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Der Lilienring

Titel: Der Lilienring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Verdacht bringen.«

    »Dann müssen wir etwas dagegen tun. Hat sie ihm die Drogen verabreicht? Er war müde und unkonzentriert, als er bei mir war.«
    »Das hat Rose auch festgestellt. Die Bonbons, weißt du! Sie waren mit starken Beruhigungsmitteln präpariert.«
    »Du musst deinen Verdacht angeben, Anahita.«
    »Warum kommen sie nicht selbst drauf?«
    »Sind sie wahrscheinlich schon. Aber wenn Uschi nichts zugibt – wie sollen sie es beweisen?«
    »Der perfekte Mord.«
    »Ich glaube nicht, dass es Mord war, Anahita. Ich glaube nicht, dass sie ihn vorsätzlich umbringen wollte. Sie wird von dem Ergebnis selbst entsetzt sein.«
    »Vielleicht male ich sie schwärzer, als sie ist. Wir stehen nicht gut miteinander.«
    »Lass mich nachdenken. Übrigens, hier wird es kühl, ich würde gerne ein wenig weitergehen.«
    Wir schlenderten die Wege zwischen den grünen Wiesen entlang. Beide schwiegen wir, ich kämpfte mit meinen Gefühlen, Denise schien in Gedanken versunken. Und wie der Zufall es wollte, kamen wir an der so genannten »Römerstraße« an, jenem Weg unter den alten Kastanienbäumen, der von den Abgüssen antiker Weihesteine gesäumt wird und an die Zeit erinnert, in der die Römer das Rheinland besiedelt hatten. Ich hatte ihnen nie besondere Aufmerksamkeit geschenkt, aber plötzlich blieb ich wie angewurzelt stehen. Warum hatte ich nie den Matronenstein unter ihnen bemerkt?
    Auch Denise blieb stehen und betrachtete die drei Frauen unter dem Tempeldach. Zwei von ihnen trugen runde Hauben, die mittlere war barhäuptig und hielt eine Schale im Schoß.
    »In all den Geschichten von Julian spielt ein solcher Matronenstein eine Rolle.«

    »Ich weiß, er hat sich für die alten Formen der Religionen interessiert. Die drei Göttinnen...«
    »… und die drei Marien.«
    »Oder die drei Jungfrauen – Glaube, Liebe, Hoffnung.«
    Sie legte den Arm um mich. Denise war eine liebevolle Frau, die körperliche Berührung nicht scheute. Ich war ihr dankbar dafür. Aber dann machte ich mich sacht los und bückte mich, pflückte zwei Gänseblümchen und legte sie mit einer andächtigen Geste in die Schale. Es waren zwei Wünsche mit ihnen verbunden. Denise folgte meinem Beispiel, legte eine Blüte hinzu und meinte dann: »Ich habe eine Idee!«
     
    Bevor wir Denises Idee in die Tat umsetzen konnten, musste jedoch einiges geregelt werden. Sie übernahm das. Zwischenzeitlich erhielt ich dann seit langer Zeit wieder einmal eine erfreuliche Nachricht. Am Montag rief mich mein Doktorvater an, Professor Eckendorf, bei dem ich promoviert hatte. Ich freute mich darüber und richtete mich auf eine ausgiebige Unterhaltung ein. Wir waren stets gut miteinander ausgekommen, doch er neigte zur Weitschweifigkeit. Deswegen verwunderte mich ein wenig seine so kurz angebundene Art. Aber wie sich zeigte, hatte er ein Problem. Ein Projekt unter seiner Leitung im Historischen Institut, das im laufenden Semester begonnen hatte, war gefährdet, da der wissenschaftliche Mitarbeiter, der es verantwortlich führen sollte, wegen grober Verfehlungen kurzfristig entlassen werden musste.
    »Das ist doch Ihr Spezialgebiet, Frau Kaiser. Daher sind Sie mir eingefallen. Ich meine, Sie sind ja inzwischen sicher andere berufliche Verpflichtungen eingegangen. Trotzdem dachte ich mir, einen Versuch könnte ich ja mal wagen.«

    »Herr Eckendorf! Lieber Herr Professor, wie nett von Ihnen. Meine Verpflichtungen sind, aus privaten Gründen, derzeit verhandelbar.«
    »Wirklich?«
    Es klang so viel Hoffnung in seiner Stimme, dass ich unwillkürlich lachen musste.
    »Wollen wir verhandeln?«
    »Aber gerne. Könnten Sie morgen Vormittag ins Institut kommen?«
    »Ja, ich denke schon. Sie haben noch Ihr Büro an gleicher Stelle?«
    »Ja, Sie finden mich am bekannten Ort. Ist Ihnen halb zehn recht?«
    Ich sagte zu.
    Und dankte den Matronen das erste Mal.

16. Kapitel
    Ein Geständnis
    Professor Eckendorf war erfreut, ich war es ebenfalls. Die aufregendste Bezahlung war mit der Aufgabe nicht verbunden, wo gab es schon viel Geld in den Instituten? Es war auch keine Lebensstellung, sondern auf zwei Jahre befristet. Aber sie bot Möglichkeiten. Durchaus Möglichkeiten. Und sie erlaubte mir einen zeitlichen Spielraum, den ich für Rose und für meine eigene weitere Qualifikation einsetzen konnte. Nachdem das Geschäftliche verhandelt war, geriet der gute Eckendorf wieder in seine Gesprächslaune, und wir kamen von den kleinen Dingen zu den größeren, von dort zu den globalen und

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