Der Lilith Code - Thriller
Sorgen. Er sah in den Rückspiegel in das Gesicht des gefesselten Fischers. »Was war in der Asche?«
Der Alte grinste nur und sah aus dem Fenster.
»Reden Sie, sonst nehmen wir uns Ihren Sohn vor.«
Fischer schloss kurz die Augen, seine Lider zuckten. Er drehte den Kopf nach hinten und öffnete dann langsam seinen Mund. »Junger Engländer, Sie dürfen nicht so ungeduldig sein. Meiner Landsfrau wird es schon bald besser gehen. Sie stammt aus Tirol. Dort sind die Mädchen zäh, nicht helle, aber sehr zäh. Nicht wahr, Regina?« Er sah zu ihr.
Regina hatte kaum noch Kraft, aber es reichte, um ihm ins Gesicht zu spucken. Der Alte lachte nur meckernd. »Geben Sie es zu, Engländer. Sie würden gern anhalten und die willensstarke Regina auf der Kühlerhaube mal richtig rannehmen. Nach all den Jahren der Enthaltsamkeit in Ihrem kleinen Kloster in den Bergen? Oder sind Ihnen Frauen so fremd? Hatten wir auch in der Truppe. Wie sagten wir, Freunde des braunen Salons. Man schwieg darüber, aber die jungen Russen, die wir in der Ukraine aussuchten, durften intensiver behandelt werden. Kriegsnotstand sozusagen.« Er lachte wieder.
Sie hatten Fischer gegenüber nicht gesagt, wo die Reise hingehen würde, aber er schien es sich zu denken. »Glauben Sie mir eines, wir Deutsche haben ein großes Talent, Dinge im Voraus zu planen, etwaige Abweichungen mit zu bedenken. Unser Lieblingsbegriff ist Redundanz. Wir hatten diese Redundanz immer, nur nicht immer von ihr Gebrauch gemacht. Was hatten wir nicht für Vorräte an Milzbrand. Hübsche Dinger, doch der Führer wollte sie nicht einsetzen.Aber die Option sollte es geben. Redundanz, wie schön das klingt. Ein heute nicht mehr so geschätztes Wort, weil ja ihre angelsächsischen Beraterfreunde die Chimäre der Kosteneffizienz in die Welt brachten. Nur lassen knappe Berechnungen eben das Moment der Variablen außer acht. Aber am Ende ersticken sie alle, und alle in einem Loch. Wie es sich gehört, weil Ihr dummen Engländer …«
Alistair mischte sich ein. »Mister Fischer, sind Sie so nett und berücksichtigen Sie meine Herkunft. Ich bin kein Engländer, sondern Schotte.«
»Wenn Sie mich so freundlich darum bitten«, kam es gekünstelt von hinten.
Regina hatte genug von dem Gerede des Alten. »Halten Sie den Mund, oder ich schlage Sie bewusstlos.«
Fischer lächelte sie süßlich an. »Ihre Moral lässt es nicht zu, einen alten, schwachen Mann zu …«
Sie stieß nur kurz mit ihren Fingern an seine Schläfe. Es reichte aus, ihn zum Schweigen zu bringen.
»Regina, sei so lieb und bringe ihn nicht um. Er könnte sehr wertvoll sein«, mahnte Alistair.
Sie antwortete mit einem Hustenanfall.
Dera’a ist der letzte große Ort vor der jordanischen Grenze. Der Grenzhandel mit Jordanien zog allerlei Händler und Schmuggler aus allen Ecken des Nahen Ostens an. Alistair kannte hier einen Tscherkessen, der sie erst einmal sicher aufnehmen konnte. Sie fuhren langsam durch den morgendlichen Verkehr, der auch hier chaotische Formen annahm. Die Trockenheit der letzten Woche ließ Staubwolken bei jedem Anfahren aufwirbeln, die Windschutzscheiben der Autos waren schon lange mit einem dicken Dreckfilm bedeckt.
Faruk saß übermüdet seit nunmehr fünf Stunden hinter dem Steuer des schlecht gefederten Jeeps aus russischer Produktion. Er gab sich kaum mehr Mühe, sein Gesicht zu verbergen. Immer wieder glotzten Fußgänger in das Inneredes Wagens, um sich interessiert den gefesselten Günther und die teilnahmslos wirkende Almut anzusehen. Doch es war Faruk gleichgültig. Er wollte bloß an die Grenze. Er musste die Tonbänder dem Präsidenten überreichen. Dann würde er verstehen. Immer schwerer wurde sein Kopf. Er hatte seit mehr als 48 Stunden nicht mehr geschlafen. Er bremste hart, sie wurden alle nach vorn geworfen. Fast wäre er in eine Gruppe verschleierter Frauen gerast.
Im letzten Moment sah er, wie der Land Rover nach links in eine Gasse fuhr. Mit Mühe konnte er gerade noch folgen. Er sah im Rückspiegel, wie sich plötzlich ein Eisentor hinter ihm schloss. Er griff zu seiner Waffe und stieg aus. Alistair blickte zu ihm, hob beruhigend die Hand. Ein kleiner, runder Mann trat aus einem Eingang und umarmte den Schotten.
Zweifellos der Tscherkesse, dachte Faruk. Ihm war die Volksgruppe immer suspekt. Sie galten als gemäßigte Sunniten, aber waren keine Araber, sondern in Faruks Augen abtrünnige Russen.
Der kleine Mann winkte Faruk zu sich. Der Syrer hielt die Waffe unter
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