall. Nun ja - Carpaccio, Sushi, Rohmilchkäse. Ein bisschen heftig für einen Zufall.
»Apropos Frauenarzt«, meldete sich Karoline zurück, die kein bisschen erschüttert zu sein schien. »Wie weit bist du eigentlich? 9 + 6, 11 + 4 oder 13 + 7?«
Seit wann war das mit der Schwangerschaft eine Additionsaufgabe? 9 + 6, was sollte das heißen? Neun Monate und dann noch sechs dazu? Es gab doch keine Frauen, die fünfzehn Monate schwanger waren. Womöglich sechs weitere Wochen. Dann wäre man allerdings zehn Monate schwanger.
»17 + 4«, sagte Toni.
Karolines Augen wurden schmal. »Das ist ein Kartenspiel.«
»Tatsächlich«, lachte Toni, scheinbar leicht und heiter, »du hast mich ertappt. Georg und ich halten uns mit der Bekanntgabe von Terminen noch zurück. Die ersten Wochen sind ja immer noch kritisch.«
»Es wird doch kein Windei sein?«, fragte Karoline. Ihr Blick war lauernd. Sie ließ sich keine Regung in Tonis Gesicht entgehen.
Ein Windei. Unter Ärzten auch Abortivei genannt. Die Eizelle ist zwar befruchtet, doch es entwickelt sich kein Kind daraus. Denn das Herz des Wesens beginnt nicht zu schlagen. Ein Windei, eine Lüge, eine falsche Schwangerschaft. Toni musste jetzt richtig parieren. Ab wann musste der Herzschlag auf dem Ultraschall zu erkennen sein? Sie überlegte fieberhaft. Sie hatte die Zahl gelesen. Jetzt kam ihr eine in den Sinn.
»Keine Sorge«, sagte sie leichthin, »die 6. Woche liegt schon hinter mir.«
An Karolines versteinertem Gesicht erkannte sie, dass sie richtig gelegen hatte.
»Plant ihr eine Amniozentese?«, bohrte Karoline nach.
»Nein, vermutlich machen wir eine Chorionzottenbiopsie«, konterte Toni.
»Eine Plazentapunktion?« Karoline tat überrascht.
»Ja, aber erst nach dem Sonogramm.«
»Vielleicht solltet ihr ja auch den AFP-Wert bestimmen«, schlug jetzt Karoline vor. AFP-Wert? Kurz war Toni aus dem Rhythmus. Dann fiel ihr das Stichwort wieder ein.
»Nein, der Bluttest wäre überflüssig. Ich denke, einen offenen Rücken würden die Ärzte beim Screening sofort erkennen.«
Die anderen Frauen verfolgten mit offenem Mund die Diskussion. Sophie Rosenstätter hielt sich noch an Tonis Teller fest, Ludmilla Bense stellte den Champagner ab, um konzentrierter dem Schlagabtausch folgen zu können, Lilly Putkammer japste hörbar. Beate von Randow schüttelte erstaunt den Kopf. »Also, meine Damen, ich selbst habe ja vier Kinder zur Welt gebracht. Aber ich schwöre, von dem, was Sie da reden, habe ich noch nie gehört. AFP-Wert, Chromosombiometrie …«
»… Chorionzottenbiopsie«, verbesserte Karoline, »eine Gewebeprobe des Mutterkuchens.«
»Damit können nicht nur Chromosomendefekte festgestellt werden, sondern auch Stoffwechselkrankheiten.«
»Also, Küken, verzeih, Karoline, du hast doch noch gar keine Kinder. Und für Sie, Frau Jungbluth, ist es die erste Schwangerschaft. Sie stehen ganz am Anfang. Wieso in aller Welt wissen Sie das alles?« Beate von Randow schaute die beiden neugierig an. Aber weder Toni noch Karoline gaben eine Antwort.
Die Wahrheit konnte nicht ausgesprochen werden. Die eine täuschte eine Schwangerschaft vor, die andere wollte sie überführen. Die eine ging mit dem Ehemann der anderen ins Bett. Der Ehemann begann sich nun
Weitere Kostenlose Bücher