Der Lilith Code - Thriller
vorderen Sitzen in seine Richtung gestellt. »Meine Truppen stehen bereit. Wir haben unsere Pakete schon vor Wochen erhalten. Sie lagern gut gesichert nicht weit von hier. Jetzt stellt sich nur die Frage nach dem Wo und Wann. Also, lassen Sie uns losschlagen.«
Der Rabbi lächelte unter seinem weißen Bart. »Die UN-DOF-Kaserne Ayn Ziwan bei Qunaitra, nicht weit von hier, wird der Ort der Verhandlung sein. Sie nehmen die Turnhalle, da direkt daneben die Schutzräume der UN-Truppen liegen. Hier sind die Pläne des Areals und hier die Pässe. Es sind kanadische und österreichische UNDOF-Ausweise. Bislang waren die Kontrollen nicht so gravierend. Unserer Regierung blieb auch nicht viel Zeit, ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Es dürfte also nicht so schwerfallen, auf das Gelände zu kommen. Heute Morgen flog die israelische Delegation mit dem Premier und dem Präsidenten mit drei Hubschraubern zum Militärstützpunkt oberhalb des Kibbuz Merom Golan. Sie werden gegen Mittag in einem Konvoi aus vermutlich vier gepanzerten Wagen über die Apfelplantage in das Tal hinunter zum westlichen Tor des UNDOF-Postens fahren. Kurz darauf erwarten sie dann die arabische Delegation. Diese wird, so ist ihr Plan, in den Ruinen der ehemaligen Stadt Qunaitra sich sammeln und zu Fuß gemeinsam zum Osttor gehen. Dabei legt jede Seite größten Wert auf die richtigen, symbolträchtigen Bilder.
Das ist Ihre Chance. Denn dann bleibt Ihnen genügend Zeit, die Pakete zu platzieren. Am späten Nachmittag beginnen die Sitzungen in der Turnhalle.«
Robinson nickte. Es blieb wenig Zeit, aber es könnte funktionieren.
»Sie werden in Jerusalem bleiben?«
»Nein, die UN-Vertreter baten darum, dass jede Seite geistlichen Beistand zu den Verhandlungen mitbringen sollte. Ich werde also in meiner Funktion als Rabbi auch dort sein und muss mich mit einem Imam und einem Christen womöglich zu einem gemeinsamen Gebet zusammensetzen. Nach unserem Gespräch fahre ich gleich weiter.«
Robinson lachte leise. »Das scheint Ihnen nicht zu gefallen.«
Der Rabbi schaute ihn aus seinen wässrigen Augen an. »Ich bin glücklich, am Ort des endgültigen Kampfes dabei zu sein. Danach soll nichts mehr so sein, wie es einmal war. Sie sorgen dafür, Mr. Robinson, dass das Gift in alle Leiber des Satans kriechen wird.«
Der Reverend nahm die Papiere und nickte nur kurz, dann verließ er sichtlich erleichtert den Wagen und atmete die warme Vormittagsluft ein.
Sein Assistent kam im Laufschritt zu ihm. »Sir, die Jünger warten auf Sie.«
»Lass sie beten. Ich brauche die Kanadier. Hol Sie! Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Damaskus, 23. 06., 7.35 Uhr
Niemand, der bei Verstand ist, zieht den Krieg dem Frieden vor; denn in diesem begraben die Söhne ihre Väter, in jenem die Väter ihre Söhne.
Aus: Herodot »Historien«
Der Präsidentenpalast lag im Westen der Stadt auf einer Anhöhe. Bashar konnte aus seinem Arbeitszimmer im Norden das monumentale Denkmal für den UnbekanntenSoldaten sehen. In seiner schieren Größe erinnerte es ihn an das ewige Machtstreben seines Vaters. Wie wäre er jetzt mit diesem Wahnsinn umgegangen? Bashar nahm seine Frau an die Hand und verließ den Raum. Bis zum Eingang war es ein langer Weg, denn auch der Palast selbst konnte mit seiner protzigen Architektur in jeder Hinsicht mit allen Palästen des Nahen Ostens mithalten. 26 000 Quadratmeter Marmor, Gold und Alabaster – ein Stein gewordener Diktatorentraum. Er hatte sich hier nie wohlgefühlt.
In wenigen Minuten würde der Präsident seine Amtskollegen empfangen, um mit ihnen noch einmal die Strategie für Qunaitra zu besprechen. Die Wagen der Politiker passierten im Minutentakt das Haupttor im Westen, fuhren die siebenhundert Meter lange Parademeile hinunter und stießen dann auf den Hauptplatz, der mehrere Fußballfelder hätte fassen können. Dort wartete auf den Stufen des Palastes Bashar mit seiner ausgesprochen schönen Frau, um die Führer zu empfangen.
Der Jordanier war verärgert. »Qunaitra ist wirklich ein Drecksnest. Und ausgerechnet die UNO-Truppen dort sollen uns aufnehmen? Warst nicht du es, der internationale Unterstützung ablehnte, mit der Begründung, dass wir die Lage selbst unter Kontrolle bekommen müssen? So sieht es wieder einmal so aus, als ob die westliche Welt die dummen Jungen an die Hand nehmen muss.«
Bashar hörte sich die Kritik in Ruhe an. Dennoch war er überzeugt, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatten.
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